27.06.2012 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Rechtsschutz gegen Aufnahmen in das Strafregister (iZm ausländischer Verurteilung) – Feststellung gem § 8 StRegG

§ 8 StRegG bietet keine Möglichkeit, im Rahmen eines solchen Feststellungsverfahrens vor dem Bundesministerium für Inneres die Überprüfung der materiellen Richtigkeit des Strafurteils oder einer darauf bezogenen Gerichtsentscheidung herbeizuführen und die allfällige Löschung der Speicherung einer (nicht getilgten) Verurteilung ohne gerichtliche Anordnung zu erwirken; das StRegG sieht weder vor, dass eine ausländische Beschränkung der Auskunft die Aufnahme einer rechtskräftigen Verurteilung durch ausländische Strafgerichte in das Strafregister gem § 2 Abs 1 Z 2 StRegG unzulässig macht, noch dass für den Fall des Vorliegens einer derartigen Auskunftsbeschränkung eine diesbezügliche Löschungsverpflichtung besteht


Schlagworte: Strafregister, Rechtsschutz, Feststellung, ausländische Verurteilung, ausländische Auskunftsbeschränkung
Gesetze:

§ 8 StRegG, § 2 StRegG, § 7 TilgG, § 6 TilgG

GZ 2011/01/0186, 19.04.2012

 

Mit seit 20. November 2007 rechtskräftigem Urteil des "Tribunale Ordinario di Como" (Italien) vom 16. Februar 2007, Zl 398/2007, wurde der Bf, ein österreichischer Staatsbürger, wegen näher bezeichneter strafbarer Handlungen (Bildung einer kriminellen Vereinigung und fortgesetzter gemeinschaftlicher Betrug) für schuldig erkannt. Über ihn wurde eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und drei Monaten sowie eine Geldstrafe iHv EUR 1.600,-- verhängt, wobei Teile der genannten Sanktionen bedingt nachgesehen wurden. Diese Verurteilung scheint im (österreichischen) Strafregister auf.

 

VwGH: Das in § 8 StRegG geregelte Rechtsschutzverfahren ermöglicht die Überprüfung der Zulässigkeit, Richtigkeit und Vollständigkeit einer Registereintragung zum Zeitpunkt der Antragstellung durch das Bundesministerium für Inneres. Die Beurteilung der Unbedenklichkeit des Datenbestandes ist jedoch auf die Frage des Vorliegens eines allfälligen, (primär) im Bereich der Strafregisterbehörde unterlaufenen Fehlers der Eintragung beschränkt. Das Gesetz bietet jedoch keine Möglichkeit, im Rahmen eines solchen Feststellungsverfahrens vor dem Bundesministerium für Inneres die Überprüfung der materiellen Richtigkeit des Strafurteils oder einer darauf bezogenen Gerichtsentscheidung herbeizuführen und die allfällige Löschung der Speicherung einer (nicht getilgten) Verurteilung ohne gerichtliche Anordnung zu erwirken.

 

Der Bf stützt sein Begehren auf Feststellung, dass die Aufnahme der ausländischen Verurteilung in das Strafregister unrichtig erfolgt bzw unzulässig gewesen (und zu löschen) sei, ausschließlich darauf, dass diesbezüglich in Italien eine Auskunftsbeschränkung bestehe.

 

Dazu ist festzuhalten, dass das StRegG weder vorsieht, dass eine derartige Auskunftsbeschränkung die Aufnahme einer rechtskräftigen Verurteilung durch ausländische Strafgerichte in das Strafregister gem § 2 Abs 1 Z 2 StRegG unzulässig macht, noch dass für den Fall des Vorliegens einer derartigen Auskunftsbeschränkung eine diesbezügliche Löschungsverpflichtung besteht. Eine derartige Auskunftsbeschränkung zählt auch nicht zu jenen Entscheidungen, Verfügungen und Mitteilungen ausländischer Organe, die nach Maßgabe des § 2 Abs 1 Z 6 StRegG in das Strafregister aufzunehmen sind, weil sie den in Z 4 und 5 des § 2 Abs 1 StRegG genannten Entschließungen, Entscheidungen und Mitteilungen gleichstehen. Schon von daher ist nicht ersichtlich, dass die belangte Behörde im Rahmen des Verfahrens nach § 8 StRegG bei der Überprüfung der Zulässigkeit, Richtigkeit und Vollständigkeit einer Registereintragung geirrt hätte.

 

Soweit in der Beschwerde geltend gemacht wird, § 7 Abs 3 TilgG sei so auszulegen, dass eine ausländische Beschränkung der Auskunft auch für Österreich zu gelten habe, da nach dem Recht des Staates, in dem die Verurteilung erfolgt sei, eine beschränkte Auskunftspflicht bestehe, so wird damit eine (im Rahmen des Verfahrens nach § 8 StRegG aufzugreifende) Unrichtigkeit des Strafregisters nicht einmal behauptet. Im Übrigen steht einer derartigen Auslegung aber der insofern klare Gesetzeswortlaut entgegen, zumal § 7 Abs 3 TilgG (nur) auf die Tilgung ausländischer Verurteilungen Bezug nimmt und § 6 TilgG, der die Beschränkung der Auskunft regelt, eine dem § 7 Abs 3 leg cit vergleichbare Regelung gerade nicht enthält. Demnach sind Beschränkungen der Auskunft hinsichtlich ausländischer Verurteilungen, die nach dem Recht des betreffenden ausländischen Staates von vornherein gegeben oder später eingetreten sind, für den österreichischen Rechtsbereich nicht zu berücksichtigen.

 

Wenn der Bf in diesem Zusammenhang geltend macht, "dass im Hinblick auf die Gleichstellung von Staatsbürgern in der Europäischen Union" die Aufnahme seiner Verurteilung in das österreichische Strafregister unzulässig sei, weil er in der italienischen Strafregisterbescheinigung als unbescholten aufscheint, ist schließlich darauf hinzuweisen, dass dem Unionsrecht kein diesbezüglicher Grundsatz zu entnehmen ist. Der Rahmenbeschluss 2009/315/JI des Rates der Europäischen Union vom 26. Februar 2009, ABl L 93/23, der in seinem Art 5 Regelungen über die Aufnahme ausländischer Verurteilungen in das Strafregister des Herkunftsstaates eines Unionsbürgers trifft, ist erst bis zum 27. April 2012 umzusetzen, weshalb er im gegenständlichen Fall ohne Bedeutung ist; es kann daher dahingestellt bleiben, ob diesem Rahmenbeschluss ein diesbezüglicher Grundsatz zu entnehmen ist.