13.07.2011 Baurecht

VwGH: Zu den Voraussetzungen einer Bürgerinitiative iSd § 19 Abs 4 UVP-G 2000

Die gesetzlichen Anforderungen iSd § 19 Abs 4 UVP-G 2000 sind nicht erfüllt, wenn lediglich zum Zweck der Gründung einer Bürgerinitiative aufgerufen wird, ohne dass gleichzeitig die notwendige Interessenhomogenität der Mitglieder der Bürgerinitiative in der Sache, also das umweltverträglichkeitsprüfungspflichtige Projekt betreffend, sichergestellt ist; ferner ist Voraussetzung, dass eine bereits vorliegende schriftliche Stellungnahme zum Vorhaben und zur UVE durch die Unterschrift des künftigen Mitgliedes der Bürgerinitiative durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt wird und dass die zur Unterstützung erstellte Unterschriftenliste gleichzeitig mit der Stellungnahme während der Auflagenfrist einzubringen ist


Schlagworte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Bürgerinitiative
Gesetze:

§ 19 Abs 4 UVP-G 2000, § 9 Abs 5 UVP-G 2000

GZ 2008/07/0156, 26.05.2011

 

VwGH: Nach der hg Judikatur sind die gesetzlichen Anforderungen an eine "Bürgerinitiative" gem § 19 Abs 4 UVP-G 2000 streng auszulegen. Wie der VfGH in seinem Beschluss vom 13. März 2008, B 743/07, ausgesprochen hat, sind die gesetzlichen Anforderungen iS dieser Gesetzesbestimmung nicht erfüllt, wenn lediglich zum Zweck der Gründung einer Bürgerinitiative aufgerufen wird, ohne dass gleichzeitig die notwendige Interessenhomogenität der Mitglieder der Bürgerinitiative in der Sache, also das umweltverträglichkeitsprüfungspflichtige Projekt betreffend, sichergestellt ist. Ferner ist Voraussetzung, dass eine bereits vorliegende schriftliche Stellungnahme zum Vorhaben und zur UVE durch die Unterschrift des künftigen Mitgliedes der Bürgerinitiative durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt wird und dass die zur Unterstützung erstellte Unterschriftenliste gleichzeitig mit der Stellungnahme während der Auflagenfrist einzubringen ist.

 

Entgegen der Beschwerdeansicht weisen die vorgelegten Unterschriften nicht ein bloßes Formgebrechen auf. Da in den vorgelegten Urkunden mit den Unterstützungsunterschriften kein Hinweis auf eine konkrete abgegebene schriftliche Stellungnahme in der Sache enthalten ist, kommt der als erstbeschwerdeführenden Partei auftretenden Personengruppe der Charakter einer Bürgerinitiative iSd § 19 Abs 4 UVP-G 2000 nicht zu. Im Übrigen irrt die Beschwerde auch mit ihrem Vorbringen, dass bei der Erstellung der Unterschriftenliste die in der Ausschreibung (Kundmachung) genannten Voraussetzungen erfüllt worden seien, enthält doch diese Kundmachung ausdrücklich den Hinweis, dass eine (schriftliche) Stellungnahme (gem § 9 Abs 5 UVP-G 2000) durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt werden könne. Eine derartige Unterstützungserklärung hat nun denknotwendig zur Voraussetzung, dass bei Abgabe der Unterschrift auf eine bereits vorliegende schriftliche Stellungnahme ausdrücklich Bezug genommen wird, andernfalls nicht feststünde, welches Vorbringen unterstützt werde. Eine solche Bezugnahme lag jedoch hier nicht vor.

 

Das Fehlen der Parteifähigkeit der als Bürgerinitiative auftretenden Personengruppe hätte auch nicht in einem Mängelbehebungsverfahren gem § 13 Abs 3 AVG saniert werden können.