27.07.2011 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Ersatz von Barauslagen gem § 64 Abs 3 VStG iVm § 76 Abs 1 AVG

Ausführungen zur Kostenvorschreibung iZm rechtskräftigem Bescheid, Befangenheit des Sachverständigen und Notwendigkeit der Erstellung des Gutachtens


Schlagworte: Kosten des Strafverfahrens, Ersatz von Barauslagen, rechtskräftiger Bescheid, Befangenheit des Sachverständigen, Notwendigkeit der Erstellung des Gutachtens, rückwirkende Aufhebung
Gesetze:

§ 64 Abs 3 VStG, § 76 AVG

GZ 2007/17/0102, 16.05.2011

 

Der Bf führt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ins Treffen, einerseits sei die Kostenvorschreibung schon allein deshalb rechtswidrig, weil diese das Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides voraussetze. Da der Bf gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22. November 2006 Beschwerde erhoben habe und der Bescheid vom 22. November 2006 daher nicht rechtskräftig gewesen sei, sei die gegenständliche Kostenvorschreibung rechtswidrig. Weiters wäre der Gutachter verpflichtet gewesen, die Erstellung eines Gutachtens wegen Befangenheit abzulehnen. Da der Gutachter dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei und trotz seiner Befangenheit das Gutachten erstellt habe, treffe den Gutachter das Verschulden an der Verursachung der Barauslagen. Drittens wäre die Bestellung eines Sachverständigen bzw die Erstellung eines Gutachtens gar nicht erforderlich gewesen.

 

VwGH: Gem § 64 Abs 3 VStG ist dem Bestraften, wenn im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hiernach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die dem Dolmetscher zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde.

 

Entgegen der vom Bf vertretenen Ansicht hatte die Erhebung der Beschwerde vor dem VwGH gegen den letztinstanzlichen Bescheid der belangten Behörde vom 22. November 2006 keine Auswirkungen auf die formelle Rechtskraft dieses Bescheides. Die Erhebung einer Beschwerde vor dem VwGH gegen den Strafbescheid änderte nichts daran, dass dieser zum Zeitpunkt seiner Erlassung formell rechtskräftig und damit für die belangte Behörde bindend war. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war mit der Beschwerde zur hg Zl 2007/17/0017 nicht verbunden.

 

Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kommt es ausschließlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung an. Allenfalls nachträglich eintretende Änderungen, wie die Aufhebung des im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen, die Grundlage für die Kostenvorschreibung bildenden Strafbescheides ex nunc können hiebei keine Berücksichtigung finden, sondern könnten lediglich in einem späteren Wiederaufnahmeverfahren gem § 69 Abs 1 lit c AVG von Bedeutung sein.

 

Nur eine (nach § 42 Abs 3 VwGG rückwirkende) Aufhebung der mit Bescheid vom 22. November 2006 ausgesprochenen Bestrafung des Bf durch den VwGH vor der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde hätte etwas an der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Kostenvorschreibung geändert. Durch den nachträglich ersichtlich werdenden Wegfall der Grundlage der Kostenvorschreibung wäre in einem solchen Fall auch diese als rechtswidrig zu erkennen und aufzuheben gewesen (sofern sie ebenfalls mit Beschwerde bekämpft wurde; andernfalls wäre auch in einem solchen Fall mit Wiederaufnahme vorzugehen). Zu einer solchen Beseitigung des Strafbescheides ist es jedoch nicht gekommen. Im Beschwerdefall kam es im Gegenteil nach Erlassung des hier angefochtenen Bescheids über die Kostenvorschreibung nach § 64 Abs 3 VStG zur Aufhebung des der Berufung des Bf gegen den Strafbescheid erster Instanz stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung. Auch dieser Aufhebung kam zwar grundsätzlich die Rückwirkung gem § 42 Abs 3 VwGG zu, was jedoch im vorliegenden Beschwerdefall keine Auswirkung auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Kostenvorschreibungsbescheides hat. Die Aufhebung des Strafbescheids der belangten Behörde bedeutete lediglich, dass über die dadurch wieder offene Berufung des Bf neuerlich zu entscheiden war, nicht jedoch, dass im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides bereits eine solche Entscheidung vorgelegen wäre.

 

Wenn der Bf einwendet, der Sachverständige hätte sich im Beschwerdefall für befangen erklären müssen und hätte das gegenständliche Gutachten nicht erstellen dürfen, so ist ihm zu entgegnen, dass eine allfällige Befangenheit des konkret bestellten Sachverständigen im Verfahren betreffend die Kostenvorschreibung nach § 64 Abs 3 VStG iVm § 76 AVG nur mehr insoweit releviert werden kann, als der ins Treffen geführte Befangenheitsgrund im Verfahren zur Unzulässigkeit der Verwertung des Gutachtens geführt hätte. Dies ist im Beschwerdefall jedoch nicht gegeben. Im Beschwerdefall war eine Ablehnung des Sachverständigen nicht rechtzeitig erfolgt, sodass nicht von einem Verfahrensmangel in dem der Kostenvorschreibung zu Grunde liegenden Strafverfahren auszugehen war. Bei dieser Sachlage ist aber die Vorschreibung der Tragung der Kosten des Sachverständigen gem § 64 Abs 3 VStG unabhängig davon zulässig, ob der nachträglich geltend gemachte Befangenheitsgrund tatsächlich vorgelegen wäre. Auf das Vorbringen betreffend die behauptete Verpflichtung des Sachverständigen, seine Bestellung zum Sachverständigen wegen Befangenheit abzulehnen, ist daher nicht näher einzugehen.

 

Auch der Einwand, die Einholung des in Rede stehenden Gutachtens wäre nicht erforderlich gewesen, zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.

 

Abgesehen davon, dass nicht jede als nicht unmittelbar erforderlich zu qualifizierende Passage eines Sachverständigengutachtens und nicht jede allenfalls als inhaltlicher Mangel des Gutachtens zu wertende Ungenauigkeit oder Unschlüssigkeit zu einer anteiligen Reduktion der Kostentragungsverpflichtung des Beschuldigten führt (soweit nicht etwa ersichtlich ist, dass ein unzutreffender Ansatz des Gutachters zu umfangreicheren, sich in den Kosten niederschlagenden Arbeitsschritten geführt hat, die vermeidbar gewesen wären und für die verlangte gutachterliche Äußerung entbehrlich waren), ist es nicht zutreffend, dass der Sachverständige mit seinem Gutachten in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung der belangten Behörde vorweg genommen hätte. Die rechtliche Beurteilung des maßgeblichen Sachverhalts wurde von der belangten Behörde vorgenommen. Dazu stützte sie sich in unbedenklicher Weise auf den von ihr (erst) unter Zugrundelegung des Gutachtens festgestellten Sachverhalt. Das in Rede stehende Gutachten enthält sachverständige Ausführungen, inwieweit die faktischen Annahmen der Erstbehörde zutreffen. Das Gutachten bildete solcherart die Grundlage des von der belangten Behörde gegen den Bf gefällten Straferkenntnisses und war erforderlich, die vom Bf im Verwaltungsstrafverfahren erhobenen Einwendungen zu überprüfen.

 

Dass das Gutachten des Sachverständigen nur zum Teil für die von der belangten Behörde in dem dem hg Erkenntnis vom 27. Oktober 2008, Zl 2007/17/0017, zu Grunde liegenden Bescheid aufrecht erhaltene Bestrafung erforderlich gewesen wäre und entscheidende Teile etwa nur für die - vom UVS nicht aufrecht erhaltenen - Spruchpunkte 1.) und 3.) des erstinstanzlichen Bescheids verwertbar gewesen wären, wird in der Beschwerde nicht vorgebracht und ist angesichts der Fragestellung an den Sachverständigen, welche durchwegs für die Bejahung der Strafbarkeit nach § 48 Abs 1 Z 2 BörseG relevant erscheint, auch für den VwGH nicht ersichtlich.