21.06.2003 Gesetzgebung

Ministerialentwurf zum Wohnrechtlichen Außerstreitbegleitgesetz (WohnAußStrBeglG)


An einer Neuregelung des Außerstreitverfahrens wird und wurde schon lange gefeilt. Derzeit existiert ein Ministerialentwurf, der wohl in absehbarer Zeit zur Regierungsvorlage heranreifen dürfte. Jedoch wurden in diesem Entwurf keine wohnrechtlichen Änderungsvorschläge aufgenommen, da diese im Zuge der grundlegenden Erneuerung des Wohnrechts umgesetzt werden sollten. Mittlerweile existiert zwar das neue Wohnungseigentumsgesetz, jedoch ist die geplante Erneuerung des Mietrechtsgesetzes noch nicht soweit gediehen, dass abgeschätzt werden könnte, ab wann ein neues Mietrecht in Kraft treten wird. Da aber die Adaptierungen im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren jedenfalls zugleich mit der allgemeinen Außerstreitverfahrensreform in Kraft gesetzt werden müssen, wurde entschieden, diesen Adaptierungen ein eigenes Gesetzesprojekt in Gestalt eines Wohnrechtlichen Außerstreitbegleitgesetzes zu widmen.

Vor allem die zentrale Norm des wohnrechtlichen Außerstreitrechts - § 37 MRG - soll grundlegend novelliert und prozessökonomischer werden. Gleichzeitig will man versuchen, inhaltliche Kontinuität zur herrschenden Rechtslage beizubehalten. Abweichungen zum geplanten neuen Außerstreitrecht sollen wirklich nur dort vorgesehen werden, wo dies die Natur der Sachlage bzw. Rechtsmaterie wirklich erfordert. Verweise des § 37 auf die ZPO werden entfallen und sollen durch die Geltung des neuen AußStrG ersetzt werden. Dies gilt auch für bisherige Sonderregeln, die durch das neue Außerstreitrecht entbehrlich werden. Nur soweit der Allgemeine Teil des neuen AußStrG seinerseits auf die ZPO verweisen wird, gelten diese Verweise dann auch im Wohnrecht.

Ein wesentlicher Punkt des Entwurfes ist die Neuregelung des Verfahrenskostenersatzes. Bislang differenziert § 37 Abs 3 bezüglich des Kostenersatzes einerseits nach der Art der Verfahrenskosten und andererseits nach der Art des Verfahrens Dabei werden im Zweiparteienverfahren die Kosten (mit Ausnahme derer der rechtsfreundlichen Vertretung) nach den Grundsätzen der §§ 41ff ZPO getragen, sonst nach Billigkeit nach bestimmten im Gesetz aufgezählten Kriterien (z.B.: Verfahrenserfolg). Die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung hat jeder selbst zu tragen (Ausnahme: Mutwillensprozesse).

Da der neue § 78 AußStrG jedoch eine generelle Kostenersatzregelung vorsieht - demnach werden die Kosten grundsätzlich nach dem reinen Erfolgsprinzip getragen mit Abeichungsmöglichkeiten aus Billigkeitsgründen - soll dies auch ins Wohnrecht übernommen werden. Dieser Grundsatz unterscheidet nicht nach Kostenarten und gilt daher auch für die Kosten einer allfälligen rechtsfreundlichen Vertretung. Damit wird im Sinne des Mieterschutzgedankens auch im Außerstreitverfahren verhindert, dass der Mieter ein (oft nicht von Anfang an abschätzbares) Kostenrisiko unabhängig von seinem allfälligen Obsiegen trägt. Zu einer besseren Abschätzbarkeit des Kostenrisikos soll auch die noch anzuführende Novellierung des RATG beitragen.

Folgende grundlegende Änderungen sind dabei geplant:

- Die Anordnung, wonach Verfahren auf Antrag eingeleitet werden, ergibt sich künftig schon aus der Norm des § 8 Abs 1 AußStrG. - Die Ersetzung der namentlichen Bezeichnung der Hauptmieter als Antragsgegner durch Vorlage eines Mieterverzeichnisses wird generell auf alle Fälle von Parteienmehrheit auf einer (egal welcher) Seite übernommen, wobei mindestens 7 Personen auf einer Seite als Partei auftreten müssen (diese Beschränkung ergibt sich aus der Bestimmung über die Zustellung durch Anschlag).- Verfahrenseinleitende Anträge sind spätestens gleichzeitig mit der Einleitung von Erhebungen allen Personen, deren Parteistellung sich aus dem Akt ergibt, wie eine Klage zuzustellen.- Anstatt von "allen Mietern des Hauses" ist nunmehr von "allen Mietern der Liegenschaft" die Rede (bei liegenschaftsbezogenen Anträgen ist z.B. also auch den Mietern des auf derselben Liegenschaft befindlichen Nachbarhauses zuzustellen).- Das Günstigkeits- oder Repräsentationsprinzip bei Parteienmehrheit gilt künftig auch ohne besondere Anordnung. Damit wird das Rechtsschutzbedürfnis untätiger Parteien im Mehrparteienverfahren bereits nach dem allgemeinen Teil des neuen AußStrG befriedigt.- Zustellungen an die Mieter können nach § 37 Abs 3 Z 7 auch an den für das Haus (statt bisher: für die Liegenschaft) bestellten Verwalter vorgenommen werden.- Für Zustellungen an ausgewiesene Parteienvertreter gilt § 93 Abs 1 ZPO - danach ist dem Parteienvertreter jedenfalls (auch bei Zustellung durch Anschlag) individuell zuzustellen. Notare und Anwälte können sich auch auf die erteilte Vollmacht berufen.- Gem. dem neuen § 10 Abs 2 AußStrG sind Schriftsätze in so vielen Gleichschriften einzubringen, wie Parteien am Verfahren beteiligt sind, denen Gleichschriften zuzustellen sind - es gelten aber die Erleichterungen des § 37 Abs 3 Z 4 bis 6 MRG (Achtung bei mehreren Stiegenhäusern!)- Vom Grundsatz der relativen Anwaltspflicht im Rekursverfahren (s. der neue § 6 Abs 1 AußSrG) wird weiter abgesehen. Dafür gilt im Revisionsrekursverfahren die absolute Vertretungspflicht - die Vertretungsbefugnis der Vereinsfunktionäre wird positiviert.- Sämtliche Beweise sind in mündlicher Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aufzunehmen (Ausnahme: ersuchte oder beauftragte Richter). Wie bisher kann von einer mündliche Verhandlung abgesehen werden, wenn keine Beweisaufnahme nötig ist.- Die Möglichkeit einen Zwischenfeststellungsantrags bleibt aufgrund der oft langen Dauerschuldverhältnisse, um die es im Wohnrecht ja oft geht, erhalten und wird in Z 11 explizit festgeschrieben.- Keine Unterbrechung des Verfahrens bei Tod einer Partei, Verlust derer Prozessfähigkeit oder Eröffnung des Konkurses über deren Vermögen, außer es handelt sich um eine Partei, der individuell zugestellt werden muss.- Die gem. dem neuen § 29 AußStrG bestehende Möglichkeit des "Innehaltens" im Verfahren (bei der besonders auf die Fälle der Mediation Bedacht genommen wurde) wird im Wohnrecht ausgeschlossen. Die Möglichkeit des Ruhens des Verfahrens wird als ausreichend angesehen.- Die Anordnung der Verfahrensverbindung des § 37 Abs 3 Z 14 wird übernommen.- Keine vorläufige Zuerkennung von Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit.- Für Rekurse gelten künftig die §§ 45 ff des neuen AußStrG, was inhaltlich aber nur wenig Änderungen bringt - mit zwei großen Ausnahmen: im Wohnrecht gibt es das Neuerungsverbot außer zur Dartuung oder Widerlegung der Rekursgründe und keine Möglichkeit einer Beschlussanfechtung nach Ablauf der Rekursfrist.- Kein generelles Beweiswiederholungsverbot (entspricht der ZPO).- Weiterhin vierwöchige Frist für Rekurs und Rekursbeantwortung bei Anfechtung einer Sachentscheidung (nicht: Kostenentscheidung).- Für Revisionsrekurse gelten künftig §§ 62ff des neuen AußStrG, was heißt, dass vor allem die Zulässigkeit desselben neu geregelt wird(!). Hier ist zwischen wertabhängigen Angelegenheiten und anderen zu unterscheiden. - Vierwöchige Frist für die Erstattung eines Revisionsrekurses oder die Zulassungsvorstellung eines Sachbeschlusses des Rekursgerichts - Adaptierung der Regeln über das Schlichtungsstellenverfahren auf das neue AußStrG, wobei das Institut erhalten bleiben soll - auch hier werden aber vor allem die Verweise auf die ZPO entbehrlich.

Logische bzw. inhaltlich identische Adaptierungen werden auch im WEG und WGG vorgenommen.

Generell kann man sagen, dass Vieles, was auf den ersten Blick wie eine Neuerung aussieht, im Wesentlichen der geltenden Rechtslage entspricht, seine Grundlage nun aber unmittelbar im neuen AußStrG haben wird.

Mit der Neuregelung des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens sollen die Grundgedanken und Leitlinien des neuen Allgemeinen Teils des AußStrG auch in dieser Materie umgesetzt werden.

Mit diesem Gesetzesentwurf soll auch das RATG geändert werden, wobei hier insbesondere § 10 Z 3 RATG differenzierter ausgestaltet wird und verschiedenste Bemessungsgrundlagen je nach Art der Streitigkeit vorsieht. Außerdem wird die Anwendbarkeit des Streitgenossenzuschlages in den wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ausdrücklich ausgeschlossen (!).

Für das In-Kraft-Treten ist der 1. Jänner 2005 vorgesehen, wobei die neuen Regelungen - mit Ausnahmen jener über den Kostenersatz - auch auf Verfahren anzuwenden sein werden, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes anhängig wurden.