13.06.2016 Zivilrecht

OGH: Behauptete mangelhafte Erfüllung eines Werkvertrags – Beweiserleichterung iZm ÖNORM B2218?

Insoweit der Kläger aus dem behaupteten Schutzgesetzcharakter der ÖNORM B2218 eine Beweiserleichterung für den Kausalitätsnachweis ableitet, ist ihm entgegenzuhalten, dass es sich dabei nicht um ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB, sondern um die Zusammenfassung üblicher Sorgfaltsanforderungen handelt, zumal konkrete Rechtsvorschriften die ÖNORM weder für verbindlich erklärt haben noch auf den Stand der Technik verweisen, wie er sich in den einschlägigen ÖNORMEN widerspiegelt


Schlagworte: Werkvertrag, Mangel, Gewährleistung, Beweislast, Beweiserleichterung, Schutzgesetz, Kausalität
Gesetze:

 

§§ 1165 ff ABG, § 1167 ABGB, §§ 922 ff ABGB, § 1311 ABGB, §§ 1295 ff ABGB, ÖNORM B2218

 

GZ 4 Ob 22/16p, 24.05.2016

 

Der Beklagte verlegte im Haus des Klägers im Jahr 2005 einen Parkettboden auf einen bereits bestehenden Blindboden. Vor Verlegung des Parketts beschichtete der Beklagten den Blindboden mit einer für trockene Böden geeigneten Dämmmatte. Nach der - hier nicht vereinbarten - ÖNORM B2218 ist der Werkunternehmer verpflichtet, die Feuchtigkeit des Blindbodens zu messen und schriftlich festzuhalten. Diese Prüfung nahm der beklagte Werkunternehmer nicht vor. Ob der Blindboden im Jahr 2005 feucht war, kann nicht festgestellt werden.

 

OGH: Insoweit der Kläger aus dem behaupteten Schutzgesetzcharakter der ÖNORM B2218 eine Beweiserleichterung für den Kausalitätsnachweis ableitet, ist ihm entgegenzuhalten, dass es sich dabei nicht um ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB, sondern um die Zusammenfassung üblicher Sorgfaltsanforderungen handelt, zumal konkrete Rechtsvorschriften die ÖNORM weder für verbindlich erklärt haben noch auf den Stand der Technik verweisen, wie er sich in den einschlägigen ÖNORMEN widerspiegelt.

 

Die Beweislast für die fehlerhafte Erfüllung eines Werkvertrags trifft nach stRsp den Werkbesteller und beruht auf dem Grundsatz, dass jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat.

 

Die Rsp über die dem Kläger bei Schädigung durch Unterlassen zukommende Beweiserleichterung, wonach überwiegende Wahrscheinlichkeit der Schadenskausalität genügt, haben die Vorinstanzen beachtet, haben aber dennoch vertretbar den Kausalitätsbeweis als nicht erbracht angesehen, weil die Feuchtigkeit des Blindbodens nur eine von mehreren möglichen Schadensursachen war. Sofern der Revisionswerber dies bestreitet, begibt er sich in den Bereich der in dritter Instanz unzulässigen Beweiswürdigungskritik. Soweit er sich zudem auf Beweisnotstand beruft, ist ihm zu entgegnen, dass dieser für sich genommen noch keine Umkehr der Beweislast rechtfertigt.

 

Zuletzt beruft sich der Revisionswerber auf alternative Kausalität. Einer derartigen Haftungsbegründung steht jedoch ebenfalls die Feststellung entgegen, dass die unterlassene Feuchtigkeitsmessung des Blindbodens nur eine mögliche Ursache des Schadens war.

 

Der OGH hat bereits in der Entscheidung 3 Ob 228/12v ausgesprochen, dass bloß in den Bereich des Möglichen fallende Ereignisse keinen hinreichend hohen Kausalitätsverdacht begründen, um alternative Kausalität und damit solidarische bzw bei Hinzutreten von Zufall geteilte Haftung anzunehmen.