06.06.2003 Gesetzgebung

Regierungsvorlage zum Kundmachungsgesetz (Teil 1)


Mit dieser RV sollen nach den Erläuterungen falsche Zitierungen und Redaktionsirrtümer verhindert und es soll die Kundmachung der BGBl im Internet eingeführt werden (diese wird den Bundeshaushalt voraussichtlich um etwa 400 000 Euro im Jahr entlasten).

Außerdem sind mittlerweile einige Bundesverfassungsgesetze, Bundesgesetze und in Bundesgesetzen enthaltene Verfassungsbestimmungen gegenstandslos geworden - auch hier soll eine Lösung gefunden werden, indem man die Kundmachung der Rechtsvorschriften des Bundes im Internet einführt. Schließlich sollen Zitate richtiggestellt und Redaktionsversehen und sonstige legistische Unstimmigkeiten bereinigt werden.

Über die Neuerlassung des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt, die auch die verbindliche Kundmachung im Internet enthält, werden wir Ihnen nächste Woche in einem zweiten Teil dieser Besprechung ausführlich berichten. An dieser Stelle sei nur kurz erwähnt, dass der Wegfall der automatischen Zustellung der BGBl allenfalls problematisch werden könnte - die Kundmachung neuer Rechtsvorschriften wird künftig im Internet zu überprüfen sein. Es wird aber die Möglichkeit in Betracht gezogen, behördenintern durch Versendung eines "Newsletter" zeitsparende Formen der Mitarbeiterinformation einzurichten.

Die Regierungsvorlage ist voll mit teils bloß terminologischen Richtigstellungen und Vereinheitlichungen, die legistisch mehr oder weniger erhellend sind, die wir jedoch aufgrund ihrer tatsächlich nicht vorhandenen rechtlichen Auswirkung weitgehend unerwähnt lassen wollen. Nur als Beispiel möge hier genannt werden, dass im B-VG der Begriff "Ersatzmann" durch den geschlechtsneutralen Begriff "Ersatzmitglied" ersetzt werden soll.

Gleichfalls soll hier nicht auf die Aufhebung gegenstandsloser Bestimmungen eingegangen werden (so wurde z.B.: das - im Verfassungsrang stehende - Konsulargerichtsgesetz gegenstandslos)

a.: Änderungen des B-VG

Das B-VG spricht abwechselnd von der "verbindenden Kraft" (Art. 49 Abs. 1 und 2 B-VG), der "verbindlichen Wirkung" (Art. 49a Abs. 1 B-VG) oder der "Wirksamkeit" (Art. 18 Abs. 4, Art. 140 Abs. 6 und Art. 140a Abs. 2 B-VG) von Rechtsvorschriften. Eine terminologische Vereinheitlichung erscheint zweckmäßig.

Die Erwähnung der Bezirke in diesen Bestimmungen ist überholt, weil es in Österreich keine Bezirke gibt, die Rechtsträger wären. Dementsprechend werden auch Änderungen des VfGG vorgeschlagen.

Art 46 Abs. 2 B-VG soll neu gefasst werden: der Begriff "Bundesbürger" ist durch den Begriff "Staatsbürger" zu ersetzen. Damit bietet sich auch gleich die Gelegenheit, ein aus Anlass der B-VG-Novelle 1994 unterlaufenes Redaktionsversehen zu beseitigen, wodurch nämlich die Stimmberechtigung bei Volksbegehren im neu gefassten Art. 41 Abs 2 B-VG geregelt und Art 46 Abs 2 B-VG insoweit (materiell) derogiert wurde. Die vorgeschlagene Fassung, die sich in ihrer Formulierung an § 5 Abs. 1 des Volksabstimmungsgesetzes 1972 orientiert, stellt dies klar.

Zu Z 14 (Art. 49a Abs. 1), Z 15 (Art. 49a Abs. 2 Einleitung), Z 16 (Art. 49a Abs. 2 Z 6) und Z 17 (Art. 49a Abs. 3):

Welche Bundesminister nach Art 49a Abs 1 B-VG neben dem Bundeskanzler für die Wiederverlautbarung "zuständig" sind, ist umstritten - es soll nun klar gestellt werden, dass dieser Begriff im Sinne des § 5 Abs 1 Z 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 zu verstehen ist.

Die Ermächtigung des Art 49a Abs 2 Z 6 B-VG bezieht sich nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur auf Bundesgesetze und nicht auch auf Staatsverträge; dieser Fehler soll behoben werden.

Nach Art 49a Abs 3 B-VG ist umstritten, ob den wiederverlautbarenden Organen die Kompetenz zur Anordnung einer "Legisvakanz" zukommt. Die neue Fassung soll klar stellen, dass dies zulässig ist.

Eine vollständige Neufassung des Art 49a Abs 3 B-VG ist schließlich auch deswegen geboten, weil zweifelhaft ist, ob der bei Novellierung des Art 49a Abs 3 B-VG durch Z 3 der B-VG-Novelle 1996, unterlaufene, durch die Kundmachung BGBl. I Nr. 82/1997 druckfehlerberichtigte Fehler tatsächlich einer Druckfehlerberichtigung zugänglich war.

Der vorgeschlagene Art 89 Abs 1 soll klarstellen, dass die "gehörige Kundmachung" von Wiederverlautbarungskundmachungen dieselben Rechtswirkungen hat wie die "gehörige Kundmachung" der anderen in dieser Bestimmung genannten Rechtsvorschriften.

Der vorgeschlagene Art 89 Abs 4 soll die Verweisung des Art. 139a letzter Satz B-VG ersetzen. Zweck dieser Änderung ist es, die unabhängigen Verwaltungssenate auch zur Anfechtung von Wiederverlautbarungskundmachungen zu ermächtigen;

Die vorgeschlagene Fassung des Art 139a orientiert sich stärker an Art. 139 B-VG. In diesem Sinne wird nunmehr davon gesprochen, dass der Verfassungsgerichtshof über "Gesetzwidrigkeit" von Wiederverlautbarungskundmachungen zu erkennen hat und nicht über "die Frage", ob bei der Wiederverlautbarung einer Rechtsvorschrift die Grenzen der Ermächtigung überschritten wurden

Die vorgeschlagene Formulierung des Art. 144 Abs. 1 erster Satz stellt klar, dass der Beschwerdeführer durch einen Bescheid auch wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Wiederverlautbarungskundmachung in seinen Rechten verletzt sein kann.

Art 146 Abs 1 B-VG nennt von den Erkenntnissen, deren Exekution von den ordentlichen Gerichten durchzuführen ist, nur die Erkenntnisse nach Art 137 B-VG. Ebenfalls von den ordentlichen Gerichten zu exequieren sind jedoch die Erkenntnisse nach Art 126a und Art 127c B-VG. Durch die vorgeschlagene Neufassung des Art 146 Abs 1 sollen diese inhaltlich zusammenhängenden Regelungen zusammengefasst werden.

Infolge eines aus Anlass der B-VG-Novelle 1988 unterlaufenen Redaktionsversehens sind die unabhängigen Verwaltungssenate nicht zur Anfechtung von Wiederverlautbarungskundmachungen ermächtigt worden.

Ist die Verordnung (das Gesetz) im Zeitpunkt der Fällung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses bereits außer Kraft getreten, so hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs 4 (Art 140 Abs 4) B-VG auszusprechen, dass die Verordnung (das Gesetz) gesetzwidrig (verfassungswidrig) war, sofern das Verfahren von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes oder einer Person eingeleitet wurde. Ob dies auch für Verfahren gilt, die auf Antrag eines UVS eingeleitet worden sind, erscheint im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmungen zumindest fraglich.

Die Verfassungsbestimmung des § 135 Abs 3 des Bundesvergabegesetzes 2002 regelt, dass Art 89 B-VG sinngemäß auch für das Bundesvergabeamt gilt. Wiederum wurde übersehen, die sonstigen Bestimmungen des B-VG betreffend das Normenprüfungsverfahren entsprechend anzupassen.

Alle diese Redaktionsversehen sollen bereinigt werden.

Die vorgeschlagenen Änderungen der Art 139 bis 140a sollen klar stellen, dass die Aufhebung einer Verordnung (eines Gesetzes) nicht etwa rückwirkend mit Beginn des Tages der Kundmachung, sondern erst mit dessen Ablauf in Kraft tritt.

b.: Änderung des Rechts-Überleitungsgesetzes

Nach § 1 des Wiederverlautbarungsgesetzes war vor einer Wiederverlautbarung das Einvernehmen mit der Kommission zur Vereinheitlichung und Vereinfachung der österreichischen Rechtsordnung zu pflegen. Da die Kommission mittlerweile "faktisch als stillschweigend aufgelöst" betrachtet werden kann (so Ermacora), soll sie nunmehr formell aufgelöst werden.

c.: Änderungen des VfGG

Fürderhin soll - wie in Art 147 B-VG - auf einfachgesetzlicher Ebene zwischen Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Verfassungsgerichtshofes begrifflich klar unterschieden werden.

Dem antragstellenden Gericht (UVS, Bundesvergabeamt) gehört ein Mitglied (Ersatzmitglied) des Verfassungsgerichtshofes übrigens auch dann an, wenn der Beschluss über die Anfechtung der Rechtsvorschrift von einem anderen Einzelrichter oder Senat des Gerichtes (UVS, des Bundesvergabeamtes) gefasst worden ist, als dem, dem das Mitglied (Ersatzmitglied) des Verfassungsgerichtshofes angehört.

Außerdem soll die Möglichkeit der Vertretung durch die Finanzprokuratur analog zu § 23 VwGG geregelt werden.

Entsprechend der Systematik des B-VG sollen die Bestimmungen über das Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, welche die Zuständigkeiten der Volksanwaltschaft oder einer dieser gleichartigen Einrichtung eines Landes (eines Landesvolksanwalts) regeln (s. Art 148f und Art 148i Abs 2 B-VG), in einen eigenen Abschnitt übergeleitet werden.

Die in Art 126a B-VG vorgesehene allgemeine Exequierbarkeit von Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes in Verfahren über Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, welche die Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln, wird durch § 36d VfGG zugunsten von Gebietskörperschaften wieder eingeschränkt. Diese Einschränkung ist zumindest überflüssig, wenn nicht verfassungswidrig und soll daher entfallen.

Zu Z 34 (§ 67 Abs. 1 erster Satz) und Z 35 (§ 70 Abs. 5 letzter Satz):

Da dem VfGH durch die B-VG-Novelle 1994, die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Anfechtung von Wahlen zum Europäischen Parlament übertragen worden ist, sollen die in § 67 Abs 1 erster Satz und § 70 Abs 5 letzter Satz enthaltenen Aufzählungen vervollständigt werden. Gleichzeitig soll ein Redaktionsversehen beseitigt werden (§ 67 Abs. 1 erster Satz lautet nunmehr "gesetzliche berufliche Vertretung" statt fälschlich "gesetzlich berufene Vertretung").

Zuletzt wollen wir darauf hinweisen, dass § 71a Abs. 1 und § 82 Abs. 1 dahingehend bereinigt werden sollen, dass klargestellt wird, dass - wie sich aus Art 129a Abs. 1 Einleitung B-VG ergibt - der "administrative Instanzenzug" bereits dann erschöpft ist, wenn gegen einen Bescheid der unabhängige Verwaltungssenat im Land angerufen werden kann.

Zur Gesetzwerdung dieser RV bedarf es im Hinblick auf vorgesehene Verfassungsbestimmungen einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat sowie der Zustimmung des Bundesrates nach Art 35 Abs. 4 B-VG. Der Entwurf unterliegt der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999.

Für das Inkrafttreten ist einstweilen der 1. Jänner 2004 vorgesehen.