30.05.2012 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Vollstreckung von Geldstrafen gem § 54b VStrG

Zur Beurteilung der Frage, ob nach dem VStG verhängte Geldstrafen (Kosten) zwangsweise eingebracht werden dürfen, ist § 14 Abs 1 VStG, welcher eine lex specialis zu § 2 Abs 2 VVG darstellt, anzuwenden


Schlagworte: Vollstreckung von Geldstrafen, Kosten, notwendiger Unterhalt
Gesetze:

§ 54b VStG, § 14 VStG, § 2 AVG, § 64 VStG, § 63 ZPO

GZ 2009/17/0037, 15.03.2012

 

VwGH: Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind nach § 54b Abs 1 VStG zu vollstrecken.

 

Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist nach § 54b Abs 2 VStG die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

 

Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde nach § 54b Abs 3 VStG auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.

 

Geldstrafen dürfen nach § 14 Abs 1 VStG nur insoweit zwangsweise eingebracht werden, als dadurch weder der notwendige Unterhalt des Bestraften und derjenigen, zu deren Unterhalt ihn das Gesetz verpflichtet, noch die Erfüllung der Pflicht, den Schaden gutzumachen, gefährdet wird.

 

Nach § 64 Abs 5 VStG findet § 14 Abs 1 VStG sinngemäß auch für die Kosten des Strafverfahrens Anwendung.

 

Die Einhaltung der Vorschriften des § 14 Abs 1 VStG hat die Behörde nicht bei der Strafbemessung, sondern erst im Zuge der Vollstreckung der Geldstrafe zu beachten.

 

Geldleistungen dürfen nach § 2 Abs 2 VVG aF nur insoweit zwangsweise eingebracht werden, als dadurch der notdürftige Unterhalt des Verpflichteten und der Personen, für die er nach dem Gesetz zu sorgen hat, nicht gefährdet wird.

 

Die Zuständigkeit zur Vollstreckung der Geldstrafen sowie das einzuhaltende Verfahren richten sich nach dem VVG. Das VStG trifft dazu jedoch einige ergänzende Regelungen. Darunter zählt auch § 14 Abs 1 VStG.

 

Daraus ergibt sich, dass - anders als dies offenbar die belangte Behörde vermeint - zur Beurteilung der Frage, ob nach dem VStG verhängte Geldstrafen (Kosten) zwangsweise eingebracht werden dürfen, § 14 Abs 1 VStG, welcher eine lex specialis zu § 2 Abs 2 VVG darstellt, anzuwenden ist.

 

§ 14 Abs 1 VStG bezweckt, den notwendigen Unterhalt vor der zwangsweisen Einbringung von Strafen (Kosten) zu schützen, während § 2 Abs 2 VVG aF lediglich auf den notdürftigen Unterhalt abstellt.

 

Als notwendiger Unterhalt ist nach § 63 ZPO derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.

 

Es ist unter dem notwendigen Unterhalt mehr als der notdürftige Unterhalt, aber weniger als der standesgemäße Unterhalt zu verstehen. Es ist der Unterhalt, der zu einer einfachen Lebensführung benötigt wird, während der notdürftige Unterhalt jener ist, der zur bescheidensten Lebensführung gerade noch ausreicht.

 

Daraus folgt aber für den Beschwerdefall, dass die belangte Behörde ihre Prüfung nicht bloß auf den notdürftigen Unterhalt hätte beschränken dürfen. Vielmehr hätte sie auf den notwendigen Unterhalts abstellen müssen.

 

Darüber hinaus hat die belangte Behörde aber auch nicht begründet, aufgrund welcher Feststellungen und Überlegungen sie zu dem Schluss gekommen ist, es würde durch die zwangsweise Einbringung der Strafe (Kosten) der notdürftige Unterhalt des Bf nicht gefährdet. Die bloße Aussage, dass dadurch das - im Übrigen nicht näher bestimmte - Existenzminimum des Bf nicht unterschritten werde, versetzt den VwGH noch nicht in die Lage, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen.