OGH: Mietzinsminderung – Mitverantwortlichkeit des Mieters an Schimmelbildung?
Wird ein Objekt zu Wohnzwecken vermietet, hat der Vermieter dafür einzustehen, dass es in ortsüblicher Weise auch dafür genutzt werden darf und nutzbar ist; kann Schimmelbildung vom Mieter nicht mit einem normalen Lüftungsverhalten verhindert werden, ist dies daher dem Vermieter, nicht dem Mieter zuzurechnen
§ 1096 ABGB
GZ 8 Ob 34/17h, 28.09.2017
OGH: Nach § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB wird der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts von der Entrichtung des Zinses befreit, wenn das Bestandobjekt bei der Übergabe derart mangelhaft ist oder es während der Bestandzeit ohne Schuld des Übernehmers derart mangelhaft wird, dass es zu dem bedungenen Gebrauch nicht taugt. Im Zweifel ist von einer geschuldeten „mittleren Brauchbarkeit“ auszugehen. Die Zinsminderung tritt kraft Gesetzes und ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Bestandgebers ein. Der Anspruch besteht ab Beginn der Unbrauchbarkeit bzw Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung. Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach Grad und Dauer der Beeinträchtigung, wobei der Vertragszweck im Vordergrund steht. Es ist eine Verwendbarkeit zu fordern, wie sie gewöhnlich nach dem Vertragszweck erforderlich ist und nach der Verkehrssitte erfolgt.
Keine Mietzinsminderung steht zu, wenn die Gebrauchsbeeinträchtigung vom Bestandnehmer zu vertreten ist, soweit er den Mangel selbst verursacht hat. Sein etwaiges Allein- oder Mitverschulden an der Gebrauchsminderung ist entsprechend zu berücksichtigen. Bei Ausmessung der Mietzinsminderung sind die jeweiligen Anteile an der Mängelentstehung zu berücksichtigen.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Mieter mit dem Auftreten von Schimmelbildung in zum Wohnen gewidmeten Räumlichkeiten weder bei Beginn des Mietverhältnisses noch im Laufe der Zeit zu rechnen braucht. Schimmelbildung kann, wenngleich je nach Art und Ausmaß, so doch, wenn sie nicht bloß oberflächlich ist, sogar gesundheitliche Nachteile nach sich ziehen. Daher ist grundsätzlich auch davon auszugehen, dass Schimmel der (mittleren) Brauchbarkeit entgegensteht.
Dass die Beschaffenheit des Objekts ursächlich für die Schimmelbildung war, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Zu prüfen ist nur mehr eine allfällige Mitverantwortlichkeit der Beklagten.
Dass die Feuchtigkeitsbildung auf „interne feuchte Quellen“ (darunter ist nach dem Gutachten Atmung, Waschen, Kochen, Aufstellen von Pflanzen zu verstehen) zurückzuführen ist, ist bei normalem Wohnverhalten unvermeidbar und sagt nichts über ein Fehlverhalten der Mieter aus, sondern nur, dass nicht Baumängel, wie beispielsweise eine Durchfeuchtung des Mauerwerks, zur Feuchtigkeitsbildung beigetragen hat. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, worin die Ursache dafür liegt, dass aus diesem normalen Feuchtigkeitseintrag Schimmel entsteht.
Wird ein Objekt zu Wohnzwecken vermietet, hat der Vermieter dafür einzustehen, dass es in ortsüblicher Weise auch dafür genutzt werden darf und nutzbar ist. Bei der wie ausgeführt üblicherweise anzunehmenden, durchschnittlichen Brauchbarkeit eines als Wohnung vermieteten Bestandobjekts wird der Mieter daher auch erwarten können, dass mit einem durchschnittlichen Lüften das Auslangen gefunden werden kann. Ist ein darüber hinausgehendes Lüftungsverhalten erforderlich, um Schimmelbildung zu verhindern, wird idR davon auszugehen sein, dass dies an der Beschaffenheit des Bestandobjekts, nicht am normalen Wohnverhalten des Bestandnehmers liegt.
Kann Schimmelbildung nicht mit einem normalen Lüftungsverhalten verhindert werden, ist dies daher dem Vermieter, nicht dem Mieter zuzurechnen.
Soweit die Vorinstanzen den Beklagten ein fehlerhaftes Lüftungsverhalten vorwerfen, lässt sich den Entscheidungen nicht entnehmen, von welchem Lüftungsverhalten der Beklagten sie konkret ausgehen. Dazu fehlen konkrete Feststellungen. Aus den Vorentscheidungen lässt sich aber auch nicht ableiten, von welchem richtigen Lüftungsverhalten ausgegangen wird. Wenn das Erstgericht dazu festhält, dass (technisch gesehen) zur Abfuhr von Feuchteinträgen aufgrund der konkreten Verhältnisse ein siebenmal tägliches Querlüften erforderlich ist, bedeutet das nicht, dass ein derartiges Lüftungsverhalten ohne eine konkrete Vereinbarung, die im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden konnte, von einem Wohnungsmieter auch gefordert werden kann. Tatsächlich wird ein solches Lüften idR nicht zumutbar sein, insbesondere nicht während der Wintermonate. Anschaulich zeigt sich dies etwa bei den Feststellungen hinsichtlich des Schlafzimmers und der Erforderlichkeit einer aktiven Lüftung während der Schlafphase, die realistischerweise nicht umsetzbar ist. Auch ist es einem Mieter nicht zumutbar, im Winter – wie nach den Feststellungen erforderlich – während des gesamten Kochvorgangs aktiv zu lüften.
Es sind daher zu einer abschließenden Beurteilung zusätzliche Feststellungen erforderlich, ob die Beklagten das ihnen zumutbare Lüftungsverhalten (diesbezüglich liegt nur eine Feststellung zu einem Durchschnittswert während der Datenloggerauswertung vor) vernachlässigt haben und ob dadurch relevant zur Erhöhung der Luftfeuchtigkeit und der Schimmelbildung beigetragen wurde.
Zu einer gewöhnlichen Nutzung eines Bestandobjekts gehört auch das Aufhängen von Wäsche zum Trocknen. Im konkreten Fall wurde allerdings zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart, dass dies vom Bestandnehmer zu unterlassen ist. Weiters wurde im Haus ein Trockner zur Verfügung gestellt, der mit Münzeinwurf bedient werden kann. Insoweit kann den Beklagten das – vertragswidrige – Aufhängen von Wäsche in der Wohnung allenfalls als mitursächlich für die Schimmelbildung vorgeworfen werden. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen die Beklagten zunächst einen eigenen Trockner, nachdem dieser defekt geworden ist, einen Trockner im Keller des Objekts verwendeten. In diesem Zusammenhang ist daher unklar, ab welchem Zeitraum die Beklagten tatsächlich Wäsche aufhängten und inwieweit dies mit dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Mietzinsminderung korreliert. Auch diesbezüglich sind weitere Feststellungen erforderlich.
Unabhängig von einem noch zu klärenden, für die Nutzungsbeeinträchtigung mitursächlichem Verhalten der Beklagten lässt sich die von der Revision bestrittene Angemessenheit der vorgenommenen Mietzinsreduktion aber auch schon deshalb nicht überprüfen, weil das Erstgericht zwar umfangreiche Feststellungen zu der zwischen den Parteien geführten Korrespondenz und zu einzelnen Behebungsmaßnahmen getroffen hat, jedoch Feststellungen dazu fehlen, in welchen Räumen und in welcher Intensität es tatsächlich zu Schimmelbildung und damit einer Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit gekommen ist. Weiters ist es erforderlich, eine zeitliche Relation zu den Mietzinsperioden, in denen nicht der gesamte Mietzins bezahlt wurde, herzustellen, um beurteilen zu können, ob die Beeinträchtigung während des gesamten Zeitraums gleich war, sich über einen längeren Zeitraum erst entwickelt hat oder aber etwa abhängig von den Jahreszeiten differierte.
Aufgrund des Fehlens wesentlicher Feststellungen kann daher derzeit nicht beurteilt werden, in welchem Umfang den Beklagten ein Mietzinsminderungsanspruch zukommt, insbesondere ob dieser über den von den Vorinstanzen angenommenen 15 % anzusetzen ist. Daher waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.