10.08.2011 Verfahrensrecht

VwGH: Mängelbehebungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG (hier: iZm als "Einspruch" bezeichnetem Fristerstreckungsantrags)

Wenn die Partei in Kenntnis der an ein Rechtsmittel gestellten inhaltlichen Anforderungen, dh wissentlich, einen Schriftsatz verfasst, der sich mit keinem Wort inhaltlich gegen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides richtet, sondern sich in einem Antrag auf Fristerstreckung (oder allenfalls auch in einer bloßen Anmeldung eines Rechtsmittels gegen späteres Nachbringen der Begründung) erschöpft, dann fehlt es wegen des Elementes der Wissentlichkeit (Wissen um die Frist bzw Kenntnis davon, dass ein Einspruch eine nähere Begründung benötigt) an einer Mangelhaftigkeit, die bloß auf einem (allenfalls auch auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführenden) Versehen der Partei beruht; daher ist auf solche Eingaben § 13 Abs 3 AVG von vornherein nicht anzuwenden


Schlagworte: Mängelbehebungsauftrag, leerer Einspruch, Fristerstreckungsansuchen
Gesetze:

§ 13 Abs 3 AVG

GZ 2011/08/0062, 06.07.2011

 

VwGH: Gem § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

 

Auch beim Fehlen eines begründeten Einspruchsantrages handelt es sich nach § 13 Abs 3 AVG seit der Fassung der Novelle BGBl I Nr 158/1998 nicht mehr um einen unheilbaren Inhaltsmangel, sondern um einen verbesserungsfähigen Mangel, wobei diese Norm die Behörde verhält, von Amts wegen unverzüglich die Behebung des Mangels zu veranlassen. Allerdings dient § 13 Abs 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Hat hingegen die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt, um zB auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum (vgl das hg Erkenntnis vom 25. Februar 2005, 2004/05/0115).

 

Der erkennende Senat schließt sich mit folgender Maßgabe dieser Auffassung des 5. Senates an: Es kann auf sich beruhen, ob die Vorgangsweise der bf Partei einen Rechtsmissbrauch darstellt, weil es darauf nicht ankommt. Wenn nämlich - wie im vorliegenden Fall mit einem als "Einspruch" bezeichneten Fristerstreckungsantrag - die Partei in Kenntnis der an ein Rechtsmittel gestellten inhaltlichen Anforderungen, dh wissentlich, einen Schriftsatz verfasst, der sich mit keinem Wort inhaltlich gegen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides richtet, sondern sich in einem Antrag auf Fristerstreckung (oder allenfalls auch in einer bloßen Anmeldung eines Rechtsmittels gegen späteres Nachbringen der Begründung) erschöpft, dann fehlt es wegen des Elementes der Wissentlichkeit (Wissen um die Frist bzw Kenntnis davon, dass ein Einspruch eine nähere Begründung benötigt) an einer Mangelhaftigkeit, die bloß auf einem (allenfalls auch auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführenden) Versehen der Partei beruht. Daher ist auf solche Eingaben § 13 Abs 3 AVG von vornherein nicht anzuwenden.

 

Dieses Ergebnis wird durch die weitere Überlegung gestützt, dass die Zulassung von Verbesserungsverfahren auch bei derartigen, wissentlich als Fristerstreckungsansuchen oder bloße Rechtsmittelanmeldungen gestalteten Eingaben dazu führen würde, dass ungeachtet dessen, dass der Gesetzgeber solche Rechtsinstitute in den Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen nicht vorgesehen hat (im Gegensatz zB zu § 245 Abs 3 BAO), diese durch das Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs 3 AVG ohne weiteres substituiert werden könnten.

 

An diesem Ergebnis ändert weder der Umstand etwas, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der bf Partei im ersten Rechtsgang ungeachtet der Einbringung eines völlig gleichartigen "leeren Einspruchs" einen (unzulässigen) Verbesserungsauftrag erteilt hat, noch der Umstand, dass die bf Partei ihren "leeren Einspruch" ohne Abwarten eines Verbesserungsauftrages um eine Begründung und einen Einspruchsantrag ergänzt hat. Letzteres geschah nämlich außerhalb der Einspruchsfrist und wäre daher nur dann rechtszeitig gewesen, wenn die ursprüngliche Eingabe einem Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs 3 AVG zugänglich gewesen wäre.