25.04.2012 Wirtschaftsrecht

VwGH: Ausnahmen vom Geltungsbereich des BVergG 2006 – In-House-Vergaben iSd § § 10 Z 7 BVergG 2006

Bei der Beurteilung, ob der öffentliche Auftraggeber über die Gesellschaft, die den Zuschlag erhält, eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt, sind alle Rechtsvorschriften und maßgebenden Umstände zu berücksichtigen; diese Prüfung muss zu dem Ergebnis führen, dass die den Zuschlag erhaltende Gesellschaft einer Kontrolle unterliegt, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglicht, auf ihre Entscheidungen einzuwirken; hierbei muss die Möglichkeit gegeben sein, sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wichtigen Entscheidungen dieser Gesellschaft ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen; dass das fragliche Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaften verrichtet, die seine Anteile innehaben, lässt sich dann annehmen, wenn das Unternehmen hauptsächlich für diese Körperschaft tätig wird und jede andere Tätigkeit rein nebensächlich ist; um zu beurteilen, ob dies der Fall ist, müssen alle - qualitativen wie quantitativen - Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden


Schlagworte: Vergaberecht, Ausnahmen vom Geltungsbereich, In-House-Vergaben, Auftraggeber, Aufsicht wie über eigene Dienststelle, Tätigkeit im Wesentlichen für den Inhaber der Anteile
Gesetze:

§ 10 Z 7 BVergG 2006

GZ 2009/04/0309, 14.03.2012

 

Strittig ist, ob im gegenständlichen Fall ein die Anwendbarkeit des BVergG 2006 ausschließender Fall des § 10 Z 7 leg cit vorgelegen hat.

 

VwGH: Gem § 10 Z 7 BVergG 2006 gilt dieses Bundesgesetz nicht, wenn der öffentliche Auftraggeber Aufträge durch eine Einrichtung erbringen lässt, a) über die der öffentliche Auftraggeber eine Aufsicht wie über eine eigene Dienststelle ausübt, und b) die ihre Leistungen im Wesentlichen für den oder die öffentlichen Auftraggeber erbringt, die ihre Anteile innehaben oder aus denen sie sich zusammensetzt.

 

Nach den Gesetzesmaterialien geht diese Vorschrift auf die Rsp des EuGH zu den einschlägigen Vergaberichtlinien zurück und enthält die durch diese Rsp entwickelte Ausnahme betreffend "In-House-Vergaben". Das Gesetz übernehme - so die Erläuterungen wörtlich - "exakt den Wortlaut des Erkenntnisses des EuGH in der Rs C-107/98 Teckal"; alle Begriffe entstammten somit der Judikatur des EuGH und seien daher gemeinschaftsrechtlich auszulegen.

 

Im Urteil vom 18. November 1999 in der Rs C-107/98, Teckal, führte der EuGH aus, die RL 93/36/EWG sei anwendbar, wenn ein Vertrag zwischen einer Gebietskörperschaft und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person geschlossen würde. Etwas Anderes könne nur dann gelten, wenn die Gebietskörperschaft über die fragliche Person eine Kontrolle ausübe wie über ihre eigenen Dienststellen und wenn diese Person zugleich ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Gebietskörperschaft oder die Gebietskörperschaften verrichte, die ihre Anteile innehätten.

 

In der Folge bezog sich der EuGH in seiner Rsp stets auf die im oben angeführten Urteil entwickelten Kriterien, nach denen zu beurteilen sei, ob eine (insbesondere) den einschlägigen Vergaberichtlinien nicht unterliegende "In-House-Vergabe" vorgelegen habe.

 

Zum Kriterium des § 10 Z 7 lit a BVergG 2006 (Kontrolle wie über eigene Dienststellen):

 

Zum ersten maßgeblichen Kriterium, ob der öffentliche Auftraggeber über eine Gesellschaft, an der er (unmittelbar oder mittelbar, etwa über eine Holdinggesellschaft) beteiligt ist und mit der er einen Vertrag schließen will, eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausüben kann, hat der EuGH wiederholt darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass der öffentliche Auftraggeber zusammen mit anderen öffentlichen Stellen das gesamte Grundkapital einer den Zuschlag erhaltenden Gesellschaft hält, darauf hindeute - ohne entscheidend zu sein -, dass er über diese Gesellschaft eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübe. Dagegen schließe es eine - auch minderheitliche - Beteiligung eines privaten Unternehmens am Grundkapital einer Gesellschaft, an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber beteiligt sei, auf jeden Fall aus, dass der öffentliche Auftraggeber über die Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausüben könne wie über seine eigenen Dienststellen.

 

In einem Fall, in dem sich mehrere öffentliche Stellen dafür entscheiden, einige ihrer gemeinwirtschaftlichen Aufgaben durch die Einschaltung einer Gesellschaft zu erfüllen, deren Anteile sie gemeinsam halten, sei es ausreichend, wenn diese Stellen ihre Kontrolle über diese Gesellschaft gemeinsam ausüben können. Dass dem einzelnen öffentlichen Auftraggeber in der Gesellschaft nur die Stellung eines Minderheitsgesellschafters zukomme, der somit die Kontrolle nicht allein ("individuell") ausüben könne, schade nicht.

 

Bei der Beurteilung, ob der öffentliche Auftraggeber über die Gesellschaft, die den Zuschlag erhalte, eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübe, seien alle Rechtsvorschriften und maßgebenden Umstände zu berücksichtigen. Diese Prüfung müsse zu dem Ergebnis führen, dass die den Zuschlag erhaltende Gesellschaft einer Kontrolle unterliege, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermögliche, auf ihre Entscheidungen einzuwirken. Hierbei müsse die Möglichkeit gegeben sein, sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wichtigen Entscheidungen dieser Gesellschaft ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen.

 

Nach der Rechtsauffassung der belangten Behörde scheitere die in der dargestellten Rsp des EuGH als erforderlich angesehene "gemeinsame Kontrolle" der öffentlichen Stellen über die A schon daran, dass die Bf an der zweiten Hälfteeigentümerin der A (dem Abfallbeseitigungsverband I-L) nicht beteiligt sei.

 

Die Bf bringt vor, sie sei als eine der größten Gemeinden des Bezirkes S indirekt an der Auftragnehmerin A beteiligt. Private Unternehmen seien an der A nicht beteiligt. Der Geschäftsführer der A sei laut Gesellschaftsvertrag bei der Vornahme bestimmter Geschäfte, die vereinfacht ausgedrückt den Umfang von ATS 100.000,-- übersteigen, an die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrates gebunden. Der Bürgermeister der Bf sei Mitglied des Aufsichtsrates; die fünf anderen Aufsichtsräte würden ebenfalls von den beiden Gemeindeverbänden beschickt. Darüber hinaus könne die Generalversammlung der A, sohin alle Gemeinden der Bezirke I-L und S, dem Geschäftsführer der A Weisungen erteilen, wie er seine Geschäftsführertätigkeit auszuüben habe. Die Bf könne also gemeinsam mit den anderen Gemeinden über die A eine Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle ausüben. Beim vorliegenden Sachverhalt sei daher die in der Judikatur des EuGH geforderte Kontrolle der Bf über die A gegeben.

 

Diesem Vorbringen hält die Mitbeteiligte in ihrer Gegenschrift im Wesentlichen entgegen, die Besonderheiten der Beteiligungsstruktur im vorliegenden Fall führten dazu, dass die Bf keinen wesentlichen Einfluss auf das Tagesgeschäft und die strategischen Ziele der A habe. Beides würde nämlich nur mittelbar (im Wege einer "Tochtergesellschaft") und nur neben einer Vielzahl von anderen öffentlichen Gebietskörperschaften durch die Bf bestimmt und mitgestaltet. Der Geschäftsführer der A werde vom Aufsichtsrat überwacht, dem je drei Bürgermeister der beteiligten Gemeindeverbände angehören. Wichtige Geschäfte bedürften zwar der Zustimmung des Aufsichtsrates, nicht jedoch der Zustimmung der Anteilseigner (Gemeindeverbände). Den einzelnen Gemeinden, so auch der Bf, komme kein direktes Stimmrecht in der Generalversammlung der A zu. Das bedeute, dass der Aufsichtsrat fundamentale Unternehmensentscheidungen treffen könne, ohne dass die Gemeinden, so auch die Bf, in die Entscheidungsfindung eingebunden werden müssten. Ein wesentlicher Teil der Geschäftsergebnisse der A resultiere aus ihren drei Tochtergesellschaften, an denen die A bei zweien lediglich 50 %- Anteile halte. Die Tochtergesellschaften agierten am freien Markt und erzielten einen wesentlichen Teil des Umsatzes. Im Extremfall könnte die Auslagerung an Tochtergesellschaften so weit reichen, dass die A selbst keinen Umsatz mehr erziele, sondern nur mehr als Holding auftrete und sämtliche Geschäftstätigkeiten nur mehr über ihre Tochtergesellschaften ausübe. Eine klare Abgrenzung zwischen öffentlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeit wäre bei solchen Beteiligungskonstruktionen nicht mehr möglich. Die mögliche Einflussnahme des öffentlichen Auftraggebers schwinde daher weiter, da neuerlich eine zusätzliche Entscheidungsebene zwischengeschaltet sei. Die direkte Auftragsvergabe an solche Gesellschaften mit der Begründung, es handle sich um "Quasi-In-House-Geschäfte" wäre eine offenkundig versuchte Umgehung der Bestimmungen des Vergaberechts. Da die A aus den Tochtergesellschaften wesentliche Umsätze erwirtschafte, müsse die Kontrollbefugnis auch diese Tochtergesellschaften umfassen.

 

Der VwGH teilt die Rechtsauffassung der belangten Behörde nicht. Allein der Umstand, dass die Bf nur einem der beiden Gemeindeverbände angehört, welche die Anteile an der A innehaben, schließt nach der Rsp des EuGH eine gemeinsame Kontrolle aller öffentlichen Stellen über die Geschäftstätigkeit der A nicht aus. Sämtliche Anteile an der A werden nämlich (über die beiden Gemeindeverbände, die nur öffentliche Körperschaften umfassen) von öffentlichen Stellen gehalten; private Beteiligungen an der A bestehen nicht. Eine gemeinsame Kontrolle der die Gesellschaftsanteile innehabenden öffentlichen Stellen über die A wäre daher grundsätzlich möglich. Es würde insofern - entgegen dem Vorbringen der Mitbeteiligten - auch nicht schaden, dass die Bf nur mittelbar (und zwar als eine von mehreren Gemeinden, die den Gemeindeverband "Abfallwirtschaftsverband U" bilden, der wiederum 50 % der Anteile an der A hält) und in untergeordneter Rolle an der A beteiligt ist.

 

Der Bf ist zuzugeben, dass der Geschäftsführer der A nach deren Gesellschaftsvertrag strategische Ziele und zumindest viele wichtige Entscheidungen nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates treffen kann. Dazu zählt insbesondere auch die Festlegung der Tarife für die Inanspruchnahme der Einrichtungen und Dienstleistungen der Gesellschaft, also eine Kompetenz, der in der Rsp des EuGH wiederholt besondere Beachtung geschenkt wurde. Allerdings hat der EuGH erkannt, dass die betreffenden Satzungsbestimmungen auch "greifen" müssen, um von einer ausreichenden Kontrolle sprechen zu können. Im Übrigen fällt auf, dass - abgesehen von einzelnen, im Gesellschaftsvertrag aufgezählten Geschäften - Zielschuldverhältnisse im Allgemeinen (betragsmäßig unbeschränkt) keiner Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen und insofern ein - nicht unwesentlicher - Teil der möglichen Geschäftstätigkeit der A satzungsgemäß keiner Kontrolle durch den Aufsichtsrat unterliegt.

 

Der (sechsköpfige) Aufsichtsrat der A wird von den beiden Gemeindeverbänden, die je zur Hälfte die Anteile an der A halten, beschickt. Dass der Aufsichtsrat somit aus Vertretern der (die Anteile haltenden) öffentlichen Stellen besteht, deutet nach der Rsp des EuGH darauf hin, dass sie dieses Beschlussorgan beherrschen und damit in der Lage sind, sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf wichtige Entscheidungen der A ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen. Dabei handelt es sich aber nur - wie sich der Rsp des EuGH entnehmen lässt - um ein weiteres Indiz im Rahmen einer notwendigen Gesamtbetrachtung.

 

Daneben misst der EuGH dem Umstand Bedeutung bei, ob die Gesellschaft eine Marktausrichtung und ein Maß an Selbständigkeit erworben hat, aufgrund derer eine Kontrolle durch die ihr angeschlossenen Stellen als nicht gesichert erscheint. Ist nach dem Gesellschaftszweck von einer Marktausrichtung auszugehen, die sich räumlich und inhaltlich vom Zweck der Verwaltung öffentlicher Dienstleistungen für die beteiligten Gemeinden entfernt und Verbindungen zu Unternehmen des Privatsektors ermöglicht, die für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen nicht notwendig sind, spricht dies nach Ansicht des EuGH gegen eine gesicherte Kontrolle durch die öffentlichen Stellen, und zwar selbst dann, wenn diese grundsätzlich über die Mitglieder der Beschlussorgane Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen nehmen können. Dem scheint die Überlegung zugrunde zu liegen, dass eine offensive - über die Besorgung von Angelegenheiten der öffentlichen Stellen hinausgehende - Marktausrichtung tendenziell ein höheres Maß an Selbständigkeit und Handlungsfreiheit der Gesellschaft bewirkt, weil sie sich damit von den Interessen dieser öffentlichen Stellen abkoppelt (vgl dazu das Urteil vom 11. Mai 2006, Rs C-340/04, Carbotermo und Consorzio Alisei, RNr 61: "Denn einem Unternehmen fehlt es nicht unbedingt allein deshalb an Handlungsfreiheit, weil die es betreffenden Entscheidungen von der Körperschaft kontrolliert werden, die seine Anteile innehat, sofern es noch einen bedeutenden Teil seiner wirtschaftlichen Tätigkeit mit anderen Wirtschaftsteilnehmern abwickeln kann"). Insofern kommt der Marktausrichtung schon im Rahmen dieses Kriteriums (und nicht nur in Bezug auf das weitere Beurteilungskriterium, wonach Leistungen der Gesellschaft im Wesentlichen für die öffentlichen Stellen, die ihre Anteile innehaben, erbracht werden müssen) Bedeutung zu.

 

Der Gesellschaftsvertrag der A legt deren Unternehmensgegenstand dahingehend fest, dass die Gesellschaft die Errichtung und den Betrieb von Anlagen und Einrichtungen sowie die Durchführung von Maßnahmen zum Zweck der Besorgung der Abfallwirtschaft zur Aufgabe hat. Zu diesem Zweck kann sich die A an anderen Gesellschaften beteiligen, Geschäftsführungen für andere Gesellschaften und für Gemeindeverbände besorgen, mit anderen Entsorgungsträgern kooperieren und die Abfallwirtschaft vertraglich für Gemeinden, Gemeindeverbände, das Land oder den Bund besorgen.

 

Eine räumliche Beschränkung dieser Dienstleistungen auf den Bereich der die Anteile an der A innehabenden Gemeindeverbände findet nicht statt. Räumlich und inhaltlich wirken die Tätigkeiten der Gesellschaft somit - satzungsgemäß - über das Gebiet und den Markt der öffentlichen Stellen, die ihre Anteile innehaben, hinaus.

 

Nach dem Gesellschaftsvertrag gehören zum Unternehmensgegenstand weiters die Organisation und die Durchführung von Abfallberatungsdiensten und Förderungsmaßnahmen, die ebenfalls über den Bereich der beiden Eigentümergemeindeverbände hinausgehen und von privaten und öffentlichen Betrieben beauftragt werden können.

 

Demnach spricht die Ausrichtung der Gesellschaft nach ihrem Unternehmenszweck im Lichte der Rsp des EuGH dafür, die Kontrollmöglichkeit der öffentlichen Stellen über die Gesellschaft als nicht gesichert anzusehen.

 

Hinzu kommt, dass die von der belangten Behörde festgestellte Tatsache, der Aufsichtsrat der A sei (beispielsweise) mit der diesem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Auftragsvergabe - trotz eines entsprechenden Auftragsvolumens - nicht befasst worden, Zweifel daran aufkommen lässt, dass die in der Satzung vorgesehenen Kontrollmechanismen tatsächlich greifen.

 

Insgesamt kann der belangten Behörde daher - unter Würdigung des in der Rsp des EuGH ebenfalls dargelegten Grundsatzes, dass jede Ausnahme von der Geltung der Verpflichtung für öffentliche Auftraggeber, die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften (des Vergaberechtes) anzuwenden, eng auszulegen sei - im Ergebnis nicht entgegen getreten werden, wenn sie die nach § 10 Z 7 lit a BVergG 2006 erforderliche Kontrolle über die A als nicht gegeben ansah.

 

Zum Kriterium des § 10 Z 7 lit b BVergG 2006 (Tätigkeit im Wesentlichen für den Inhaber der Anteile):

 

Aber selbst wenn das Kriterium des § 10 Z 7 lit a BVergG 2006 als erfüllt angesehen würde, wäre - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - zu verneinen, dass die A ihre Leistungen im Wesentlichen für den oder die öffentlichen Auftraggeber erbringt, die ihre Anteile innehaben oder aus denen sie sich zusammensetzt (§ 10 Z 7 lit b BVergG 2006).

 

Das Erfordernis, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaft oder die Körperschaften verrichten muss, die ihre Anteile innehaben, soll nach der Rsp des EuGH insbesondere sicherstellen, dass die einschlägigen Vergaberichtlinien anwendbar bleiben, wenn ein von einer oder mehreren Körperschaften kontrolliertes Unternehmen auf dem Markt tätig ist und damit mit anderen Unternehmen in Wettbewerb treten kann.

 

Dass das fragliche Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaften verrichtet, die seine Anteile innehaben, lässt sich dann annehmen, wenn das Unternehmen hauptsächlich für diese Körperschaft tätig wird und jede andere Tätigkeit rein nebensächlich ist. Um zu beurteilen, ob dies der Fall ist, müssen alle - qualitativen wie quantitativen - Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden.

 

Die belangte Behörde verneinte dieses Kriterium unter Hinweis darauf, dass die A nur ca 85 % ihrer Tätigkeit für die Eigentümerinnen erbringe (erkennbar gemeint: 85 % der Umsätze aus Tätigkeiten für die beiden Gemeindeverbände erziele); dies reiche für die Erfüllung des Kriteriums nach § 10 Z 7 lit b BVergG 2006 umso weniger aus, als die A eine (weitergehende) überregionale Tätigkeit für die Zukunft ausdrücklich anstrebe.

 

Die Bf macht geltend, dass der festgestellte Anteil an Umsätzen für die Eigentümerinnen nicht ausschließe, das Kriterium des § 10 Z 7 lit b BVergG 2006 als erfüllt anzusehen. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde - neben dem quantitativen Merkmal des Umsatzes - auch eine Würdigung des qualitativen Tätigwerdens der A für die Gemeinden der betroffenen Gemeindeverbände vornehmen müssen. Die Gründung der A sei ua zu dem Zweck erfolgt, gemeinsam Abfallangelegenheiten zu erledigen und dabei Synergieeffekte zu nutzen. Dass die A darüber hinaus auch auf dem freien Markt tätig werde (zB mit dem "Öli-Kübel"-System) und Erlöse zugunsten der öffentlichen Hand erziele, sei lobenswert und komme den Gemeindebürgern zugute. Das ändere am Hauptzweck der Gesellschaft nichts. Es sei ein Verfahrensmangel, dass die belangte Behörde diese Tatsache nicht in die Beurteilung einfließen habe lassen.

 

Ohne auf das bestreitende Vorbringen der Mitbeteiligten in ihrer Gegenschrift näher einzugehen, ist dem Beschwerdevorbringen zu erwidern, dass schon der Unternehmenszweck - wie bereits dargelegt worden ist - nicht bloß die Abfallentsorgung im Gebiet der Eigentümergemeindeverbände umfasst und die praktische Geschäftstätigkeit der A (und ihrer Tochtergesellschaften) über den in der Beschwerde behaupteten Hauptzweck der Gesellschaftsgründung nicht unwesentlich hinausgeht. Tatsächlich übt die Gesellschaft - im Wege der Beteiligung an zwei Tochtergesellschaften - Geschäftstätigkeiten im Abfallwirtschaftsbereich aus, die zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil nicht die Eigentümergemeindeverbände, sondern eine andere Kommune (I) betreffen (Deponie Ah). Überdies betreibt sie nach den Feststellungen der belangten Behörde Umweltberatung, die nicht auf den Bereich beider Gemeindeverbände, die ihre Anteile innehaben, beschränkt ist. Auch über ihre (100 %ige) Tochtergesellschaft A Umwelttechnik, die der Entwicklung und Vermarktung umweltrelevanter Technologien dient, entfaltet sie eine überregionale Tätigkeit, die - nach den Feststellungen der belangten Behörde - in Zukunft noch weiter ausgebaut werden soll.

 

Es kann daher nicht erkannt werden, dass eine qualitative Bewertung der Tätigkeiten der A zu einer anderen Beurteilung führen hätte müssen, als die belangte Behörde sie unter Berücksichtigung der quantitativen Aspekte (Umsätze) vorgenommen hat.