11.04.2012 Arbeitsrecht

VwGH: Kündigung eines begünstigten Behinderten gem § 8 Abs 4 lit b BEinstG (iZm Krankenständen)

Treten bei einem Dienstnehmer Krankenstände auf, die ihn laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß an der Dienstleistung hindern, so ist er zur Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht mehr im Stande; auf welche Gründe diese - berechtigten - Krankenstände zurückzuführen sind, ist - jedenfalls solange sie nicht auf ein Verhalten oder Unterlassen des Dienstgebers zurückzuführen sind - nicht erheblich


Schlagworte: Behinderteneinstellungsrecht, Kündigung, Zustimmung, Behindertenausschuss, lange Krankenstände
Gesetze:

§ 8 BEinstG, § 12 BEinstG

GZ 2011/11/0145, 21.02.2012

 

VwGH: Nach stRsp des VwGH liegt die Entscheidung darüber, ob die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten erteilt werden soll, im freien Ermessen der Behörde. Bei dieser Ermessensentscheidung ist es Aufgabe der Behörde, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des zu kündigenden Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann.

 

Nach § 8 Abs 4 lit b BEinstG ist der Verlust der Fähigkeit des begünstigten Behinderten, die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, im Zusammenhalt mit der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung ein Grund, im Rahmen der Interessenabwägung dem Dienstgeber nicht die Fortsetzung des Dienstverhältnisses zuzumuten, dies mit der Folge, dass die Zustimmung zu einer (erst auszusprechenden) Kündigung zu erteilen sein wird.

 

Treten bei einem Dienstnehmer Krankenstände auf, die ihn laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß an der Dienstleistung hindern, so ist er zur Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht mehr im Stande. Auf welche Gründe diese - berechtigten - Krankenstände zurückzuführen sind, ist - jedenfalls solange sie nicht auf ein Verhalten oder Unterlassen des Dienstgebers zurückzuführen sind - nicht erheblich. Eine aus der hohen Zahl der Krankheitstage ableitbare ungünstige Prognose und die Tatsache, dass weit überdurchschnittliche Krankenstände durch einen langen Zeitraum nahezu regelmäßig aufgetreten sind, rechtfertigen eine Kündigung gem § 8 Abs 4 lit b BEinstG.

 

Da im konkreten Fall der Bf eine Weiterbeschäftigung zu reduzierten Arbeitszeiten abgelehnt hat, kann der belangten Behörde im Ergebnis nicht entgegen getreten werden, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, der mitbeteiligten Partei könne gem § 8 Abs 2 lit b BEinstG die Fortsetzung des Dienstverhältnisses (zu unveränderten Bedingungen) nicht zugemutet werden. Daran ändert die Unternehmensgröße der mitbeteiligten Partei nichts Entscheidendes, weil auch einem Dienstgeber wie der mitbeteiligten Partei nicht zuzumuten ist, das Dienstverhältnis unverändert aufrecht zu halten, obwohl seitens des Dienstnehmers die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit nicht mehr geleistet werden kann.