11.07.2012 Wirtschaftsrecht

VwGH: Zusendung unerbetener SMS gem § 107 Abs 2 TKG – Zurechnung der vorherigen Einwilligung des früheren Anschlussinhabers?

Willenserklärungen anderer Personen muss sich der Empfänger (nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen) nur dann zurechnen lassen, wenn er diese Personen mit der Abgabe derartiger Erklärungen (in seinem Namen) bevollmächtigt oder insofern zumindest den Anschein der Bevollmächtigung erweckt hätte


Schlagworte: Telekommunikationsrecht, unerbetene Nachrichten, vorherige Einwilligung des früheren Anschlussinhabers, konkludent
Gesetze:

§ 107 Abs 2 TKG, § 109 TKG

GZ 2010/03/0056, 24.05.2012

 

VwGH: Gem § 107 Abs 2 TKG ist die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig wenn 1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder 2. an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

 

Nach § 107 Abs 3 TKG ist eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post gem § 107 Abs 2 leg cit nicht notwendig, wenn 1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht iZm dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und 2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und 3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und 4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die im § 7 Abs 2 ECG genannte Liste, abgelehnt hat.

 

Die Beschwerde macht zunächst geltend, in keiner der dem Bf behördlich bekannt gegebenen 18 SMS scheine die Telefonnummer des Empfängers auf. Es sei für den Bf nicht nachvollziehbar, wie viele SMS dem Empfänger tatsächlich übermittelt worden seien und auf welcher Grundlage die belangte Behörde den Bf wegen Übermittlung von 18 SMS bestraft habe.

 

Dieses Vorbringen verkennt, dass dem Bf schon in der erstinstanzlichen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. Februar 2009 bekannt gegeben wurde, dass von seinem Unternehmen an ein- und denselben Telefonanschluss (mit einer näher bezeichneten Telefonnummer) 18 SMS versendet worden seien, deren Inhalt auch präzise angeführt wurde. Dass der Bf in Anbetracht dieses Vorhaltes über den Tatvorwurf im Unklaren gelassen worden wäre, ist nicht nachzuvollziehen. Es ist auch nicht verständlich, wenn die Beschwerde die Beweisgrundlage für die festgestellten 18 SMS in Frage stellt, zumal diesen Feststellungen nach der Aktenlage jeweils Anzeigen des Empfängers zugrunde lagen. Auch hatte der Bf den Umstand, dass die SMS von seinem Unternehmen an diesen Telefonanschluss versandt worden sind, im Verfahren nicht bestritten, sondern sich damit gerechtfertigt, dafür die Einwilligung des Empfängers gehabt zu haben.

 

Letzteres, nämlich die Einwilligung des Empfängers zur Übersendung elektronischer Post, wird von der belangten Behörde in Zweifel gezogen. Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides hat der aktuelle Inhaber des Telefonanschlusses jedenfalls keine Einwilligung erteilt; auch hinsichtlich des früheren Anschlussinhabers sei der Bf einen diesbezüglichen Nachweis schuldig geblieben.

 

Die Beschwerde behauptet nicht, dass der Empfänger der SMS, also der aktuelle Inhaber des Telefonanschlusses, selbst die Einwilligung zum Empfang elektronischer Post erteilt habe. Sie vertritt jedoch die Ansicht, dass - entgegen den Feststellungen der belangten Behörde - eine stillschweigende Zustimmung des früheren Anschlussteilnehmers zum Empfang derartiger SMS (durch Drücken der Sterntaste) erteilt worden sei. Der nachfolgende Anschlussteilnehmer müsse sich sämtliche Erklärungen seines Vorgängers entgegenhalten lassen, weil der Bf vom Wechsel der Anschlussteilnehmer nicht informiert worden sei. Es könne nicht dem Bf angelastet werden, dass der frühere Anschlussteilnehmer unterlassen habe, vor Abmeldung seines Mobiltelefonanschlusses diesen Umstand dem "Unternehmer des Bf" bekannt zu geben. Die belangte Behörde hätte daher nach Auffassung des Bf weitere Ermittlungen darüber anstellen müssen, dass der frühere Anschlussteilnehmer der Zusendung von SMS zugestimmt habe; sie hätte anschließend feststellen müssen, dass der Vorgänger des nunmehrigen Anschlussnehmers die Sterntaste seines Mobiltelefons gedrückt habe, um die Zustimmung zur Übermittlung von SMS zu erteilen, und dass für das Unternehmen des Bf daher kein vernünftiger Grund bestanden habe, an der Einwilligung des Empfängers der SMS zu zweifeln. Von einem Verschulden des Bf könne nicht ausgegangen werden. Im gegenständlichen Fall handle es sich um eine automationsunterstützte Computeranlage, die die SMS versende und der Empfänger habe im Falle, dass er die Übermittlung der SMS nicht wünsche, die Möglichkeit, die Stopp-Taste zu drücken und damit eine Zusendung sofort zu unterbinden.

 

Nach § 107 Abs 2 TKG ist die Zusendung elektronischer Post (einschließlich SMS) zu Zwecken der Direktwerbung (die im gegenständlichen Fall unstrittig vorlag) ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig. Als Empfänger ist jene Person anzusehen, dem der Telefonanschluss, an den die unerbetene elektronische Post gesendet wird, zugeordnet ist. Dass der Teilnehmer, dem der gegenständliche Telefonanschluss im Zeitpunkt der Übermittlung der strittigen SMS zugeordnet war (M S), dieser Vorgangsweise vorher zugestimmt hätte, ist nach den insofern unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zu verneinen. Ausgehend davon kann sich der Bf nicht darauf berufen, vom Empfänger der gegenständlichen SMS die vorherige Zustimmung zu ihrer Übersendung erhalten zu haben.

 

Die Behauptung des Bf, der Empfänger müsse sich die angebliche Einwilligung des früheren Anschlussinhabers zurechnen lassen, solange dem Absender der SMS nicht bekannt geworden sei, dass ein Teilnehmerwechsel stattgefunden habe, ist unzutreffend. Bei der erforderlichen Zustimmung handelt es sich um eine Willenserklärung des (zukünftigen) Empfängers elektronischer Post.

 

Willenserklärungen anderer Personen muss sich der Empfänger (nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen) nur dann zurechnen lassen, wenn er diese Personen mit der Abgabe derartiger Erklärungen (in seinem Namen) bevollmächtigt oder insofern zumindest den Anschein der Bevollmächtigung erweckt hätte. Keine dieser Voraussetzungen wird vom Bf im gegenständlichen Fall aber dargetan. Der Empfänger steht mit dem früheren Anschlussinhaber auch in keinem Rechtsverhältnis, das es rechtfertigen würde, ihn als dessen Rechtsnachfolger anzusehen. Selbst wenn der frühere Teilnehmer seine Zustimmung zur Zusendung von SMS erteilt haben sollte, wirkt diese Einwilligung für den Empfänger M S daher nicht (weiter).