21.04.2014 Zivilrecht

OGH: Ausschluss vom Rücktritt von einem Fernabsatzgeschäft nach § 5f Z 1 KSchG

§ 5f Z 1 KSchG ist dahin auszulegen, dass der Rücktritt erst dann ausgeschlossen ist, wenn der Unternehmer eine Erfüllungshandlung gegenüber dem Verbraucher gesetzt hat


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, Vertragsabschlüsse im Fernabsatz, Ausschluss vom Rücktritt, Erfüllungshandlung
Gesetze:

§ 5f KSchG

GZ 4 Ob 5/14k, 17.02.2014

 

OGH: Richtig ist, dass Rsp zur Frage fehlt, ob der Rücktritt von einem Fernabsatzgeschäft nach § 5f Z 1 KSchG erst dann ausgeschlossen ist, wenn der Unternehmer schon mit Erfüllungshandlungen gegenüber dem Verbraucher begonnen hat, oder ob es für den Ausschluss des Rücktritts genügt, dass - wie hier - Erfüllung vor Ablauf der Rücktrittsfrist vereinbart wurde. Ersteres entspricht zwar der praktisch einheitlichen Lehre und ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien, kann aber aus dem Wortlaut der Bestimmung tatsächlich nicht zwingend abgeleitet werden. Denn das Gesetz verwendet in Bezug auf den Beginn der Erfüllung das Präsens („begonnen wird“), nicht eine Vergangenheitsform („begonnen wurde“ oder „begonnen worden ist“). Damit scheint die Auslegung der Klägerin vertretbar, wonach bei vereinbartem Beginn der Erfüllung innerhalb von sieben Werktagen ab Vertragsschluss ein Rücktritt auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Unternehmer noch keine Erfüllungshandlung gesetzt hat.

 

Dieser Wortlaut hilft der Klägerin aber nicht weiter. Denn die §§ 5e und 5f KSchG dienen der Umsetzung der FernabsatzRL (RL 97/7/EG) und sind daher richtlinienkonform auszulegen. In der Richtlinie ist die Formulierung aber eindeutig. Denn dort lautet die § 5f Z 1 KSchG zugrunde liegende Bestimmung (Art 6 Abs 3) wie folgt:

 

„Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, kann der Verbraucher das in Absatz 1 vorgesehene Widerrufsrecht nicht ausüben bei

 

- Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen, deren Ausführung mit Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Frist von sieben Werktagen gemäß Absatz 1 begonnen hat; [..]“

 

Auch die englische und die französische Fassung beziehen sich auf eine bereits begonnene Dienstleistung: „if performance has begun“ bzw „dont l'exécution a commencé“. Der Widerruf ist daher schon nach dem Wortlaut der Richtlinienbestimmung nur dann ausgeschlossen, wenn der Unternehmer bereits eine Erfüllungshandlung gesetzt hat. Das entspricht auch dem offenkundigen Zweck dieser Regelung: Der Unternehmer soll davor geschützt werden, dass der Verbraucher zurücktritt, nachdem die Dienstleistung schon - zumindest teilweise - erbracht wurde. Dieses Problem stellt sich aber nicht, wenn der Unternehmer ohnehin noch gar nicht tätig geworden ist. Noch klarer wird das in der - hier allerdings noch nicht anwendbaren - Neuregelung des Fernabsatzrechts mit der VerbraucherrechteRL (RL 2011/83/EU), wonach der Widerruf nur bei vollständiger Erfüllung der Vertragspflicht ausgeschlossen ist (Art 16 lit a RL 2011/83/EU).