OGH: Zur Frage, ob von drei in diesem Sinne fähigen Testamentszeugen auch dann auszugehen ist, wenn ein Erblasser vier Personen als Erben einsetzt, sodass jeder eingesetzte Erbe jeweils über die Erbeinsetzung der anderen drei Bedachten Zeugnis ablegen kann
Mangels Unabhängigkeit der Anteile voneinander und selbstständiger Bestandskraft der einzelnen Erbeinsetzung ohne Auswirkung auf die übrigen Erben kann im Hinblick auf die vorliegende unbestimmte Erbeinsetzung nicht davon ausgegangen werden, dass hier drei „von den gedachten Personen“ verschiedene Zeugen iSd § 594 letzter Satz ABGB vorhanden sind
§§ 584 ff ABGB aF, § 597 ABGB nF, § 594 ABGB nF, §§ 554 ff ABGB nF, § 560 ABGB nF, § 562 ABGB nF
GZ 2 Ob 251/12v, 25.4.2013
Vier Personen gaben je zu einem Viertel des Nachlasses nach der Erblasserin bedingte Erbantrittserklärungen auf Basis eines mündlichen Testaments vom 1. 11. 1999 ab. Danach hatte die Erblasserin an diesem Tag in Anwesenheit dieser vier Personen erklärt: „Ihr seid die einzigen, die sich um mich kümmern und die mich bei allem unterstützen. Aus diesem Grund will ich euch jetzt sagen, dass ihr meine Erben sein sollt und alles was ich habe, gleichteilig untereinander aufteilen sollt. Niemand sonst soll etwas bekommen, weil ihr die einzigen seid, die mir helfen.“ Außer den vier Bedachten war niemand anwesend.
OGH: Auf vor dem 1. 1. 2005 errichtete letztwillige Verfügungen sind die §§ 584 bis 586 ABGB aF, die noch ein mündliches Testament als reguläre Testamentsform zuließen, anzuwenden. Bei der Einsetzung von Erben ist grundsätzlich zwischen der unbestimmten, die nach § 554 Satz 1 ABGB die gesetzliche Erbfolge ausschließt, und der bestimmten Erbeinsetzung, bei der der Testamentserbe neben den gesetzlichen Erben zum Zuge kommt, zu unterscheiden.
Bei der hier vorliegenden unbestimmten Erbeinsetzung könnte jeder Einzelne gültig jeweils nur Zeugnis über die Einsetzung von drei Erben abgeben und somit weder über den wahren Inhalt des Testaments, nämlich die Einsetzung von vier Erben, noch über die richtige Quote der eingesetzten Erben. Auch würden entgegen den zu 6 Ob 177/74 aufgestellten Erfordernissen die Aussagen der Zeugen über den Inhalt der mündlichen Erbeinsetzung nie übereinstimmen, weil jeder Zeuge die Erbseinsetzungen unterschiedlicher Personen bestätigen würde.
Dieser Befund wird auch durch die Regelung des Gesetzes über den erbrechtlichen Zuwachs gestärkt.
Die Zuwendung der Erblasserin begünstigt damit im vorliegenden Fall nicht nur jeweils ausschließlich einen bestimmten Zeugen, sondern aufgrund der unbestimmten Einsetzung jeweils alle Zeugen untrennbar gemeinsam.
Im Hinblick auf die vorliegende unbestimmte Erbeinsetzung liegen somit im gegenständlichen Fall keine fähigen Testamentszeugen vor.