11.04.2003 Gesetzgebung

Regierungsvorlage zur Urheberrechtsnovelle 2003


Jetzt heißt es schnell noch vor die Computer stürzen und Nächte durchmachen, bis man von MP3 träumt, denn durch die geplante Novelle zum Urheberrechtsgesetz soll nun der technische Kopierschutz mit zivil- und strafrechtlichen Verboten abgesichert werde. Aber im Ernst: so schlimm wird es (zumindest derzeit) noch nicht werden - privates Downloaden bleibt weiterhin erlaubt. So will es ja auch die bereits 2001 erlassene EU-Richtlinie 2001/29/EG, die mit der jetzt als Regierungsvorlage vorliegenden Novelle endlich - wenn auch nur minimal - umgesetzt werden soll. Grund für diese "Minimalumsetzung" ist aber wohl weniger die Generosität des Gesetzgebers sondern eher der Mangel an Zeit - die Umsetzungsfrist endete mit 22. Dezember 2002! Dennoch wird es einige einschneidende Restriktionen geben, denn einem Überhandnehmen der technisch immer besser werdenden Privatkopie soll durch eine enger gefasste Definition der zulässigen Vervielfältigung entgegengetreten werden. Aber nicht jede Verschiebung in einen Zwischenspeicher zeitigt rechtliche Folgen: funktionelle und begleitende Vervielfältigungen sind zulässig.

Jedenfalls sollen geschützte Informationen im World Wide Web auch dem Urheberrechtsgesetz unterliegen. Die alte, leidige Frage, ob das Anbieten von Informationen im Internet überhaupt dem Urheberrecht zuzuordnen ist, wird so gelöst, dass die Verwertungsrechte um das sog "Recht der interaktiven Zurverfügungstellung" erweitert werden. Insbesondere für die sog. "verwandten Schutzrechte" der ausübenden Künstler, der Schallträgerhersteller und der Rundfunkunternehmer bedeutet das definitiv eine Ausweitung des bestehenden Rechtekatalogs.

Demgegenüber stehen nach wie vor Beschränkungen, da der Katalog der nach dem österreichischen Urheberrechtsgesetz zulässigen freien Werknutzungen an die abschließende Liste zulässiger (fakultativer) freier Werknutzungen der Richtlinie anzupassen ist, woraus sich vor allem Einschränkungen für die bisherige in weitem Umfang zulässige Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch ergeben. Während derzeit § 42 UrhG eine prinzipielle Ermächtigung zur Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum eigenen Gebrauch enthält, wird diese Vervielfältigung in Hinkunft nur mehr für Herstellungen auf Papier oder einem ähnlichen Medium bzw. zu Zwecken der Forschung, soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist, zulässig sein. Die Herstellung auf anderen Trägern wird nur mehr für den privaten Gebrauch gesetzlich gedeckt sein. Damit kommen jedenfalls nur natürliche Personen in den Genuss dieses Privilegs. Unter dem eigenen Gebrauch ist nämlich der Gebrauch zur eigenen Verwendung, einschließlich beruflicher und gewerblicher Zwecke zu verstehen, während der private Gebrauch "nur" der Befriedigung rein persönlicher Bedürfnisse durch die eigene Person oder die mit ihr durch ein persönliches Band verbundenen Personen dient.

Der Katalog der Vervielfältigungen, die stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig sind, wird ausdrücklich um Musiknoten erweitert.

Für vertragliche Werknutzungsrechte soll folgendendes gelten:

die gegenständliche Beschränkung auf den Vertragszweck soll immer dann gelten, wenn die Nutzungsarten im Vertrag nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet sind. Damit wird der Grundsatz erweitert, wonach die Befugnisse des Werknutzungsberechtigten im Zweifel nicht weiter reichen, als es für den praktischen Zweck der ins Auge gefassten Werknutzung erforderlich ist (sog. "Zweckübertragungstheorie").

Die im Ministerialentwurf noch vorgesehenen Einschränkungen der Schulbuchfreiheit werden in der RV zugunsten des Rechts auf Allgemeinbildung zum Teil fallen gelassen, die Schulbuchfreiheit auf das neue Recht zur interaktiven Zurverfügungstellung ausgeweitet und die ursprünglich vorgesehene Beschränkung nur für kommerziell angelegte Kurse aufrecht erhalten. Im Ergebnis heißt das, dass zum eigenen Schulgebrauch die nötigen Vervielfältigungen auf Papier gemacht werden dürfen - auf anderen Trägern nur für nichtkommerzielle Zwecke. Dieses Vervielfältigungsrecht gilt aber auch nicht für Werke, die zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.

Es soll außerdem die im Begutachtungsverfahren sehr begrüßte freie Werknutzung für behinderte Menschen und eine (gegenüber dem Ministerialentwurf moderate) freie Werknutzung zugunsten der Medienbeobachtung (die Vervielfältigung von gesendeten Werken zum Zweck der Tagesberichterstattung) geschaffen werden. Reden "in einer zur Besorgung öffentlicher Angelegenheiten zuständigen Versammlung" dürfen ebenso wie Gerichtsplädoyers und öffentliche politische Reden zur Berichterstattung vervielfältigt werden.

Zusammengefasst enthält die Regierungsvorlage im wesentlichen folgende Schwerpunkte:

- Regelung der Nutzung von geschützten Werken im Internet,- Rechtsschutz gegen Umgehungen technischer Schutzmaßnahmen, die die Verletzung von Rechten verhindern sollen, und für Kennzeichnungen zur elektronischen Rechteverwaltung,- Überarbeitung des Kataloges der freien Werknutzungen und- Anpassung der Vorschriften zur Rechtsdurchsetzung.

Über die Richtlinie hinausgehende Änderungsvorschläge des Ministerialentwurfs, wie etwa eine Modernisierung des österreichischen Urhebervertragsrechts oder eine Verbesserung der Rechtsstellung der ausübenden Künstler werden mit der Regierungsvorlage nicht weiter verfolgt.

Zuletzt ist zu erwähnen, dass bezüglich des Rechtsschutzes der Richtlinie dadurch Rechnung getragen wird, dass die Rechteinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandten Schutzrechts genutzt werden. Diese Anordnung wird durch Erweiterung des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruches auch gegen Vermittler durchgesetzt.

Darüber hinaus soll ein selbständiger, verschuldensunabhängiger Anspruch auf Auskunft über Herkunft und Vertriebswege rechtsverletzender Waren oder Dienstleitungen vorgesehen werden.

Der Straftatbestand des § 91 wird unter anderem um Rechtsverletzungen nach §§ 90b bis 90d erweitert. Das bedeutet einen Schutz von Kennzeichnungen, technischen Maßnahmen und - last but not least - von Computerprogrammen. Damit soll vor allem gegen Personen vorgegangen werden können, die Mittel oder Programme zur Umgehung von Programmschutzmechanismen zu Erwerbszwecken besitzen oder in Verkehr bringen. Vorgesehene Sanktionen sind im wesentlichen dieselben (zivil- wie strafrechtlich) wie sie für die Verletzung von Urheberrechten bereits vorgesehen sind. Ein Anspruch auf angemessenes Entgelt scheidet wegen Nichtvorliegens einer Werknutzung naturgemäß aber meist aus.

Für das Inkrafttreten ist der 1. Juli 2003 vorgesehen.