22.06.2011 Verkehrsrecht

VwGH: § 30 Abs 1 FSG - Folgen des Entziehungsverfahrens für Besitzer ausländischer Lenkberechtigungen

§ 30 Abs 1 FSG bietet keine Grundlage für die Abnahme eines Führerscheins auf Grund einer erst später erteilten Lenkberechtigung.


Schlagworte: Führerscheinrecht, Folgen des Entziehungsverfahrens für Besitzer ausländischer Lenkberechtigungen, später erteilte Lenkberechtigung, Abnahme des Führerscheins
Gesetze:

§ 30 Abs 1 FSG

GZ 2008/11/0196, 28.04.2011

 

Die belangte Behörde hat die Auffassung vertreten, das mit dem rechtskräftigen Bescheid vom 3. April 2006 über den Bf nach § 30 Abs 1 FSG ausgesprochene Lenkverbot bilde eine Grundlage für die Abnahme des Führerscheins durch die Behörde und rechtfertige damit die (vorläufige) Abnahme des Führerscheins am 17. Juli 2008. Der Wortlaut des § 30 Abs 1 dritter Satz FSG sei nämlich nicht auf bereits vorhandene Führerscheine beschränkt, sodass sich diese Bestimmung auch auf solche Führerscheine beziehe, die erst nach dem bescheidmäßigen Ausspruch des Lenkverbots erworben worden seien.

 

VwGH: § 1 Abs 3 FSG statuiert als Zulässigkeitserfordernis für das Lenken eines Kfz grundsätzlich das Vorhandensein einer "von der Behörde" - also von der zuständigen österreichischen Behörde - erteilten gültigen Lenkberechtigung, wobei nach Abs 4 eine von einer zuständigen Behörde eines EWR-Staates ausgestellte Lenkberechtigung einer Lenkberechtigung gem Abs 3 gleichgestellt ist, während das Lenken eines Kfz mit einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung nur im Rahmen der Bestimmungen des § 23 zulässig ist (§ 1 Abs 4 zweiter Satz FSG).

 

Die Erteilung der Lenkberechtigung wird im Führerschein (§ 13 FSG) dokumentiert, der grundsätzlich von jedem Lenker eines Kfz auf Fahrten mitzuführen ist (§ 14 Abs 1 FSG).

 

Gem § 30 Abs 1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung dieses Rechts ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen. Die örtlich zuständige Behörde hat den Führerschein abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten, falls nicht gem Abs 2 vorzugehen ist.

 

Der Wortlaut des § 30 Abs 1 FSG in seiner im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids gültigen Fassung entspricht - abgesehen von der im Beschwerdefall nicht weiter relevanten Einfügung des Klammerausdrucks § 5 Abs 1 Z 1 durch die Novelle BGBl I Nr 31/2008 - der Stammfassung.

 

Der Wortlaut dieser Bestimmung in ihrem systematischen Zusammenhang spricht entgegen der Auffassung der belangten Behörde dafür, dass eine Aberkennung des Rechts, vom Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, nur solche Fälle erfasst, in denen im Zeitpunkt der Erlassung des in Rede stehenden Verbots bereits eine ausländische Lenkberechtigung besteht: "Besitzern" von Lenkberechtigungen kann das Recht, "von ihrem Führerschein" Gebrauch zu machen "aberkannt werden". Von einer Aberkennung betroffen kann nur ein aktuelles, bestehendes Recht sein, nicht aber ein solches, das noch gar nicht existiert. In diese Richtung deutet auch der dritte Satz des Abs 1, der die örtliche Zuständigkeit der Behörde mit dem Aufenthalt des Führerscheinbesitzers verknüpft; ebenso der nächste Halbsatz, wonach die Behörde "den Führerschein abzunehmen" hat.