20.03.2013 Sicherheitsrecht

VwGH: Zur Frage, ob der Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juli 2000, mit dem die Zivildienstpflicht des Bf ab 30. Juni 2000 festgestellt und ihm der Erwerb und Besitz von genehmigungspflichtigen Schusswaffen untersagt wurde, der beantragten Ausstellung einer Waffenbesitzkarte ungeachtet dessen entgegensteht, dass mit Bescheid der Zivildienstverwaltungs-GmbH vom 31. Mai 2005 die Nichteignung des Bf zum Zivildienst auf Dauer festgestellt wurde

Da der Weiterbestand der Zivildienstpflicht (auch) davon abhängt, dass der Zivildienstpflichtige weiterhin tauglich zum Wehrdienst ist, muss davon ausgegangen werden, dass die Zivildienstpflicht des Bf - ungeachtet dessen, dass sie gem § 21 Abs 3 ZDG im Regelfall erst mit Vollendung des 50. Lebensjahres endet - erloschen ist; der Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juli 2000, mit dem dem Bf Erwerb und Besitz genehmigungspflichtiger Waffen für die Dauer der Zivildienstpflicht untersagt wurde, steht der beantragten Ausstellung einer Waffenbesitzkarte daher nicht (mehr) entgegen


Schlagworte: Waffenrecht, Antrag auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte, Zivildienstrecht, nachträgliche Untauglichkeit
Gesetze:

§ 21 WaffG, § 5 ZDG, § 12 ZDG, § 56 ZDG, § 75b ZDG

GZ 2010/03/0106, 30.01.2013

 

VwGH: Der Zivildienst war (§ 2 Abs 1 ZDG in der Stammfassung) und ist (§ 1 Abs 1 ZDG idgF) als Ersatzdienst für den Fall der Verweigerung der Erfüllung der Wehrpflicht aus Gewissensgründen konzipiert (vgl auch Art 9a Abs 3 bzw (nunmehr) Abs 4 B-VG). Zivildienstpflichtig kann demnach nur der taugliche Wehrpflichtige werden: Eine Zivildiensterklärung können nur zum Wehrdienst für tauglich Befundene abgeben (§ 2 bzw § 1 Abs 1 ZDG). Nur eine "mängelfreie" Zivildiensterklärung des Wehrpflichtigen befreit diesen von der Wehrpflicht und macht zivildienstpflichtig (§ 2 Abs 4 erster Satz ZDG (nunmehr: § 1 Abs 4 erster Satz ZDG)). Eine Zivildiensterklärung ist (ua) dann mangelhaft, wenn feststeht, dass der Wehrpflichtige für den Wehrdienst nicht tauglich ist (§ 5a Abs 3 Z 1 ZDG). In einem derartigen Fall wäre vom Bundesminister für Inneres in dem mit § 5a Abs 4 ZDG zu erlassenden Bescheid festzustellen, dass Zivildienstpflicht nicht eingetreten ist.

 

Hinsichtlich der Frage, was zu gelten hat, wenn die Untauglichkeit des Wehr- bzw Zivildienstpflichtigen nachträglich (also nach Feststellung der Tauglichkeit zum Wehrdienst und nach der durch Bescheid des Bundesministers für Inneres gem § 5a Abs 4 ZDG erfolgten Feststellung, dass Zivildienstpflicht eingetreten ist) eintritt, hat der VwGH im Erkenntnis vom 28. September 1993, 92/11/0288, Folgendes ausgeführt:

 

"Aus dem Charakter des Zivildienstes als Ersatzdienst folgt zwangsläufig, dass ebenso wie ihr Entstehen auch der Weiterbestand der Zivildienstpflicht davon abhängt, dass der Zivildienstpflichtige weiterhin tauglich zum Wehrdienst ist. Fällt diese Eignung nachträglich weg, so geht damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Zivildienst unter.

 

Dem steht die stRsp des VwGH zur Bindungswirkung aufrechter Beschlüsse von Stellungskommissionen über die Tauglichkeit Wehrpflichtiger nicht entgegen. Dieser Rsp liegen ausschließlich Fälle zugrunde, in denen es um die Beurteilung der Tauglichkeit von Wehrpflichtigen ging. Wehrpflichtigen ist durch § 24 Abs 8 WG die Möglichkeit eingeräumt, bei Vorliegen von Anhaltspunkten für eine Änderung ihrer Eignung zum Wehrdienst eine neuerliche Stellung zu beantragen und damit diese Frage neu aufzurollen. Eine vergleichbare Bestimmung findet sich im ZDG nicht. Zivildienstpflichtige haben auch nicht die Möglichkeit, eine neuerliche Stellung gem § 24 Abs 8 WG zu beantragen, da sie nicht Wehrpflichtige sind. Bejahte man nun auch bei einem Zivildienstpflichtigen die Bindung an den aufrechten Beschluss der Stellungskommission über seine Tauglichkeit in dem Sinne, dass auch eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes für die Zivildienstbehörde unbeachtlich wäre, so könnte diese Frage nie mehr aufgerollt werden. Damit könnte ein Zivildienstpflichtiger, der nachträglich untauglich zum Wehrdienst geworden und damit nicht mehr zur Leistung von Zivildienst verpflichtet ist, dessen ungeachtet unter Hinweis auf die bestehende Bindungswirkung des seine Tauglichkeit feststellenden Beschlusses der Stellungskommission zur Leistung von Zivildienst zugewiesen werden. Ein derartiges Ergebnis widerspräche dem verfassungsgesetzlich vorgezeichneten Charakter des Zivildienstes als Ersatzdienst. Aus diesen Erwägungen steht bei Zivildienstpflichtigen der Beschluss der Stellungskommission über die Tauglichkeit zum Wehrdienst der Beurteilung dieser Frage durch die Zivildienstbehörde nicht entgegen."

 

Im Beschwerdefall steht auf Grund des vom Bf vorgelegten Bescheids der Zivildienstverwaltungs GmbH vom 31. Mai 2005 die "gesundheitliche Nichteignung (des Bf) zur Leistung jedes Zivildienstes auf Dauer" fest.

 

Vor diesem Hintergrund ist - im Lichte der Rsp des VwGH zur Beurteilung der Tauglichkeit zum Wehrdienst einerseits und der Eignung zur Erbringung von Leistungen im Rahmen des Zivildienstes andererseits - auf Basis der Aktenlage der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen, dass der Bf auch zum Wehrdienst nicht tauglich ist.

 

Da aber, wie ausgeführt, der Weiterbestand der Zivildienstpflicht (auch) davon abhängt, dass der Zivildienstpflichtige weiterhin tauglich zum Wehrdienst ist, muss davon ausgegangen werden, dass die Zivildienstpflicht des Bf - ungeachtet dessen, dass sie gem § 21 Abs 3 ZDG im Regelfall erst mit Vollendung des 50. Lebensjahres endet - erloschen ist.

 

Der Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juli 2000, mit dem dem Bf Erwerb und Besitz genehmigungspflichtiger Waffen für die Dauer der Zivildienstpflicht untersagt wurde, steht der beantragten Ausstellung einer Waffenbesitzkarte daher nicht (mehr) entgegen.