13.07.2011 Sozialrecht

VwGH: Dienstgebereigenschaft (§ 35 ASVG) eines Überlassers iSd § 3 Abs 2 AÜG

Der Überlasser ("Verleiher") kann dann als Arbeitgeber iSd § 35 ASVG in Anspruch genommen werden, wenn sich der Beschäftigte dem Verleiher gegenüber vertraglich verpflichtet hat, diesem seine Arbeitskraft in der Weise zur Verfügung zu stellen, dass die Arbeitsleistungen im vom Verleiher bezeichneten Beschäftigerunternehmen nach den dort zu erteilenden Weisungen erbracht werden sollen


Schlagworte: Allgemeines Sozialversicherungsrecht, Dienstgeber, Arbeitskräfteüberlassung, Dienstnehmer, Weisungen, Arbeitsvermittlung
Gesetze:

§ 35 ASVG, § 3 AÜG, § 4 Abs 2 ASVG, § 2 AMFG, § 97 GewO

GZ 2008/08/0153, 16.03.2011

 

Die belangte Behörde ging von einer Arbeitskräfteüberlassung aus. Die Viertmitbeteiligte bestreitet dies und behauptet, es liege Arbeitsvermittlung vor.

 

VwGH: Unter Arbeitsvermittlung ist die Zusammenführung von Arbeitsuchenden mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zu verstehen. Als Arbeitsvermittlung gilt zwar gem § 2 Abs 4 AMFG auch die Überlassung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte, sofern der Überlasser nicht die Pflichten des Arbeitgebers trägt. § 2 Abs 4 AMFG verdeutlicht aber lediglich die Bestimmung des § 2 Abs 1 AMFG, ohne deren normative Bedeutung zu ändern.

 

Da der Erstmitbeteiligte zur Erbringung von Arbeitsleistungen für die E (Schweiz) von der Viertmitbeteiligten unter Vertrag genommen wurde, liegt eine Arbeitskräfteüberlassung iSd § 3 Abs 1 AÜG vor. Der Überlasser ("Verleiher") kann dann als Arbeitgeber iSd § 35 ASVG in Anspruch genommen werden, wenn sich der Beschäftigte dem Verleiher gegenüber vertraglich verpflichtet hat, diesem seine Arbeitskraft in der Weise zur Verfügung zu stellen, dass die Arbeitsleistungen im vom Verleiher bezeichneten Beschäftigerunternehmen nach den dort zu erteilenden Weisungen erbracht werden sollen. Ein derartiger Fall liegt hier vor, da auch - entsprechend dem sich im Verwaltungsakt befindenden Vertrag zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Viertmitbeteiligten - die vertraglich (also in diesem Vertrag zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Viertmitbeteiligten) zugesicherte Arbeitsleistung nach Weisung der E zu erbringen ist.

 

Insoweit besteht daher auch eine Weisungsunterworfenheit des Erstmitbeteiligten. Die Viermitbeteiligte wendet hiezu ein, es handle sich dabei um Weisungen der E und nicht der Viertmitbeteiligten. Im Hinblick auf die Vertragsgestaltung handelt es sich hiebei allerdings lediglich um eine Delegierung der Weisungsbefugnis der Viertmitbeteiligten an die E. Im Rahmen der Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte (iSd Leiharbeitsverhältnisses) bleiben die grundlegenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen verleihendem Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufrecht. Damit kommt der Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit beim Beschäftiger (Entleiher) rechtlich nur seiner Arbeitspflicht gegenüber dem Verleiher nach, wobei die Weisungen des Entleihers als solche des Verleihers (als Arbeitgeber) zu beurteilen sind.