03.01.2012 Zivilrecht

OGH: Werkvertrag und Gewährleistung – zum Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers

Die Fälligkeit des Werklohns kann nur solange hinausgeschoben werden, als ein Verbesserungsanspruch besteht und die Verbesserung im Interesse des Bestellers liegt; das Leistungsverweigerungsrecht entfällt bei fehlender nötiger Kooperation zur Bewerkstelligung der Mängelbehebung durch den Verpflichteten


Schlagworte: Werkvertrag, Gewährleistung, Erfüllung, Verbesserung, Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers, Mitwirkungspflicht
Gesetze:

§§ 1165 ff ABGB, § 1170 ABGB, § 1052 ABGB, § 1167 ABGB

GZ 4 Ob 163/11s, 22.11.2011

 

OGH: Gem § 1170 erster Satz ABGB ist in der Regel das Entgelt nach vollendetem Werk zu entrichten. Dem Werkbesteller steht allerdings bis zur völligen Erfüllung der Verbindlichkeit des Werkunternehmers, also bis zur vollständigen Verbesserung bestehender Mängel, das die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags (§ 1052 ABGB) begründende Leistungsverweigerungsrecht zu. Dieses Recht ist insbesondere deshalb sinnvoll, weil Verbesserungsansprüche mangels Gleichartigkeit mit Werklohnforderungen nicht kompensiert werden können, der Werkbesteller aber trotzdem die Möglichkeit haben soll, seinen Gewährleistungsanspruch zu sichern und den Unternehmer zu baldiger Verbesserung anzuspornen. Nach stRsp kann der Werkbesteller den gesamten aushaftenden Werklohn bis zur Erfüllung - Schikane ausgenommen - zurückbehalten.

 

Die Fälligkeit des Werklohns kann nur solange hinausgeschoben werden, als ein Verbesserungsanspruch besteht und die Verbesserung im Interesse des Bestellers liegt. Fällt dieses Interesse weg, besteht kein Bedürfnis nach Gewährung eines gänzlichen Leistungsverweigerungsrechts mehr. Das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers erlischt somit, sobald er die Fertigstellung des Werks durch den Unternehmer verhindert oder unmöglich macht oder wenn er das noch unvollendete Werk von einem Dritten vervollständigen lässt. Es entfällt ebenso bei fehlender nötiger Kooperation zur Bewerkstelligung der Mängelbehebung durch den Verpflichteten.

 

Ob die Erklärung des Bestellers im konkreten Fall als Nichtzulassung der Verbesserung aufzufassen ist, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ebenso die Mitwirkungserfordernisse zur Bewerkstelligung der Mängelbehebung.