24.08.2011 Arbeitsrecht

VwGH: Entfall von Bezügen gem § 12c Abs 1 Z 2 GehG – zeitnahe ärztliche Bescheinigung gem § 51 Abs 2 BDG

Im Einzelfall ist auf Grund aller Umstände zu prüfen, ob - gemessen am Zweck des § 12c Abs 1 Z 2 GehG - die Abwesenheit eines Beamten eine ungerechtfertigte iS dieser Bestimmung ist oder nicht; Gegenstand dieser Prüfung ist, ob der Beamte wegen seines Gesundheitszustandes dienstverhindert und er aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen an der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Vorlage der ärztlichen Bestätigung verhindert war; gelingt ihm dieser Nachweis nicht, löst eine solche Abwesenheit die Rechtsfolge nach § 12c Abs 1 Z 2 GehG aus; dabei kann auch die nicht zeitgerechte Erfüllung der Verpflichtung von entscheidender Bedeutung sein


Schlagworte: Beamtendienstrecht, Gehaltsrecht, Abwesenheit vom Dienst, Entfall der Bezüge, eigenmächtig, ungerechtfertigt, zeitnahe ärztliche Bescheinigung, zumutbar
Gesetze:

§ 51 BDG, § 12c GehG

GZ 2007/12/0011, 29.06.2011

 

VwGH: Vorab ist darauf hinzuweisen, dass ein Fernbleiben des Beamten vom Dienst im Ausmaß von länger als drei Tagen gem § 12c Abs 1 Z 2 GehG zum Bezugsentfall führen soll, wenn zwei Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind, nämlich dass

 

a) das Fernbleiben ein eigenmächtiges und

b) die Abwesenheit (arg: "ohne ausreichenden Entschuldigungsgrund") ungerechtfertigt ist.

 

Eigenmächtig ist ein Fernbleiben des Beamten dann, wenn keine ausdrückliche oder stillschweigende Gestattung vorliegt. Ungerechtfertigt ist eine Abwesenheit vom Dienst allgemein zunächst dann, wenn dafür kein "ausreichender Entschuldigungsgrund" vorliegt.

 

Im Beschwerdefall ist die Frage strittig, ob der Bf seiner Verpflichtung nach § 51 Abs 2 Satz 1 BDG mit der bezugsrechtlichen Konsequenz nach § 12c Abs 1 Z 2 GehG für den Fall ihrer Nichterfüllung nachgekommen ist. Nach der hg Rsp ist die ärztliche Bescheinigungspflicht zwar nicht (wie die Meldepflicht nach § 51 Abs 1 BDG) unverzüglich, wohl aber - bezogen auf den Beginn der Abwesenheit - zeitnah zu erfüllen, um der Behörde die Überprüfungs- und Dispositionsmöglichkeit zu ermöglichen.

 

Nach der Rsp des VwGH tritt allerdings die bezugsrechtliche Konsequenz des Entfalles der Bezüge auf Grund der in § 51 Abs 2 BDG normierten gesetzlichen Vermutung nicht immer schon dann ein, wenn der Beamte seinen Verpflichtungen nach § 51 BDG (aus welchem Grund auch immer) nicht nachkommt. Vielmehr ist im Einzelfall auf Grund aller Umstände zu prüfen, ob - gemessen am Zweck des § 12c Abs 1 Z 2 GehG - die Abwesenheit eines Beamten eine ungerechtfertigte iS dieser Bestimmung ist oder nicht. Gegenstand dieser Prüfung ist, ob der Beamte wegen seines Gesundheitszustandes dienstverhindert und er aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen an der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Vorlage der ärztlichen Bestätigung verhindert war. Gelingt ihm dieser Nachweis nicht, löst eine solche Abwesenheit die Rechtsfolge nach § 12c Abs 1 Z 2 GehG aus. Dabei kann auch die nicht zeitgerechte Erfüllung der Verpflichtung von entscheidender Bedeutung sein.

 

Unbestritten ist, dass die Bestätigung des den Bf behandelnden Arztes, die am 18. Juli 2007 (dem Beginn der hier maßgebenden Dienstabwesenheit auf Grund der vom Bf an diesem Tag telefonisch gemeldeten Krankheit) ausgestellt wurde, als Beilage zu seinem Schreiben vom 12. August 2005 am 16. August 2005 bei der Dienstbehörde einlangte.

 

Nach Auffassung des VwGH kann es keinem Zweifel unterliegen, dass eine Vorlage 3,5 Wochen nach Beginn der mit Krankheit begründeten Abwesenheit vom Dienst objektiv betrachtet nicht mehr als zeitnah verstanden werden kann. Davon ist die Frage zu unterscheiden, ob es dem Bf zumutbar war, schon zu einem früheren Zeitpunkt die Bestätigung vorzulegen.

 

Mangels Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung bestand - auch wenn entgegen der Auffassung der belangten Behörde die Art der Erkrankung nicht anzugeben ist - jedenfalls bis zur Vorlage der ärztlichen Bescheinigung ein Informationsdefizit der Dienstbehörde über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung, die gem § 51 Abs 2 Satz 1 BDG nach Möglichkeit anzugeben ist. Auch die in der am 16. August 2005 vorgelegten ärztlichen Bescheinigung angegebene Dauer "bis voraussichtlich laufend" hatte insofern einen Informationswert, als es sich demnach offenbar nicht um eine bloß kurzfristige datumsmäßig eingrenzbare Erkrankung handelte, was Anlass für entsprechende den Dienstbetrieb betreffende Verfügungen sein konnte.

 

Das gilt auch für die Anordnung einer Kontrolluntersuchung iSd § 52 Abs 2 BDG, die - jedenfalls im Regelfall - nicht bei jeder (auch nur kurzfristigen) Erkrankung anzuordnen sein wird, selbst wenn eine solche in zeitlicher Nähe zu einer vorangegangenen längeren Dienstverhinderung wegen Erkrankung steht. Anderes wird in diesem Fall gelten, wenn diese (neuerliche) Erkrankung nach der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung (voraussichtlich) längerfristig oder auf unbestimmte Zeit (fortlaufend; bis auf Weiteres) dauern wird. Das zeigt im Übrigen auch die weitere Vorgangsweise der Dienstbehörde im Beschwerdefall, wurde der Bf doch nach dem am 16. August 2005 erfolgten Einlangen seiner ärztlichen Bescheinigung vom 18. Juli 2005 mit Verfügung vom 22. August 2005 zu einer ärztlichen Untersuchung verpflichtet, die am 26. August 2005 stattfand, bei der jedoch keine Stellungnahme mehr zum Krankenstand seit 18. Juli 2005 abgegeben werden konnte. Bei einer zeitnahen Vorlage dieser ärztlichen Bestätigung kann unter Berücksichtigung der vom Bf angegebenen Dauer der Schwere der Erkrankung bis zum 12. August 2005 nicht ausgeschlossen werden, dass eine ärztliche Krankenstandskontrolluntersuchung nach § 52 Abs 2 BDG zu einer Klärung der Sachlage beitragen hätte können.

 

Es kann daher im Beschwerdefall nicht davon ausgegangen werden, dass die nicht zeitnahe Vorlage der ärztlichen Bescheinigung von einer bloß untergeordneten Bedeutung für den damit verbundenen Zweck war.

 

Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Feststellung, der Bf hätte am Rückweg von der Ordination am 18. Juli 2005 in einem seiner Wohnung näher gelegenen Postkasten die an diesem Tag ausgestellte ärztliche Bescheinigung an die belangte Behörde aufgeben können, geht davon aus, dass er an diesem Tag die Ordination seines Hausarztes aufgesucht hat. Letzteres hat der Bf in seiner Beschwerde nicht bestritten; so hat er insbesondere nicht vorgebracht, dass ihm Dr S etwa bei einem am 18. Juli 2005 stattgefundenen Hausbesuch diese Bescheinigung ausgestellt habe. Der Bf hat auch nicht vorgebracht weshalb ihm das Aufsuchen der Ordination seines Arztes trotz seines Gesundheitszustandes möglich und zumutbar war, nicht aber, warum das nicht für das Einwerfen der ihm ausgestellten ärztlichen Bescheinigung in einen Postkasten auf seinem Heimweg zugetroffen haben sollte. Der einzige in diesem Zusammenhang erhobene Einwand (Erforderlichkeit des Aufsuchens eines Postamts, um die Bescheinigung eingeschrieben aufzugeben) ist schon deshalb nicht relevant, weil eine derartige gesetzliche Pflicht nicht besteht und bei der Beförderung von Briefen durch die Post - bei objektiver Betrachtung - auch nicht auf Grund der Verhältnisse nach deren Privatisierung geboten ist.

 

Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (keine zeitnahe Vorlage der ärztlichen Bescheinigung nach § 51 Abs 2 Satz 1 BDG, obwohl dies dem Bf nach der Lage des Falles möglich und zumutbar war; keine Information der Dienstbehörde über die voraussichtliche Dauer der Krankheit bis zur verspäteten nicht zeitnahen Vorlage der ärztlichen Bescheinigung mit relevanter Auswirkung für die Überprüfungsmöglichkeit; keine weisungsmäßig verfügte Verpflichtung, die ärztliche Bescheinigung (ohne Rücksicht auf die Dauer der Erkrankung) erst zum Zeitpunkt der Gesundmeldung vorlegen zu müssen) erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht rechtswidrig, weshalb die Beschwerde gem § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.