08.11.2011 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob der vom Geschädigten mit der Reparatur beauftragte Unternehmer dem Schädiger gegenüber Erfüllungsgehilfe gem § 1313a ABGB des Geschädigten ist

Der Geschädigte muss sich das Verhalten des Herstellungsgehilfen nicht zurechnen lassen; der Geschädigte muss nur vertreten, den Herstellungsgehilfen nicht ordnungsgemäß ausgewählt zu haben


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Geschädigter, Erfüllungsgehilfe, Herstellungsgehilfe, Kausalität, Auswahlverschulden, Mitverschulden
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1313a ABGB, § 1304 ABGB

GZ 6 Ob 217/10w, 13.10.2011

 

OGH: Zutreffend bejahte das Berufungsgericht, dass die Aufwendungen des Klägers für die nicht zielführenden Sanierungsmaßnahmen des Bauunternehmens und für die Trockenlegung nach den in LuRsp entwickelten Kriterien adäquate Folgen des Fehlers des Beklagten (Nichtabdichten der Einmündung des Abflussrohres) sind und daher grundsätzlich vom Beklagten zu ersetzen sind. Das Eingreifen eines Dritten in den Kausalverlauf, durch dessen Verhalten ein Schaden entsteht oder sich vergrößert, unterbricht dann den Kausalzusammenhang, wenn mit einer derartigen Handlung eines Dritten und mit dem dadurch bedingten Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung nicht zu rechnen war. Dies ist hier nicht der Fall, unterlaufen doch nach der Lebenserfahrung bei Schadensbehebungen, insbesondere von Wasserschäden, gelegentlich auch Fehler dahin, dass die Schadensursache wegen unsachgemäßen Vorgehens nicht erkannt wird und deshalb die Reparaturmaßnahme nicht erfolgreich ist.

 

Der Revisionswerber meint, er hafte nicht für das Fehlverhalten der vom Kläger zur Schadensbehebung eingesetzten Personen, weil diese nicht seine Erfüllungsgehilfen gewesen seien. Es ist zutreffend völlig unstrittig, dass diese Personen nicht Erfüllungsgehilfen (§ 1313a ABGB) des Beklagten waren, hat er sich doch ihrer nicht zur Erfüllung von Pflichten gegenüber dem Kläger bedient.

 

Entscheidungswesentlich ist, ob der vom Geschädigten mit der Schadensbeseitigung Beauftragte (sog „Herstellungsgehilfe“) dem Geschädigten zuzurechnen ist, also der Kläger mit dem Risiko belastet ist, dass die von ihm zur Schadensbeseitigung beauftragten Dritten unsachgemäß gearbeitet haben und deshalb vermeidbare (aber vom Beklagten durch sein Fehlverhalten adäquat verursachte) Kosten entstanden.

 

Der erkennende Senat teilt die hL, dass sich der Geschädigte das Verhalten des Herstellungsgehilfen nicht zurechnen lassen muss und der Geschädigte nur vertreten muss, den Herstellungsgehilfen nicht ordnungsgemäß ausgewählt zu haben, wie dies auch in der überwiegenden Rsp zum Ausdruck kommt. Gegen eine entsprechende Anwendung des § 1313a ABGB, also den Herstellungsgehilfen als Erfüllungsgehilfen des Geschädigten anzusehen, spricht, dass dem Geschädigten das schadenersatzrechtliche Schuldverhältnis durch den Schädiger aufgezwungen wurde und es nicht dem Sinn und Zweck der Ersetzungsbefugnis des Geschädigten entspräche, ihm das Risiko einer schuldhaften Schadensausweitung durch Hilfspersonen aufzubürden, das der Schädiger tragen müsste, wenn er die Schadensbeseitigung vornimmt, wozu er berufen ist. Das zur Schadensausweitung und zu vermeidbaren Kosten führende Fehlverhalten der vom Kläger zur Schadensbeseitgung eingesetzten Fachleute ist demnach dem Kläger nicht zuzurechnen. Dass ihm nach den Umständen des Anlassfalls eine nicht sorgfältige Auswahl der Fachleute nicht anzulasten ist, haben die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt. Demnach muss der Kläger eine Kürzung seines Ersatzanspruchs, sei es aus eigenem Mitverschulden, sei es wegen des Fehlverhaltens der Herstellungsgehilfen, nicht hinnehmen.

 

Zu Recht hat das Berufungsgericht verneint, dem Kläger sei es als Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten anzulasten, dass er nicht sofort den Beklagten beigezogen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden. Wenn der Rechtsmittelwerber sich in diesem Zusammenhang und an anderen Stellen der Rechtsmittelschrift darauf stützt, dem Kläger sei bekannt gewesen, dass der Beklagte die Verbindungsstelle nicht abgedichtet habe, er habe das jedoch vergessen, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Es ist nicht festgestellt, dass der Kläger wusste, dass der Beklagte entgegen seinem Versprechen die Rohreinmündung nicht abdichtete.