OGH: Pensionskassenvorsorge gem § 22a GehG – Anspruch zivilrechtlicher Natur?
§ 22a GehG regelt die Grundlage des Anspruchs auf Erteilung einer betrieblichen Pensionskassenzusage, der daher unzweifelhaft seine Wurzel in der öffentlich-rechtlichen Stellung der von dieser Bestimmung erfassten Beamten hat
§ 50 ASGG, § 1 JN, § 22a GehG
GZ 9 ObA 66/11p, 28.06.2011
OGH: Die Rechtsansicht des Rekurswerbers, dass die sich aus § 22a Abs 1 GehG ergebende Verpflichtung der Beklagten einen Anspruch zivilrechtlicher Natur begründe, ist unzutreffend. Nach stRsp waren Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen, soweit es sich um Besoldungen und Gebühren handelte, aufgrund des Hofdekrets vom 16. 8. 1841, JGS Nr 555, im administrativen Weg auszutragen. Daran hat sich auch durch die Aufhebung des genannten Hofdekrets mit dem Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetz BGBl I 191/1999 im Hinblick auf § 1 Abs 1 DVG nichts geändert. Die Unzulässigkeit des Rechtswegs bezieht sich daher auf Ansprüche, welche auf der öffentlich-rechtlichen Stellung des Beamten zu der Gebietskörperschaft beruhen. Nur dann, wenn von oder gegen Beamte Ansprüche zivilrechtlicher Natur geltend gemacht werden, sind für solche Rechtsstreitigkeiten die Arbeits- und Sozialgerichte zuständig.
Ziel der nach dem Vorbild des § 78a VBG mit Art 2 Z 6a der Dienstrechts-Novelle 2005, BGBl I 80/2005, eingeführten Bestimmung des § 22a GehG war die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einbeziehung auch von Beamtinnen und Beamten in eine entsprechende Pensionsvorsorge durch Abschluss eines Kollektivvertrags. Das GehG regelt demnach die Grundlage des Anspruchs auf Erteilung einer betrieblichen Pensionskassenzusage, der daher unzweifelhaft seine Wurzel in der öffentlich-rechtlichen Stellung der von dieser Bestimmung erfassten Beamten hat. Dabei handelt es sich aber nicht um eine direkt auf § 2 Z 1 BPG beruhende Leistungszusage, sondern nach dem klaren Wortlaut des § 22a Abs 1 Satz 1 GehG um eine in dieser - das öffentlich -rechtliche Dienstverhältnis von (bestimmten) Beamten betreffenden - Bestimmung geregelte Verpflichtung des Bundes, diesen Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage iSd § 2 Abs 1 BPG zu erteilen, die daher keinesfalls zivilrechtlicher Natur ist.
Nach stRsp ist bei der Zulässigkeit des Rechtswegs ausgehend von den Klagebehauptungen nicht allein der Wortlaut des Klagebegehrens, sondern die Natur bzw das Wesen des geltend gemachten Anspruchs maßgebend. Daher ist nicht entscheidend, wie der Kläger seinen Anspruch formt, sondern ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird. Dabei ist zu beachten, dass die aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten bzw die Arbeitsbedingungen - mangels eines ausdrücklich eingeräumten gesetzlichen Gestaltungsrechts - weder vom Dienstgeber noch vom Dienstnehmer rechtswirksam gestaltet werden können.
Dem Umstand, dass der Kläger sein Klagebegehren hier auch ausdrücklich auf den Kollektivvertrag gestützt hat, kommt nach dem (auszugsweise wiedergegebenen) Inhalt der maßgeblichen Bestimmungen daher keine Bedeutung zu. Es trifft zwar zu, dass es den an einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis beteiligten Rechtssubjekten schon aufgrund ihrer Privatautonomie nicht verwehrt ist, über Gegenstände und Leistungen außerhalb der gesetzlich abgesteckten dienstrechtlichen Beziehungen privatrechtliche Verträge abzuschließen. Ansprüche, die auf eine solche, neben dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber getroffene privatrechtliche Vereinbarung gestützt werden, sind auch vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.
Ein solcher - außerhalb der gesetzlich abgesteckten dienstrechtlichen Beziehungen vereinbarter - Anspruch wird hier aber nicht geltend gemacht. § 22a Abs 1 GehG verpflichtet die Beklagte zur Erteilung einer betrieblichen Pensionskassenzusage. Der Abschluss eines Kollektivvertrags dient lediglich der Umsetzung dieser gesetzlichen Verpflichtung. Mag dieser Kollektivvertrag auch nicht vom Staat als Träger von Hoheitsrechten abgeschlossen worden sein, so begründet er dennoch keine eigene, neben dem Gesetz bestehende Verpflichtung zivilrechtlicher Natur. Dies ergibt sich einerseits aus § 22a Abs 1 Satz 1 GehG, worin der vom Kläger geltend gemachte Anspruch geregelt ist. Dass der Abschluss eines Kollektivvertrags lediglich der Umsetzung dieser gesetzlichen Verpflichtung dient, ergibt sich andererseits auch aus § 22a Abs 1 Satz 2 GehG, wonach der Bund einen Kollektivvertrag zu diesem Zweck abschließen kann. Selbst wenn man mit dem Rekurswerber von einer dahingehenden Verpflichtung des Bundes ausgehen würde, änderte dies nichts daran, dass der von ihm begehrte Anspruch sich nicht aus dem Kollektivvertrag, sondern aus § 22a Abs 1 GehG ergibt.
Das Berufungsgericht hat zutreffend auf die Präambel des Kollektivvertrags hingewiesen, wonach dieser in Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben abgeschlossen wurde. Aus § 3a des Kollektivvertrags ergibt sich (lediglich) die Verpflichtung der Beklagten, einen Pensionskassenvertrag zu Gunsten der vom Geltungsbereich des Kollektivvertrags erfassten Beamten abzuschließen. Aus dieser Bestimmung ist für den Kläger, der nicht den Abschluss eines Pensionskassenvertrags, sondern die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Pensionskassenzusage begehrt, nichts zu gewinnen. Der vom Kläger begehrte Anspruch ergibt sich weder aus dieser noch aus anderen Bestimmungen des Kollektivvertrags, sondern wie bereits ausgeführt, ausschließlich aus dem Gesetz, das den Parteien des öffentlich-rechtlichen Dienstvertrags in diesem Umfang (Erteilung einer Pensionskassenzusage) auch keinen Gestaltungsspielraum einräumt.
Es besteht daher entgegen der Ansicht des Rekurswerbers neben der gesetzlichen Verpflichtung auch nicht eine - durch den Kollektivvertrag begründete - privatrechtliche Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Pensionskassenzusage.