24.08.2011 Verkehrsrecht

VwGH: Schneeräumpflicht gem § 93 StVO

Die sich aus § 93 Abs 1 StVO ergebende Verpflichtung des Liegenschaftseigentümers zur Säuberung des Gehsteiges (bzw Gehweges) bezieht sich zwar nicht nur auf den witterungsbedingt dort liegenden, sondern auch auf den durch einen Schneepflug der Straßenverwaltung dorthin verbrachten Schnee; die Räumpflicht iSd § 93 Abs 1 StVO darf aber nicht überspannt werden


Schlagworte: Straßenverkehrsrecht, Pflichten der Anrainer, Schneeräumpflicht, Ungehorsamsdelikt, Verschulden, Schneepflug, aufgehäufter Schnee
Gesetze:

§ 93 StVO, § 5 Abs 1 VStG

GZ 2008/02/0092, 29.06.2011

 

VwGH: Bei der Verwaltungsübertretung gem § 93 Abs 1 StVO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt.

 

Wie aus den Feststellungen des Beschlusses des Landesgerichts St. Pölten vom 3. August 2006 in der Rechtssache 21 R 229/06v-1, wegen Besitzstörung, hervorgeht, hat das im Auftrag der Marktgemeinde P tätige Schneeräumungsunternehmen einen Schneewall in einer solchen Höhe und Breite im Bereich des Zufahrtsweges zum Haus der Bf aufgehäuft, dass diese nicht nur am Befahren des Weges, sondern sogar am Begehen gehindert war. Das Schneeräumungsunternehmen hat künstlich ein Hindernis (Schneewall von 1,2 m Höhe und etwa 1-2 m Breite) errichtet, das die Erreichbarkeit der Liegenschaft der Bf gänzlich verhinderte. Die Bf konnte daher zum Tatzeitpunkt ihr Grundstück nicht einmal zu Fuß erreichen, weil der von einem Räumfahrzeug zusammengepresste Schnee (im Gegensatz zu frisch gefallenem - wenn auch sehr hohem Schnee) im konkreten Fall ein unüberwindliches Hindernis dargestellt hat.

 

Die sich aus § 93 Abs 1 StVO ergebende Verpflichtung des Liegenschaftseigentümers zur Säuberung des Gehsteiges (bzw Gehweges) bezieht sich nach der stRsp zwar nicht nur auf den witterungsbedingt dort liegenden, sondern auch auf den durch einen Schneepflug der Straßenverwaltung dorthin verbrachten Schnee. Da die Räumpflicht iSd § 93 Abs 1 StVO aber nicht überspannt werden darf, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Beseitigung eines aus zusammengepresstem Schnee bestehenden künstlich angehäuften Schneewalls in der Höhe von 1,2 m bei der gegebenen Sachlage mit zumutbaren Anstrengungen nicht zu erreichen war. Dabei ist insbesondere auch beachtlich, dass nach den Feststellungen des Beschlusses des Landesgerichts St. Pölten vom 3. August 2006, 21 R 229/06v-1, dieser Schneewall so "errichtet" wurde, dass das Räumfahrzeug im Auftrag der Marktgemeinde P den Schnee zunächst vor sich herschob und dann am Zufahrtsweg zum Haus der Bf solange aufhäufte, bis auf diesem Weg ein unüberwindliches Hindernis geschaffen war, das die Erreichbarkeit der Liegenschaft der Bf zur Gänze verhinderte. Daraus folgt, dass die Bf kein Verschulden daran traf, dass sie ihrer Räumverpflichtung nicht nachgekommen ist.