31.08.2011 Sozialrecht

VwGH: Arbeitslosigkeit gem § 12 AlVG – Ausnahme gem Abs 3 lit f iZm außerordentlichen Studenten?

Im Fall außerordentlicher Hörer ist nicht bloß auf deren formelle Stellung nach den jeweiligen Organisations- bzw Studienvorschriften abzustellen, sondern in Ermangelung einer im Gesetz vorgesehenen Sonderregelung im Einzelfall zu prüfen, ob sie - sei es an der Hochschule, sei es anderswo - in einem "geregelten Lehrgang" ausgebildet werden


Schlagworte: Arbeitslosenversicherungsrecht, Arbeitslosigkeit, Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt, außerordentlicher Student, geregelter Lehrgang
Gesetze:

§ 12 Abs 3 AlVG

GZ 2009/08/0005, 06.07.2011

 

Die belangte Behörde stellte im Wesentlichen fest, dass die Bf einerseits den Lehrgang zur Berufsreifeprüfung besuche, welcher laut vorgelegtem Stundenplan berufsbegleitend am Donnerstag und Freitag ab 16 bzw 18 Uhr sowie am Samstag von 8 bis 13 Uhr angeboten werde, und andererseits als außerordentliche Hörerin an der Universität G zugelassen sei.

 

VwGH: Der in § 12 Abs 3 lit f AlVG genannten Personengruppe gebührt grundsätzlich kein Arbeitslosengeld, es sei denn, es besteht eine Ausnahme gem § 12 Abs 4 AlVG. Der Grund für diese Regelung ist darin zu erblicken, dass der Gesetzgeber - ungeachtet subjektiver Umstände und Erklärungen des Arbeitslosen, insbesondere seiner Arbeitswilligkeit - von der Vermutung der Unvereinbarkeit der Ausbildung mit einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung und damit auch von der Vermutung des Fehlens der Verfügbarkeit für eine Vermittlung durch das AMS bzw des Fehlens der Möglichkeit eines Bemühens um eine neue zumutbare Beschäftigung ausgeht. Dadurch soll verhindert werden, dass das Arbeitslosengeld - systemwidrig - zur Finanzierung einer solchen Ausbildung herangezogen wird, statt dazu zu dienen, nach Maßgabe der Bestimmungen des AlVG den Entgeltausfall nach Verlust der arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung bis zur Wiedererlangung einer neuen abzugelten. Die rechtliche Konsequenz der Zuordnung einer Schulungsmaßnahme zu § 12 Abs 3 lit f AlVG besteht darin, dass der Betreffende nicht als arbeitslos iSd Absätze 1 und 2 leg cit gilt und daher - ungeachtet des Vorliegens der übrigen nach § 7 leg cit erforderlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Arbeitslosengeld, ua auch der Arbeitswilligkeit iSd §§ 9 bis 11 leg cit - keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Das bedeutet, dass von Gesetzes wegen unwiderleglich vermutet wird, dass der Betreffende so lange einer Vermittlung durch das AMS nicht zur Verfügung steht, als er in dem geregelten Lehrgang ausgebildet wird.

 

Nach stRsp des VwGH begründet die Ausbildung in einer Schule oder in einem schulähnlichen geregelten Lehrgang kraft Gesetzes die unwiderlegliche Vermutung, dass der Betreffende so lange nicht an einer neuen Beschäftigung, sondern an der Erreichung seines Ausbildungszieles interessiert (und daher nicht arbeitslos) ist, als er in der Schule oder in einem geregelten Lehrgang ausgebildet wird bzw sich der praktischen Ausbildung unterzieht. Seine allfällige bestehende Arbeitswilligkeit kann ein solcher Anspruchswerber daher nicht durch die bloße Erklärung, arbeitswillig zu sein, sondern nur durch die Beendigung der Ausbildung wirksam dokumentieren. Soweit die Vermutung nach § 12 Abs 3 lit f AlVG sich auf den Besuch einer "Hochschule" bezieht, gilt sie nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für "ordentliche Hörer". Nur für diese Fälle hat der VwGH ausgesprochen, dass schon die Immatrikulation die Vermutung bewirke, dass eine Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt nicht gegeben sei. Im Fall außerordentlicher Hörer ist daher nicht bloß auf deren formelle Stellung nach den jeweiligen Organisations- bzw Studienvorschriften abzustellen, sondern in Ermangelung einer im Gesetz vorgesehenen Sonderregelung im Einzelfall zu prüfen, ob sie - sei es an der Hochschule, sei es anderswo - in einem "geregelten Lehrgang" ausgebildet werden.

 

Mit dem Beschwerdevorbringen, worin zusammengefasst vorgebracht wird, dass die Bf die Voraussetzungen zum Bezug von Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe erfüllen würde, zumal sie als außerordentliche Hörerin Lehrveranstaltungen an der Universität nicht besuchen müsse und deshalb neben den festgestellten Kursen im Lehrgang für die Berufsreifeprüfung (am Donnerstag und Freitag sowie Samstag) "im Zeitraum Montag bis Freitag die gem § 7 Abs AlVG vorgesehenen zumindest 20 Stunden Normalarbeitszeit leicht untergebracht werden können", vermag die Bf keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

 

Mit dem bloßen Hinweis auf § 59 Abs 1 Z 11 UniversitätsG, welches das Recht von außerordentlichen Studierenden zum Besuch von (gewissen) Lehrveranstaltungen regelt, vermag die Beschwerde keine Zweifel an der Schlüssigkeit der Erwägungen der belangten Behörde aufzuzeigen, wenn diese iZm der Aussage der Bf, ihre Ausbildungen mit einem entsprechenden Ernst zu betreiben, zur Annahme einer (faktischen) Anwesenheitspflicht kommt.

 

Im Übrigen genügt es für den Ausschluss der Arbeitslosigkeit iSd § 12 Abs 3 lit f AlVG, dass es sich hier bei der Lehrveranstaltung um eine geregelte Ausbildung, insbesondere auf Grund eines Studienplanes handelt, was die Bf gar nicht bestreitet.

 

Auch der Einwand fehlender Ermittlungen bzw weiterer Feststellungen zum Studium und der allfälligen Möglichkeit der Ablegung von Prüfungen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, zumal es diese unterlässt, die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel für den Verfahrensausgang darzutun.

 

Davon ausgehend bestehen keine Bedenken, wenn die belangte Behörde auf Grundlage ihrer für eine abschließende rechtliche Beurteilung ausreichenden Feststellungen und der daraus resultierenden zeitlichen Bindung der Bf durch die als "geregelten Lehrgang" iSd § 12 Abs 3 lit f AlVG zu wertende, gegenständliche universitäre Ausbildung und die Kurse im Lehrgang zur Berufsreifeprüfung, deren Verfügbarkeit für eine parallel dazu auszuübende, am Arbeitsmarkt üblich zumutbare Beschäftigung verneint.