13.07.2011 Sozialrecht

VwGH: Beitragsgrundlage gem § 25 GSVG iZm Sanierungsgewinn

§ 25 Abs 2 Z 3 GSVG verweist ungeachtet der inhaltlichen und terminologischen Änderungen im Einkommensteuerrecht unverändert "auf den Sanierungsgewinn nach den Vorschriften des EStG 1988", dh nunmehr auf den Sanierungsgewinn, wie er in § 2 Abs 2b Z 3 vierter Spiegelstrich EStG definiert wird, also mit dem Erfordernis der tatsächlichen Sanierungswirkung beim Unternehmen; dies schließt aber Schulderlässe gem § 36 EStG von der Beitragsbegünstigung nicht aus, insofern es sich dabei gleichzeitig um Sanierungsgewinne iSd § 2 Abs 2b Z 3 vierter Spiegelstrich EStG handelt, wenn also durch Insolvenz eine Sanierungswirkung eingetreten ist und keine Betriebsstillegung erfolgte; unter der letztgenannten Voraussetzung sind aber auch - weiterhin - solche Sanierungsgewinne beitragsfrei gestellt, die durch Schulderlässe außerhalb eines Insolvenzverfahrens zustandekommen, jedoch im Einkommensteuerrecht nicht steuerbegünstigt sind, sondern nur die Verlustvortragsgrenze ausschalten


Schlagworte: Gewerbliches Sozialversicherungsrecht, Beitragsgrundlage, Sanierungsgewinn
Gesetze:

§ 25 GSVG, § 2 Abs 2b EStG, § 36 EStG

GZ 2010/08/0219, 25.05.2011

 

VwGH: Für die Feststellung der Beitragsgrundlagen nach § 25 GSVG ist eine Bindung an das Einkommensteuerrecht in der Weise normiert, dass die für die Bemessung der Einkommensteuer maßgeblichen Einkünfte des Pflichtversicherten heranzuziehen sind. Daher ist für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 Abs 1 GSVG bilden, das Einkommensteuerrecht maßgebend. Die mit einem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gem § 2 Abs 3 EStG bindet auch die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt.

 

Das EStG begünstigt Sanierungsgewinne im wirtschaftlichen Sinn je nach den näheren Umständen, unter denen sie entstanden sind, in verschiedener Weise: Sowohl Schulderlässe im Insolvenzverfahren als auch Sanierungsgewinne im bisher verstandenen (technischen) Sinne, also sonstige Buchgewinne aus Schulderlässen, sofern sie beim Unternehmen im Ergebnis zu einer Sanierungswirkung geführt haben, führen zur Ausschaltung der Verlustvortragsgrenze (§ 2 Abs 2b Z 3 erster und vierter Spiegelstrich EStG), während der Schulderlass im Insolvenzverfahren überdies zur Steuerbegünstigung des § 36 Abs 3 EStG führt. Die bisherigen Sanierungsgewinne im technischen Sinn führen also zwar - anders als nach der früheren Rechtslage - auch dann zu einer Steuerbegünstigung, wenn sie keine Sanierungswirkung beim Unternehmen hatten (zB weil das Unternehmen danach eingestellt wurde), jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie aus Schulderlässen im Insolvenzverfahren entstanden sind.

 

§ 25 Abs 2 Z 3 GSVG hat niemals auf den Sanierungsgewinn im wirtschaftlichen Sinn verwiesen, also niemals alle Buchgewinne, die durch Schulderlässe entstanden sind, beitragsfrei gestellt, sondern nur Sanierungsgewinne iSd EStG, dh jene Sanierungsgewinne die in § 36 EStG aF als solche bezeichnet waren. Die genannte Bestimmung des GSVG verweist ungeachtet der inhaltlichen und terminologischen Änderungen im Einkommensteuerrecht unverändert "auf den Sanierungsgewinn nach den Vorschriften des EStG 1988", dh nunmehr auf den Sanierungsgewinn, wie er in § 2 Abs 2b Z 3 vierter Spiegelstrich EStG definiert wird, also mit dem Erfordernis der tatsächlichen Sanierungswirkung beim Unternehmen. Dies schließt aber Schulderlässe gem § 36 EStG von der Beitragsbegünstigung nicht aus, insofern es sich dabei gleichzeitig um Sanierungsgewinne iSd § 2 Abs 2b Z 3 vierter Spiegelstrich EStG handelt, wenn also durch Insolvenz eine Sanierungswirkung eingetreten ist und keine Betriebsstillegung erfolgte. Unter der letztgenannten Voraussetzung sind aber auch - weiterhin - solche Sanierungsgewinne beitragsfrei gestellt, die durch Schulderlässe außerhalb eines Insolvenzverfahrens zustandekommen, jedoch im Einkommensteuerrecht nicht steuerbegünstigt sind, sondern nur die Verlustvortragsgrenze ausschalten.

 

Vor diesen Hintergrund ist die Beschwerde im Ergebnis berechtigt. Die belangte Behörde übersieht, dass ein Gewinn iSd § 36 Abs 2 EStG (aus einem Schulderlass resultierende Gewinne) den Eintritt einer Sanierungswirkung nicht ausschließt, wenngleich diese nicht mehr Voraussetzung für eine Steuerbegünstigung ist. Die belangte Behörde hatte die Frage der Sanierungswirkung schon im Hinblick darauf zu prüfen, dass die Behandlung des Sanierungsgewinns des Bf im Einkommensteuerbescheid schon für das Jahr 2005 (auf Grund des § 36 Abs 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 71/2003) ein Indiz dafür ist, dass die Abgabenbehörden von einer Sanierungswirkung ausgegangen sind. Aber auch die mitbeteiligte Partei selbst ist bei Beurteilung der Versicherungspflicht des Bf im Zeitraum vom 1. Jänner 2006 bis 31. Juli 2007 vom Vorliegen eines Sanierungsgewinnes ausgegangen, wie Stück 34 des Anstaltsaktes zeigt.

 

Eine der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes iSd EStG ist die Sanierungsfähigkeit des betreffenden Betriebes. Damit liegt keine Sanierung nach diesen Bestimmungen vor, wenn der Schulderlass gegenüber einem Unternehmen erfolgt, das sich aufgelöst hat oder sich im Stadium der Abwicklung befindet. Der Schuldenerlass muss geeignet sein, den Betrieb vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Die bloße Sanierung des Unternehmers und nicht auch des Unternehmens reicht nicht aus, um den Schulderlass der Gläubiger als Sanierungsgewinn ansehen zu können. Das Unternehmen muss durch die Sanierung als Wirtschaftsfaktor erhalten bleiben. Demgemäß bezieht der VwGH das Tatbestandselement "zum Zwecke der Sanierung" in der Bestimmung des EStG auf das Unternehmen und nicht auf den Unternehmer. Eine Betriebsveräußerung nach dem Schuldnachlass oder die Fortführung des Unternehmens in einer Nachfolgegesellschaft oder Auffanggesellschaft steht der Sanierungsfähigkeit nicht entgegen.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen, das Landesgericht W habe mit Beschluss vom 30. Dezember 2003 die Schließung des Unternehmens des Bf angeordnet. Danach sei dieses bis zum Jahr 2008 von der Tochter des Bf am selben Standort mit denselben Betriebsmitteln, denselben Dienstnehmern und mit demselben Inventar fortgeführt worden.

 

Der Umstand allein, dass der Betrieb von der Tochter des Bf und nicht von diesem selbst fortgeführt wird, steht einer Berücksichtigung der Sanierungswirkung und damit dem Vorliegen eines Sanierungsgewinnes iSd EStG im Jahr 2007 nicht entgegen, handelt es sich bei dieser Sanierungswirkung doch um eine des Unternehmens und nicht des Unternehmers, sodass gleichgültig ist, durch wen das sanierte Unternehmen fortgeführt wird. Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren nähere Feststellungen über den tatsächlichen Hergang und die rechtliche Gestaltung des Übergangs des Unternehmens und dessen Fortführung durch die Tochter des Bf zu treffen haben.