OGH: „Mitteilungen“ an Kunden (über die Umstellung auf elektronische Rechnungen) – AGB bzw Vertragsformblätter“ iSv § 28 KSchG?
Die für eine Vielzahl von Fällen geltende Änderung wurde nicht ausgehandelt, sondern einseitig von der Beklagten auferlegt; daher handelt es sich dabei um eine Form von AGB, die neben die ursprünglich vereinbarten traten und sie in einem Punkt abändern sollten
§ 28 KSchG, § 864a ABGB, § 879 ABGB
GZ 4 Ob 117/14f, 17.07.2014
OGH: Die beanstandeten „Mitteilungen“ über die Umstellung auf elektronische Rechnungen sind „allgemeine Geschäftsbedingungen“ bzw „Vertragsformblätter“ iSv § 28 KSchG.
(a) Nach der Rsp sind unter Allgemeinen Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen zu verstehen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrags stellt; gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in der Vertragsurkunde selbst aufgenommen sind, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Ein Vertragsformblatt - das Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichzuhalten ist - liegt auch dann vor, wenn es sich nur auf Teile des Vertrags oder auf bestimmte Vertragspunkte bezieht.
(b) Im konkreten Fall sahen die AGB der Beklagten vor, dass ihre Kunden sowohl bei Abschluss des Vertrags als auch danach zwischen einer Papier- und einer elektronischen Rechnung wählen könnten. Daraus ergab sich zunächst eine Gleichrangigkeit von Papier- und elektronischer Rechnung; weiters war daraus selbstverständlich abzuleiten, dass die Beklagte an eine vom Kunden getroffene Wahl gebunden war. Die hier beanstandete Mitteilung an 172.000 Kunden, die bisher Papierrechnungen erhalten hatten, änderte diese Bedingungen ab. Denn nun sollte vorrangig elektronisch abgerechnet werden, und ein Kunde, der bisher Papierrechnungen erhielt, musste (erstmals oder neuerlich) aktiv tätig werden, um weiterhin Papierrechnungen zu erhalten. Diese für eine Vielzahl von Fällen geltende Änderung wurde nicht ausgehandelt, sondern einseitig von der Beklagten auferlegt. Daher handelt es sich dabei um eine Form von AGB, die neben die ursprünglich vereinbarten traten und sie in einem Punkt abändern sollten.