28.09.2011 Wirtschaftsrecht

VwGH: Stellt der Abverkauf fertig gestellter, aus eigenen Mitteln errichteter Wohnungen die Tätigkeit eines Bauträgers gem § 117 Abs 4 GewO dar?

Wer nur für sich selbst ein Haus baut oder nach eigenen Gutdünken ein Bauwerk in eigenem Namen und für eigene Rechnung nach völlig freier eigener Disposition errichtet, uneingeschränkt das volle Errichtungs-, Bestands- Bewirtschaftungs- und Veräußerungsrisiko auf sich nimmt und keinem Dritten gegenüber eine Verpflichtung eingegangen ist oder eine solche während der Realisierung einzugehen beabsichtigt, das Bauwerk fertigzustellen oder in irgend einer Form zu übergeben, ist nicht als Bauträger, sondern als Investor anzusehen


Schlagworte: Gewerberecht, Gewerbeberechtigung, Bauträger, Investor, Abverkauf fertig gestellter, aus eigenen Mitteln errichteter Wohnungen
Gesetze:

§ 117 GewO

GZ 2007/04/0198, 22.06.2011

 

Der Bf bringt vor, die Absicht eine Bauträgertätigkeit auszuüben, müsse bereits im Zeitpunkt der Errichtung gegeben sein, ansonsten müsste jeder Eigentümer mehrerer Wohnungen, der diese verkaufe oder vermiete, als gewerblicher Bauträger angesehen werden.

 

Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Bf geltend, die Tatsache, dass ein Eigentümer mehrerer Wohnungen einzelne Wohnungen verkaufe, stelle keine regelmäßige, organisatorische und kommerzielle Abwicklung von Bauvorhaben dar und belege va nicht die Absicht des Eigentümers, eine gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Das Gesetz spreche eindeutig von "Bauvorhaben" und nicht vom Abverkauf bereits fertiggestellter Wohnungen.

 

Die belangte Behörde habe die Begründung des Bf für eine mangelnde Ertragsabsicht, dass nämlich laut Baubescheid das Bauvorhaben ausschließlich als Wohnhaus mit fünf Wohneinheiten für den ganzjährigen Wohnbedarf diene, als nicht glaubwürdig angesehen. Diese Argumentation sei nicht nachvollziehbar. Bei einer Bautätigkeit für den privaten Eigenbedarf fehle es nach der Rsp des VwGH an einer Ertragsabsicht.

 

VwGH: Gem § 117 Abs 4 GewO umfasst der Tätigkeitsbereich eines Bauträgers die organisatorische und kommerzielle Abwicklung von Bauvorhaben (Neubauten, durchgreifende Sanierungen) auf eigene oder fremde Rechnung sowie die hinsichtlich des Bauaufwandes einem Neubau gleichkommende Sanierung von Gebäuden. Der Bauträger ist auch berechtigt, diese Gebäude zu verwerten.

 

Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass der Bf, der das gesamte Bauvorhaben auf seine Rechnung durchgeführt habe, nach Fertigstellung des Bauvorhabens drei der fünf Wohnungen verkauft habe. Die belangte Behörde geht weiters davon aus, dass bereits im Zeitpunkt der Planung ("sohin von Anfang an") die Absicht des Bf bestanden habe, aus zumindest einer Wohnung einen Ertrag zu erzielen. Gestützt darauf vermeint die belangte Behörde, dass das Vorgehen des Bf der Tätigkeit eines Bauträgers entspreche.

 

Dem hält der Bf entgegen, der Abverkauf bereits fertig gestellter, aus eigenen Mitteln errichteter Wohnungen sei nicht unter § 117 Abs 4 GewO zu subsumieren.

 

Bei dem in § 117 Abs 4 GewO umschriebenen Tätigkeitsbereich des Bauträgers handelt es sich um alle Maßnahmen, die der Bauträger als Bauherr oder für einen Bauherrn im eigenen Namen auf eigene oder auf fremde Rechnung zur Vorbereitung oder Durchführung von Bauvorhaben setzt; hiebei werden vom Bauträger Vermögenswerte von Erwerbern, Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten oder von Bewerbern um Erwerbs- oder Nutzungsrechten herangezogen. In Abs 4 wurde das Recht der Erstverwertung für den Bauträger aufgenommen, wie es derzeit auf Grund der gefestigten Anschauungen der beteiligten Kreise besteht. Die Verwertung des Bauobjektes ist zwar kein notwendiges Merkmal des Gewerbetatbestandes der Bauträgertätigkeit, doch sind Verwertungshandlungen iZm der organisatorischen und kommerziellen Abwicklung eines Bauvorhabens auch von der Bauträgergewerbeberechtigung umfasst.

 

Wesentliches Element für die Tätigkeit als Bauträger ist die Rechtsbeziehung zu Dritten. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 117 Abs 1 GewO (Bauträger als ein Teil des Gewerbes Immobilien"treuhänder"), doch ist daraus allein für die Beantwortung der hier in Rede stehenden Frage, ob der Abverkauf fertig gestellter, aus eigenen Mitteln errichteter Wohnungen die Tätigkeit eines Bauträgers darstelle, nichts zu gewinnen. Für die Bestimmung des Umfanges der Gewerbeberechtigung, aber auch für die Ermittlung des Umfanges der in der GewO geregelten reglementierten Gewerbe, sind, sofern dies nicht nach dem ersten Satz des § 29 GewO möglich ist, nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung (ua) die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen heranzuziehen.

 

Aus den einschlägigen literarischen Äußerungen und den Richtlinien des Fachausschusses für Bauträger ist abzuleiten, dass als wesentliches Element für die Tätigkeit als Bauträger die Drittbeziehung angesehen wird. Insbesondere nach den Ausführungen von Kallinger ist wesentlich, dass der Bauträger seine Baumaßnahmen im Hinblick auf eine schon bestehende oder künftige vertragliche Beziehung zum Nutzer des Bauvorhabens setzt, mit diesem ein Rechtsverhältnis eingeht und sich diesem direkt oder indirekt verpflichtet bzw von ihm Anzahlungen oder sonstige Leistungen für die Realisierung des Bauvorhabens entgegennimmt. Wer nur für sich selbst ein Haus baut oder nach eigenen Gutdünken ein Bauwerk in eigenem Namen und für eigene Rechnung nach völlig freier eigener Disposition errichtet, uneingeschränkt das volle Errichtungs-, Bestands- Bewirtschaftungs- und Veräußerungsrisiko auf sich nimmt und keinem Dritten gegenüber eine Verpflichtung eingegangen ist oder eine solche während der Realisierung einzugehen beabsichtigt, das Bauwerk fertigzustellen oder in irgend einer Form zu übergeben, ist nicht als Bauträger, sondern als Investor anzusehen.

 

Die belangte Behörde hat die von ihr festgestellte Tätigkeit des Bf ohne weitere Erhebungen und Feststellungen als solche eines Bauträgers qualifiziert. Für eine abschließende Beurteilung wären allerdings Feststellungen zu treffen gewesen, ob es auch als eine Tätigkeit des Bauträgers iSd Anschauungen der beteiligten gewerblichen Kreise gelte, wenn ein bereits vollendetes, auf eigene Kosten und eigenes Risiko errichtetes Bauwerk nach Fertigstellung durch Verkauf verwertet wird, und ob bereits die Absicht einer späteren Verwertung des fertigen Bauwerkes ohne Begründung konkreter Drittbeziehungen während der Phase der Bauverwirklichung die Bauträgereigenschaft begründet. Die Ermittlung der Anschauung der beteiligten Verkehrskreise ist eine Tatfrage und wäre von der belangten Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu klären gewesen.

 

Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie in Verkennung der gesetzlichen Vorschriften über die Bestimmung des Umfanges einer Gewerbeberechtigung die erforderlichen Feststellungen über die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise zu der verfahrensgegenständlich relevanten Fallkonstellation unterließ, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.