22.02.2012 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Herabsetzung der Geldstrafe und Beibehaltung der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe (§ 16 VStG) durch die Berufungsbehörde?

Dann, wenn eine Geldstrafe von der Berufungsbehörde nicht nur auf Grund der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten herabgesetzt wird, ist auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen


Schlagworte: Ersatzfreiheitsstrafe, Berufungsbehörde, Herabsetzung der Geldstrafe und Beibehaltung der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe
Gesetze:

§ 16 VStG, § 19 VStG

GZ 2008/03/0098, 15.12.2011

 

VwGH: Die belangte Berufungsbehörde hat zwar die von der BH Kufstein verhängte Geldstrafe, nicht aber die dort festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt. Dies vermag aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

 

Zwar ist gem § 16 Abs 2 letzter Satz VStG die Ersatzfreiheitsstrafe (ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG) nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen. Nach der Rsp des VwGH ist die Ersatzfreiheitsstrafe nicht nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen und es lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, dass innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchstsätze ein bestimmtes Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe bestehen müsse. Dann, wenn eine Geldstrafe von der Berufungsbehörde - wie vorliegend - nicht nur auf Grund der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten herabgesetzt wird, ist auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

 

Die Regelung des § 16 Abs 2 letzter Satz VStG war für den belangten UVS aber nicht einschlägig. Das erstinstanzliche Straferkenntnis der BH Kufstein war dem Bf (nach Ausweis der vorgelegten Akten des Verwaltungsstrafverfahrens der Zustellverfügung entsprechend) in Deutschland zugestellt worden. Gem Art 10 Abs 3 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl Nr 526/1990, "gilt" aber "die Zustellung von Bescheiden in Verwaltungsstrafsachen an Angehörige des Staates, in dem die Zustellung vorgenommen werden soll, ... hinsichtlich des Ausspruchs eines Freiheitsentzugs als nicht bewirkt". Dieses gesetzliche, für die Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses unmittelbar zum Tragen kommende Zustellhindernis hatte zur Folge, dass für den Bf der erstinstanzliche Strafausspruch bezüglich der Ersatzfreiheitsstrafe nicht in Geltung trat. Da somit eine Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses an den Bf bezüglich des Ausspruchs der Ersatzfreiheitsstrafe nicht erfolgte, war die belangte Behörde nicht gehalten, bezüglich der damit gar nicht rechtlich in Geltung getretenen Ersatzfreiheitsstrafe eine Änderung des angefochtenen Bescheides anlässlich der Herabsetzung der Geldstrafe vorzunehmen. Wenn die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigte, dass dem Bf nicht mehr der gesamte im erstinstanzlichen Straferkenntnis enthaltene Tatvorwurf zur Last zu legen ist, konnte vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund eine Bestätigung der Ersatzfreiheitsstrafe im angefochtenen Berufungsbescheid gar nicht erfolgen.