OGH: Zur insolvenzrechtlichen Qualifikation der 2012 eingeführten Immobilienertragsteuer
Keine Qualifikation der Immobilienertragsteuer als Sondermassekosten
§ 49 IO, § 46 IO, § 30a EStG
GZ 8 Ob 141/12m, 28.05.2013
OGH: Der erkennende Senat erachtet die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers für nicht stichhältig, hingegen die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts für zutreffend, sodass auf diese verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist festzuhalten:
Gem § 30a Abs 1 EStG unterliegen Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken iSd § 30 leg cit einem besonderen Steuersatz von 25 % und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen zu berücksichtigen. Anstelle des besonderen Steuersatzes kann nach § 30a Abs 2 EStG auf Antrag für sämtliche Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz nach Abs 1 unterliegen, der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption).
Diese mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 am 1. 4. 2012 in Kraft getretene Bestimmung ersetzte die in § 30 ff EStG alt geregelte „Spekulationssteuer“, die ebenfalls Einkünfte aus Liegenschaftsveräußerungen traf, jedoch (neben den weiterhin geltenden Ausnahmen nach § 30 Abs 2 EStG) generell Veräußerungen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums (Spekulationsfrist) ab der Anschaffung von der Steuerpflicht ausnahm. Ein besonderer Steuersatz war nicht vorgesehen.
Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung 8 Ob 87/10t klargestellt, dass die in § 30 EStG (alt) geregelte Steuer auf den Spekulationsgewinn nicht zu den Sondermassekosten zählte. Personen-Subjektsteuern, wie die Einkommensteuer oder die Körperschaftssteuer, sind grundsätzlich der allgemeinen Masse zuzurechnen, weil sie auch nach den allgemeinen Einkommensverhältnissen des jeweiligen Steuerpflichtigen zu bezahlen sind und dabei zahlreiche auf die gesamte Masse bezughabenden Momente Bedeutung haben.
Der OGH hat zudem in stRsp betont, dass die Stellung der Absonderungsgläubiger nicht verschlechtert werden darf und im Zweifel jedenfalls von einer Zugehörigkeit der Kosten zur allgemeinen Masse auszugehen ist. Der Wert des verpfändeten Absonderungsgutes darf für den Pfandgläubiger nicht durch Einflüsse aus dem sonstigen Vermögen und wie sich das Absonderungsgut dort darstellt, in unabsehbarer Weise verzerrt werden.
Die im Revisionsrekurs zitierten älteren Literaturmeinungen sind, soweit daraus Gegenteiliges abzuleiten wäre, durch die Entscheidung 8 Ob 87/10t als überholt anzusehen.
Ebensowenig lässt sich die vom Revisionsrekurs angestrebte Rechtsfolge mit der Entscheidung 8 Ob 66/08a zur (abgesondert erhobenen) Kapitalertragsteuer begründen. Der erkennende Senat hatte darin nicht die Besteuerung eines Erlöses aus der Veräußerung einer Liegenschaft, sondern aus deren - im Regelfall aber allein dem Absonderungsgläubiger zum Vorteil gereichenden (8 Ob 113/06k) - Nutzungen zu beurteilen. Ein allein auf den Einhebungsmodus der Immobilienertragsteuer als Abzugssteuer fokussierter, aber ihren Entstehungsgrund ausblendender Blickwinkel wird daher dem Problem der ausgewogenen Verteilung der mit der Verwertung des Schuldnervermögens verbundenen Belastungen zwischen allgemeinen Insolvenz- und Absonderungsgläubigern nicht gerecht.
Bereits das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der grundsätzliche Charakter einer Personen-Subjektsteuer bei der Immobilienertragsteuer durch die geänderte Einhebungsart und den besonderen Steuersatz noch nicht verlorengegangen ist, weil die Regelbesteuerungsoption nach wie vor offensteht. Der Umstand, dass gegenüber der vormaligen Spekulationssteuer nunmehr keine allgemeine Steuerbefreiung durch Zeitablauf mehr besteht, bildet keinen substantiellen Unterschied zur früheren Rechtslage, der eine andere Qualifikation der Steuerforderung im Insolvenzverfahren rechtfertigen könnte.
Die von der Gläubigerin in ihrer Rechtsmittelbeantwortung befürwortete Beurteilung der Immobilienertragsteuer als Konkurs-(Insolvenz-)Forderung muss daran scheitern, dass der die Steuerpflicht auslösende Sachverhalt (§ 46 Z 2 IO) in der Realisierung eines gestiegenen Liegenschaftswerts durch die Veräußerung besteht, mag auch der Wertzuwachs als solcher großteils bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten sein.