07.03.2012 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: § 5 Abs 2 VStG – zur unverschuldeten Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift

Gerade dann, wenn bewusst eine Konstruktion gewählt wird, mit der die rechtlichen Möglichkeiten bis zum Äußersten ausgereizt werden sollen, ist eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Erkundigung über die Rechtslage an den Tag zu legen


Schlagworte: Rechtsirrtum, Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, Verschulden, Erkundigungspflicht
Gesetze:

§ 5 Abs 2 VStG

GZ 2006/17/0006, 07.10.2010

 

VwGH: Der im Wirtschaftsleben Tätige ist verpflichtet, sich über die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zu informieren und darf sich im Zweifelsfalle nicht auf für ihn günstige Rechtsauskünfte Privater, und seien dies auch Rechtsberater oder andere Experten des Rechtsgebiets, verlassen.

 

Nach der hg Rsp entschuldigt gem § 5 Abs 2 VStG die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein. Die bloße Argumentation mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen.

 

Wie der VwGH bereits dargelegt hat, ist gerade dann, wenn bewusst eine Konstruktion gewählt wird, mit der die rechtlichen Möglichkeiten bis zum Äußersten ausgereizt werden sollen, eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Erkundigung über die Rechtslage an den Tag zu legen. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Die entsprechenden Erkundigungen können zwar nicht nur bei den Behörden, sondern auch bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person eingeholt werden. Hat die Partei (zB von einem Rechtsanwalt) eine falsche Auskunft erhalten, so liegt ein schuldausschließender Irrtum dann nicht vor, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen.

 

Diese Erkundigungspflicht darf aber andererseits nicht überspannt werden.

 

Der VwGH teilt die von der belangten Behörde zu Grunde gelegte Auffassung, dass eine Auskunft der zuständigen Behörde dann nicht entschuldigen kann, wenn ihr nicht der exakte Sachverhalt, wie er im Wirtschaftsleben sodann verwirklicht wird, zu Grunde liegt.