01.02.2012 Wirtschaftsrecht

VwGH: Mangelnde Unterscheidungskraft / Bezeichnung der geographischen Herkunft der Ware – zu den Registrierungshindernissen gem § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG

Dass einem Zeichenbestandteil für sich betrachtet keine Unterscheidungskraft zukommt, schließt nicht aus, dass Unterscheidungskraft infolge einer Kombination mit anderen Elementen (mögen diese auch für sich selbst betrachtet nicht unterscheidungskräftig sein) gegeben sein kann; die Bereitschaft der beteiligten Verkehrskreise, Besonderheiten in der Schreibweise eines Zeichens als Unternehmenshinweis zu verstehen, ist grundsätzlich als äußerst gering anzusehen


Schlagworte: Markenschutzrecht, Eintragungshindernis, mangelnde Unterscheidungskraft, Herkunftsangabe, Kombinationen
Gesetze:

§ 4 Abs 1 MSchG

GZ 2008/03/0112, 15.12.2011

 

VwGH: Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind von der Registrierung ausgeschlossen Zeichen, die keine Unterscheidungskraft haben. Demgegenüber sind nach dem Schutzausschließungsgrund des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG von der Registrierung auch Zeichen ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr - ua - zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Ware dienen können.

 

Zum Verhältnis der beiden Schutzausschließungsgründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bzw Z 4 MSchG kann auf das hg Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, 2003/04/0187, verwiesen werden.

 

Die Beschwerde macht geltend, der Rechtsgrund des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG (unter Zugrundelegung der Annahme, das gegenständliche Zeichen sei eine Herkunftsangabe) dürfe für die Schutzverweigerung nicht herangezogen werden, weil diese Bestimmung in der vorläufigen Schutzverweigerung durch die Erstbehörde nicht genannt worden sei. Dem ist zu erwidern, dass die Heranziehung des Registrierungshindernisses der mangelnden Unterscheidungskraft (Z 3) für beschreibende Bezeichnungen (Z 4) keine Rechtsverletzung des Registrierungswerbers darstellt.

 

Die Beschwerde macht weiter geltend, das gegenständliche Zeichen bezeichne - wegen der Herkunft des Hauptbestandteils der klassengegenständlichen Waren (Kakao) - gerade nicht den geographischen Ursprung. Es sei sehr wohl unterscheidungskräftig, weil es keineswegs banal oder werbeüblich oder bloß zu einfach für einen Hinweis auf ein Unternehmen sei.

 

Zudem enthalte das gegenständliche Zeichen durchaus markante Elemente, wie etwa die Wortbestandteile EUR und PA, sowie den Sternenkranz, der den Buchstaben "O" des Wortes Europa vertrete. Diese verliehen der Marke eine Originalität, die die für eine Marke geforderte Unterscheidungskraft begründe.

 

Die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke muss sich - vor dem Hintergrund der Hauptfunktion der Marke, dem Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Ware dadurch zu garantieren, dass sie ihm die Unterscheidung dieser Ware ohne Verwechslungsgefahr von solchen anderer Herkunft ermöglicht - auf die Gesamtwahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise stützen.

 

Dass einem Zeichenbestandteil für sich betrachtet keine Unterscheidungskraft zukommt, schließt nicht aus, dass Unterscheidungskraft infolge einer Kombination mit anderen Elementen (mögen diese auch für sich selbst betrachtet nicht unterscheidungskräftig sein) gegeben sein kann.

 

Mit dem von der Beschwerde hervorgehobenen Umstand, dass der Hauptrohstoff für die in der gegenständlichen Warenklasse genannten Waren, Kakao, nicht in Europa wächst, wird nicht dargelegt, dass die Beurteilung der belangten Behörde, die - mit Blick auf mögliche Produktionsstätten des aus dem Rohstoff hergestellten Endprodukts - angenommen hat, die beteiligten Verkehrskreise würden im Zeichen eine Herkunftsbezeichnung sehen, unrichtig wäre (vgl in diesem Zusammenhang auch das Urteil des EuGH vom 4. Mai 1999, Rs C-108/97, C-109/97 (Chiemsee)), wonach es für das Vorliegen des Eintragungshindernisses nach Art 3 Abs 1 lit c der MarkenRL nicht erforderlich ist, dass die zu beurteilende Ortsbezeichnung von den beteiligten Verkehrskreisen aktuell mit der betreffenden Warengruppe in Verbindung gebracht wird, vielmehr auch solche geographische Bezeichnungen erfasst werden, die von den betroffenen Unternehmen als Herkunftsangabe für die betreffende Warengruppe verwendet werden können).

 

Dass die konkrete graphische Gestaltung des in Rede stehenden Zeichens, das als Herkunftsangabe grundsätzlich nicht eintragungsfähig ist, nicht geeignet ist, dem Zeichen dessen ungeachtet Unterscheidungskraft zu verleihen, hat die belangte Behörde als Ergebnis einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung (der geringfügigen Abänderung des Buchstabens "O" würde im geschäftlichen Verkehr von den beteiligten Verkehrskreisen keine weitere Bedeutung beigemessen) festgestellt. Da die Bereitschaft der beteiligten Verkehrskreise, Besonderheiten in der Schreibweise eines Zeichens als Unternehmenshinweis zu verstehen, grundsätzlich als äußerst gering anzusehen ist, kann die diesbezügliche Beurteilung der belangten Behörde nicht als unzutreffend erkannt werden.

 

Zu verweisen bleibt darauf, dass dann, wenn die Kennzeichnungskraft einer Zeichenkombination zu beurteilen ist, nicht nur auf den visuellen, sondern auch auf den akustischen Eindruck von der Marke abzustellen ist.