20.03.2017 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob die auf einen Kurzschluss zurückzuführende Selbstentzündung eines abgestellten Kraftfahrzeugs als Unfall bei dessen Betrieb zu werten ist und daher nach § 1 EKHG die Haftung des Halters für dadurch verursachte Schäden begründet

Mangels Gefahrenzusammenhangs haftet der Halter nach § 1 EKHG nicht für Schäden, die sich aus einer nicht durch den Fahrbetrieb verursachten Selbstentzündung eines Kraftfahrzeugs ergeben


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Gefährdungshaftung, EKHG, Selbstentzündung eines abgestellten Kfz
Gesetze:

 

§ 1 EKHG

 

GZ 2 Ob 188/16k, 23.02.2017

 

OGH: Die Haftung könnte bei einer – wie hier – nicht mit dem Fahrbetrieb in Zusammenhang stehenden Selbstentzündung nur mit der Begründung bejaht werden, dass dafür die schon (adäquate) Verursachung des Schadens durch das Versagen einer Betriebseinrichtung ausreiche. Insofern fehlt jedoch jeder Gefahrenzusammenhang: Es verwirklicht sich nicht die spezifische Gefahr eines sich mit Motorkraft bewegenden oder in anderer Weise am Verkehr teilnehmenden Fahrzeugs, sondern die jeder energiebetriebenen Anlage innewohnende Gefahr, dass sich die Energie in einer nicht geplanten Weise in Wärme umsetzt. Das Versagen einer Betriebseinrichtung bei einem abgestellten Fahrzeug muss in diesem Zusammengang gleich beurteilt werden wie das Versagen anderer technischer Anlagen, etwa einer stationären Arbeitsmaschine oder einer Elektroeinrichtung. Zwar könnte eine Gleichbehandlung auch dadurch erreicht werden, dass eine nach dem EKHG bejahte Haftung analog auch auf solche Anlagen angewandt würde. Damit würde aber eine generelle Haftung für versagende Betriebseinrichtungen eingeführt, die nicht mehr an der spezifischen motor- oder verkehrstechnischen Gefährlichkeit eines Kraftfahrzeugs anknüpfte. Dies wäre von den dem EKHG zugrunde liegenden Wertungen nicht mehr gedeckt.

 

Dazu kommt ein weiteres Argument: Während bei einem mit dem Fahrbetrieb zusammenhängenden Brand idR Versicherungsdeckung bestehen wird, ist das bei der Selbstentzündung eines abgestellten Fahrzeugs nicht zwingend der Fall. Der hier strittige Kurzschluss hätte sich in gleicher Weise zu einem Zeitpunkt ereignen können, in dem das Fahrzeug abgemeldet (§ 43 KFG) in einer Garage stand. Der sonst typische Zusammenhang zwischen Gefährdungshaftung und Versicherungsdeckung könnte hier daher durchaus fehlen.

 

Auch die weiteren Erwägungen der Klägerin können nicht überzeugen: Die Selbstentzündung steht nicht iZm der Teilnahme des Fahrzeugs am Verkehr, sodass der in der Revision angesprochene „verkehrstechnische Ansatz“ von vornherein nicht greift. Wegen des Versagens der technischen Einrichtungen könnte zwar der maschinentechnische Ansatz relevant sein; dieser setzt aber eine Gefahr voraus, die mit der motorbedingten Bewegung zusammenhängt. Dieser Zusammenhang ist hier nicht erwiesen. Die ebenfalls in der Revision genannte Entscheidung 7 Ob 46/05y betraf die „Verwendung“ des Kraftfahrzeugs iSv § 2 KHVG. Dieser Begriff ist weiter als jener des Betriebs iSv § 1 EKHG. Dass ein Versagen der Verrichtungen iSv § 9 Abs 1 EKHG (selbstverständlich) auch dann anzunehmen ist, wenn es nicht durch den Unfall verursacht wurde, hilft der Klägerin ebenfalls nicht weiter. Denn § 9 EKHG regelt den Entlastungsbeweis des Halters; die Anwendung dieser Bestimmung setzt daher voraus, dass überhaupt ein an sich haftungsbegründender Unfall beim Betrieb des Kraftfahrzeugs vorliegt.