10.07.2013 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Telefonmarketing und Unterdrücken der Rufnummer iSd § 107 Abs 1a TKG – Mitsenden der Rufnummer des Auftraggebers?

Wer einen Anruf zu Werbezwecken tätigt, darf weder die Anzeige seiner Rufnummer unterdrücken, noch darf er eine andere Rufnummer mitsenden


Schlagworte: Telekommunikationsrecht, unerbetene Nachrichten, Telefonanrufe zu Werbezwecken, Unterdrücken der Rufnummer, Mitsenden der Rufnummer des Auftraggebers
Gesetze:

§ 107 TKG, § 109 TKG

GZ 2013/03/0052, 22.05.2013

 

VwGH: Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage geben für die Einführung des § 107 Abs 1a TKG 2003 folgende Begründung:

 

"Anonymes Auftreten ist ein häufiger unseriöser Aspekt von Telefonmarketing. Da betroffene Teilnehmer keine verwertbaren Strafanzeigen erstatten können, entziehen sich die Initiatoren der Anrufe damit erfolgreich der Rechtsverfolgung. Eine Offenlegung des Namens oder der Firma des Unternehmers sowie des geschäftlichen Zwecks des Gesprächs ist bereits nach den Bestimmungen des Fernabsatzrechtes zwingend und ein Zuwiderhandeln mit Verwaltungsstrafe bedroht. Diese Bestimmungen sollen nun durch korrespondierende Bestimmungen im TKG 2003 gestützt werden.

 

Zu diesem Zweck soll die Unterdrückung und Verfälschung der Rufnummernanzeige untersagt werden."

 

Die Beschwerde zieht nicht in Streit, dass bei dem verfahrensgegenständlichen Anruf nicht die Rufnummer der anrufenden EC GmbH, sondern eine Rufnummer der ES GmbH mitgesendet wurde.

 

Der Bf erachtet jedoch die Rechtsansicht der belBeh, wonach bereits dann eine Verfälschung der Rufnummernanzeige iSd § 107 Abs 1a TKG 2003 vorliege, wenn ein Callcenter nicht die eigene Rufnummer, sondern die Rufnummer jenes Unternehmens mitsende, für das geworben werde, als unzutreffend.

 

Im Verwaltungsstrafrecht sei allein der Gesetzeswortlaut maßgebend. Gemäß dem Wortlaut des § 107 Abs 1a TKG 2003 dürfe bei Telefonanrufen zu Werbezwecken die Rufnummernanzeige durch den Anrufer nicht unterdrückt oder verfälscht werden. Aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung könne nicht geschlossen werden, dass der Anrufer seine eigene Rufnummer mitsenden müsse. Die EC GmbH als Callcenter der ES GmbH habe daher schon deshalb nicht gegen § 107 Abs 1a TKG 2003 verstoßen, weil sie bei einem Anruf zu Werbezwecken der ES GmbH die Rufnummer der ES GmbH mitgesendet habe.

 

Das Gesetz untersagt dem zu Werbezwecken Anrufenden, die Rufnummernanzeige - also nach § 104 TKG 2003 die "Anzeige der Rufnummer des Anrufenden" - zu unterdrücken oder zu verfälschen. Wer einen Anruf zu Werbezwecken tätigt, darf daher weder die Anzeige seiner Rufnummer unterdrücken, noch darf er eine andere Rufnummer mitsenden. Wie sich aus den unstrittigen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ergibt, wurde bei dem verfahrensgegenständlichen Anruf nicht die Rufnummer des Anrufenden - der EC GmbH, deren Geschäftsführer der Bf ist - mitgesandt, sondern die Rufnummer der ES GmbH. Entgegen der Ansicht des Bf wurde damit genau der im Gesetz umschriebene Straftatbestand des Verfälschens der Rufnummernanzeige verwirklicht.

 

Der Bf meint, dass es Zweck der Regelung des § 107 Abs 1a TKG 2003 sei, Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers - also anonyme "Telefonkeilerei" - zu verhindern. Zur Erreichung dieses Zwecks sollten die Initiatoren der Anrufe nach § 107 Abs 1a TKG 2003 bestraft werden können, wenn es auf Grund einer unterdrückten oder verfälschten Rufnummernanzeige zu einem anonymen Anruf zu Werbezwecken gekommen sei. Die Behörde habe daher im Verwaltungsstrafverfahren festzustellen, ob es auf Grund der mitgesendeten Rufnummer zu einem anonymen Anruf zu Werbezwecken gekommen sei. Genau das treffe aber im gegenständlichen Fall nicht zu. Der verfahrensgegenständliche Anruf zu Werbezwecken der ES GmbH sei - unter Einhaltung aller Vorgaben des Fernabsatzgesetzes - von der EC GmbH für die ES GmbH durchgeführt worden. Bei diesem Anruf sei von der EC GmbH die Rufnummer der ES GmbH mitgesendet worden, für die geworben worden sei. Es sei daher zu keinem anonymen Anruf zu Werbezwecken gekommen.

 

Selbst wenn man - wie die belBeh - den Zweck der Regelung des §107 Abs 1a TKG 2003 auf "verwertbare Strafanzeigen" reduzieren wolle, sei diesem Zweck von der EC GmbH entsprochen worden. Dies deshalb, weil die Rufnummer der ES GmbH, für die geworben worden sei, mitgesendet worden sei. Es wäre daher jederzeit möglich gewesen, ein allfälliges Verwaltungsstrafverfahren gegen ES GmbH einzuleiten, sodass dem Zweck des § 107 Abs 1a TKG 2003 entsprochen worden sei.

 

§ 107 Abs 1a TKG 2003 stellt weder darauf ab, ob im Falle eines Anrufs zu Werbezwecken der Anrufende tatsächlich (etwa aufgrund von Angaben während des Telefonats) identifiziert werden kann, noch ob der Angerufene gegenüber dem Anrufenden - oder, wie der Bf offenbar meint, gegenüber einem anderen Unternehmen, für das der Anrufende wirbt - seine Einwilligung in Werbeanrufe gegeben hat. § 107 Abs 1a iVm § 109 Abs 3 Z 19a TKG 2003 stellt insbesondere auch keine subsidiäre Strafdrohung für den Fall auf, dass ein zu Werbezwecken Anrufender nicht identifiziert werden kann, sondern legt jedem zu Werbezwecken Anrufenden (unabhängig von der darüber hinaus gem § 107 Abs 1 TKG 2003 bestehenden Verpflichtung, zuvor eine Einwilligung des Angerufenen einzuholen) die Pflicht auf, die Anzeige der eigenen Rufnummer nicht zu unterdrücken oder zu verfälschen.