OGH: Zur Verjährung der Ansprüche auf Anlegerentschädigung
Der Anspruch auf Anlegerentschädigung ist ein sondergesetzlicher Fall der Ausfallbürgschaft; die Verjährungsfrist gegenüber der Anlegerentschädigungseinrichtung ist daher 30 Jahre
§ 23b WAG 1996, § 75 WAG, § 1489 ABGB
GZ 10 Ob 33/14x, 15.07.2014
OGH: Nach § 23b Abs 1 WAG 1996 (nunmehr § 75 WAG) haben Wertpapierdienstleister, die die Verwaltung von Kundenportefeuilles mit Verfügungsvollmacht im Auftrag des Kunden durchführen, einer Entschädigungseinrichtung anzugehören. Die Entschädigungseinrichtung hat zu gewährleisten, dass insbesondere im Fall der Eröffnung des Konkurses über ein Mitgliedsinstitut Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gem § 93 Abs 2a BWG bis zu einem Höchstbetrag von € 20.000 oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden.
Wesentlicher Zweck des Systems der Anlegerentschädigung ist der Schutz der Anleger vor „Betrügereien“ und die Sicherung ihrer Ansprüche im Insolvenzfall. Das Anlegerentschädigungssystem bezweckt typischerweise die Sicherung des Insolvenzrisikos eines Finanzdienstleisters.
Dem Anleger wird von der Entschädigungseinrichtung nicht Schadenersatz für ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten geleistet, sondern es wird dem Anleger eine - betraglich begrenzte - Sicherheit für den Fall gewährt, dass er von seinem in Konkurs befindlichen Vertragspartner keine Leistung erhält. Diese Deckungspflicht der Entschädigungseinrichtung ist als sondergesetzlicher Fall der Ausfallbürgschaft anzusehen. Die Haftung besteht im Wesentlichen nur im Fall der Zahlungsunfähigkeit des betreffenden Wertpapierdienstleisters. Es sind daher auch die für die Bürgschaft geltenden Verjährungsregeln heranzuziehen. Für Bürgschaftsschulden gilt die allgemeine Verjährungszeit von 30 Jahren, wobei aber die Bürgschaft mit der Verjährung der Hauptschuld erlischt, wenn sie zur Sicherung einer der kurzen Verjährung unterliegenden Forderung eingegangen worden ist. Der Anspruch, der dem Anleger zusteht, ist auf Erstattung (Naturalrestitution, Rückgabe, Rückzahlung) seines Geldes bzw seiner Wertpapiere gerichtet und unmittelbar im Gesetz begründet. Mangels anders lautender Regelung beträgt daher die Verjährungszeit für den Anspruch des Anlegers gegenüber der Anlegerentschädigungseinrichtung 30 Jahre.