OGH: GesbR neu – Anwendung des § 838a ABGB auf Streitigkeiten der Gesellschafter einer GesbR?
Die Auseinandersetzung über einen auf Vertrag gegründeten Anspruch eines Gesellschafters gegenüber einem anderen Gesellschafter einer GesbR neu gehört nicht zu den Streitigkeiten, die ein Gesetz ausdrücklich oder schlüssig in das außerstreitige Verfahren verweist; eine analoge Anwendung des § 838a ABGB ist mangels Vorliegens einer Gesetzeslücke ausgeschlossen
§§ 1175 ff ABGB, § 838a ABGB, § 1 AußStrG, § 826 ABGB
GZ 9 Ob 81/16a, 19.12.2016
OGH: Nach § 1 Abs 2 AußStrG ist das Außerstreitverfahren in denjenigen bürgerlichen Rechtssachen anzuwenden, für die dies im Gesetz angeordnet ist. Die Rechtsdurchsetzung im außerstreitigen Verfahren findet daher nur statt, wenn eine Sache durch das Gesetz ausdrücklich oder zumindest schlüssig in diese Verfahrensart verwiesen ist. Im Zweifel gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg.
Bei der Beurteilung, ob eine Rechtssache im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren zu erledigen ist, ist nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien, sondern ausschließlich auf den Inhalt des Begehrens und das Vorbringen der Partei abzustellen (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen der das Verfahren einleitenden Partei.
Die Klägerin behauptet, mit dem Beklagten eine GesbR gegründet zu haben. Aus diesem Gesellschaftsverhältnis macht sie gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch, gestützt auf eine vertragliche Vereinbarung mit diesem, geltend. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, wonach dieser Anspruch vom Gesetz weder ausdrücklich noch schlüssig in das Außerstreitverfahren verwiesen ist, wird vom Revisionsrekurswerber auch nicht weiter in Frage gestellt. Vielmehr stützt er die Anwendung des außerstreitigen Verfahrens auf den Klagsanspruch auf eine analoge Anwendung des § 838a ABGB. Diese ist aus folgenden Gründen aber nicht geboten:
Zwischen den Parteien herrscht Einigkeit darüber, dass auf den gegenständlichen Sachverhalt die neue, am 1. 1. 2015 in Kraft getretene Rechtslage nach dem GesbR-Reformgesetz (GesbR-RG), BGBl I 2014/83, anzuwenden ist (§ 1503 Abs 5 Z 1 ABGB). Mit dieser Reform traten § 826 und die §§ 1175 bis 1216e ABGB in Kraft. Der bisherige § 1188 ABGB aF, der ua die (interne) Geschäftsführung der GesbR (alt) normierte und mit 31. 12. 2014 außer Kraft trat, verwies (auch) auf § 838a ABGB. Nach dieser mit dem FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58, neu geschaffenen Bestimmung des § 838a ABGB sind Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten ganz allgemein im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden, auch wenn der Auseinandersetzung eine Vereinbarung der Miteigentümer zugrunde liegt. Seit dem 1. 1. 2015 ordnet § 1188 ABGB nF an, dass die Erfüllung gesellschaftsbezogener Verpflichtungen eines Gesellschafters von jedem Gesellschafter zugunsten aller Gesellschafter gemeinsam eingefordert werden kann. Davon abweichende Vereinbarungen sind unwirksam. Mit § 1188 ABGB nF sollte das im Personengesellschaftsrecht anerkannte Rechtsinstitut der actio pro socio ausdrücklich für die GesbR kodifiziert werden. Einen derartigen Anspruch der Gesellschaft macht die Klägerin hier aber nicht geltend, weshalb sich weitere Überlegungen dazu erübrigen. Weder der nunmehr geltende § 1188 ABGB nF noch eine andere gesetzliche Bestimmung enthält einen Verweis auf § 838a ABGB.
Anhaltspunkte dafür, dass – so der Revisionsrekurs – die Nichtzuweisung der Aufteilungsansprüche von Gesellschaftern einer GesbR in das außerstreitige Verfahren ganz offensichtlich auf einer planwidrigen Lücke des Gesetzgebers beruhe, der es unterlassen habe, eine adäquate Ersatzregelung für die Bestimmung des § 1188 ABGB aF zu schaffen, bieten weder das GesbR-RG noch die dazu vorliegenden Materialien. Eine solche Lücke wäre nur dann nachgewiesen, wenn das Gesetz gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie unvollständig und daher ergänzungsbedürftig wäre und die Ergänzung aber auch nicht vom Gesetz gewollten Beschränkungen widerspricht. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Schließlich hat der Gesetzgeber mit dem GesbR-RG auch die Bestimmung des § 1190 ABGB aF, die hinsichtlich der vertraglichen Bestellung von geschäftsführenden Gesellschaftern einer GesbR auf die Normen des Miteigentumsrechts (§§ 833 bis 842 ABGB) verwies, aufgehoben.