07.05.2018 Zivilrecht

OGH: Verletzung eines Wanderers (auf querendem Wanderweg) durch Fehlschlag eines Golfers – zur Haftung des Golfplatzbetreibers

Dass Wanderer durch die Beschaffenheit und Schnelligkeit abgeschlagener Golfbälle gefährdet sind, wenn sie bei Spielbetrieb die Golfbahn queren, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung; daraus folgt, dass der erstbeklagte Verein verpflichtet ist, Wanderer, die die Spielbahn seines Golfplatzes queren, im Rahmen des ihm Zumutbaren vor den Gefahren zu schützen, die durch den gegenüber dem Wanderweg erhöhten und in dessen Nahebereich angelegten Abschlag gegeben sind; der Erstbeklagte hatte vor der Spielbahn in Gehrichtung des Klägers in einer Entfernung von 70 m eine deutlich sichtbare Tafel aufgestellt, die auf die Gefahrensituation hinweist und die Wanderer auf erforderliche Vorsichtsmaßnahmen aufmerksam macht, sollten sie einen Golfspieler sehen, der sich zum Abschlag bereit macht; unmittelbar vor dem Kreuzen mit der Spielbahn befindet sich am Wanderweg eine weitere Tafel, die Wanderer nochmals zur besonderen Vorsicht auffordert; damit waren der Kläger und sein Begleiter ausreichend deutlich auf die mit der Querung der Spielbahn verbundenen Gefahren hingewiesen; Ursache der Verletzung des Klägers ist auch nicht, dass dieser Gefahren, die mit dem Betrieb der Spielbahn einhergehen, nicht erkennen konnte, sondern der Fehlschlag des Zweitbeklagten; um eine allfällige Schädigung von Wanderern durch einen solchen Vorfall zu verhindern, bliebe dem Erstbeklagten nur, die Spielbahn gegenüber der freien Natur links und rechts der Schlagrichtung durch eine Barriere abzugrenzen; eine solche Maßnahme ist nicht üblich und würde auch das Ausmaß des Zumutbaren weit übersteigen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verkehrssicherungspflicht, Haftung des Golfplatzbetreibers, Queren eines Wanderwegs, Fehlschlag eines Golfers
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB

 

GZ 1 Ob 4/18x, 27.02.2018

 

Um die Wanderer zu schützen und allfällige Gefährdungen bzw Unfälle zu vermeiden, ist rund 70 m vor dem Kreuzungsbereich des Wanderwegs mit dem Golfplatz eine Tafel aufgestellt, die in drei verschiedenen Sprachen auf die Gefahrensituation hinweist und Wanderer auffordert, den Schlag sicher hinter einem Baum abzuwarten, sobald sie Spieler sehen, die sich zum Schlagen des Golfballs bereit machen, und die Spielbahn zügig zu überqueren. Unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich befindet sich eine weitere Tafel, die Wanderer zu besonderer Vorsicht beim Überqueren der Spielbahn mahnt.

 

OGH: Der erstbeklagte Golfverein macht geltend, der vom Sachverständigen als „Jahrhundertfehlschlag“ bezeichnete Abschlag des Zweitbeklagten sei aus seiner Sicht ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis gewesen, sodass es im Ergebnis einer Erfolgshaftung gleich käme, müsste er dafür einstehen, und zeigt damit eine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf. Seine Revision ist daher zulässig und auch berechtigt.

 

Schuldhafte Verletzung von Verkehrssicherungspflichten löst Ersatzpflichten aus, wie allgemein anerkannt ist. Solche treffen jeden, der einen Verkehr eröffnet. Wer eine Gefahrenquelle schafft, muss dafür sorgen, dass niemand Schaden erleidet. Die Anforderungen an die allgemeine Verkehrssicherungspflicht dürfen aber nicht überspannt werden, sollen sie keine vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben. Sie findet ihre Grenze daher immer in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr. Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich dabei va danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können. Ausgehend davon ist dem Erstbeklagten keine schuldhafte Verletzung von Verkehrssicherungspflichten anzulasten:

 

Im Akt gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb dieses Golfplatzes deshalb unzulässig wäre, weil ein Wanderweg die Spielbahn kreuzt. Selbst das Berufungsgericht geht davon aus, dass die erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Gegenteiliges wurde auch nie behauptet.

 

Dass Wanderer durch die Beschaffenheit und Schnelligkeit abgeschlagener Golfbälle gefährdet sind, wenn sie bei Spielbetrieb die Golfbahn queren, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Daraus folgt, dass der erstbeklagte Verein verpflichtet ist, Wanderer, die die Spielbahn 14 seines Golfplatzes queren, im Rahmen des ihm Zumutbaren vor den Gefahren zu schützen, die durch den gegenüber dem Wanderweg erhöhten und in dessen Nahebereich angelegten Abschlag gegeben sind. Der Erstbeklagte hatte vor dieser Spielbahn in Gehrichtung des Klägers in einer Entfernung von 70 m eine deutlich sichtbare Tafel aufgestellt, die auf die Gefahrensituation hinweist und die Wanderer auf erforderliche Vorsichtsmaßnahmen aufmerksam macht, sollten sie einen Golfspieler sehen, der sich zum Abschlag bereit macht. Unmittelbar vor dem Kreuzen mit der Spielbahn befindet sich am Wanderweg eine weitere Tafel, die Wanderer nochmals zur besonderen Vorsicht auffordert. Damit waren der Kläger und sein Begleiter ausreichend deutlich auf die mit der Querung der Spielbahn verbundenen Gefahren hingewiesen.

 

Ursache der Verletzung des Klägers ist auch nicht, dass dieser Gefahren, die mit dem Betrieb der Spielbahn einhergehen, nicht erkennen konnte, sondern der Fehlschlag des Zweitbeklagten. Um eine allfällige Schädigung von Wanderern durch einen solchen Vorfall zu verhindern, bliebe dem Erstbeklagten nur, die Spielbahn gegenüber der freien Natur links und rechts der Schlagrichtung durch eine Barriere abzugrenzen. Eine solche Maßnahme ist, worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat, nicht üblich und würde auch das Ausmaß des Zumutbaren weit übersteigen. Da auch die zur Einhaltung der Sonderplatzregeln verpflichteten Spieler ausdrücklich auf den bei Spielbahn 14 kreuzenden öffentlichen Wanderweg hingewiesen und zur Rücksichtnahme aufgefordert werden, ist eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch den Erstbeklagten und dessen Haftung für den Vorfall vom 9. 8. 2012 insgesamt zu verneinen.