06.07.2011 Verkehrsrecht

VwGH: Alkoholabhängigkeit iSd § 5 Abs 1 Z 4 lit a FSG-GV

Eine CDT-Einzelbestimmung ist zur Diagnose von chronischem Alkoholabusus nicht ausreichend


Schlagworte: Führerscheinrecht, Entziehung der Lenkberechtigung, gesundheitliche Eignung, Alkoholabhängigkeit, Widersprüche zwischen der psychiatrischen Stellungnahme und dem amtsärztlichen Gutachten, einzelner CDT-Wert
Gesetze:

§ 24 FSG, § 8 FSG, § 5 Abs 1 Z 4 lit a FSG-GV

GZ 2009/11/0017, 29.03.2011

 

VwGH: Mit Recht wird in der Beschwerde unter Hinweis auf Widersprüche zwischen der psychiatrischen Stellungnahme und dem amtsärztlichen Gutachten geltend gemacht, dass die Feststellungen der belangten Behörde zur Alkoholabhängigkeit des Bf keine entsprechende Grundlage im Ermittlungsverfahren finden.

 

Die dem amtsärztlichen Gutachten und dem angefochtenen Bescheid offenbar zu Grunde liegende Auffassung, der Bf sei (immer noch) alkoholabhängig (§ 5 Abs 1 Z 4 lit a FSG-GV), entbehrt einer schlüssigen Begründung. So vertrat die Amtsärztin in ihrem Gutachten vom 23. Oktober 2008 aufgrund eines einzelnen erhöhten CDT-Wertes vom 13. August 2008 - bei gleichzeitig normgerechtem MCV-Wert - trotz eines späteren normgerechten CDT Wertes die Ansicht, der Bf müsse zwischenzeitlich "Alkohol in höherem Ausmaß konsumiert" haben, und "Abstinenzbemühungen über ein paar Wochen" würden nicht ausreichen, um von einer dauerhaften Verhaltensänderung auszugehen. Entgegen der Annahme im angefochtenen Bescheid enthält das Gutachten auch keine Interpretation dieses einzelnen erhöhten CDT-Wertes "im Zusammenhang mit den anderen relevanten Blutwerten", obwohl auf den Befundblättern der Blutuntersuchungen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass zur Diagnose von chronischem Alkoholabusus keine CDT-Einzelbestimmung herangezogen werden dürfe, sondern dieser Wert zusammen mit "MCV, GGT und einer strukturierten klinischen Anamnese" interpretiert werden sollte. Eine Bestimmung anderer Blutwerte als des CDT-Wertes erfolgte nach dem 13. August 2008 jedoch nicht mehr (zur mangelnden Aussagekraft eines einzelnen CDT-Wertes vgl das hg Erkenntnis vom 4. Juli 2002, 2001/11/0015). Überdies nahm die Amtsärztin trotz der gegenteiligen Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie, die von der Abstinenz des Bf ausgegangen war und ihm Problembewusstsein attestiert hatte, begründungslos an, es fehle ihm die nötige Krankheitseinsicht.

 

Das amtsärztliche Sachverständigengutachten ist somit ohne eingehende Begründung im Hinblick auf das von der fachärztlichen Stellungnahme abweichende Ergebnis nicht nachvollziehbar, weshalb sich der darauf gestützte angefochtene Bescheid als mangelhaft begründet erweist.