19.10.2011 Sozialrecht

VwGH: Es steht nicht im freien Belieben des AMS, Arbeitslosen (Langzeitarbeitslosen) entweder eine Arbeitsstelle zu vermitteln oder sie zu einer Nach- oder Umschulung oder zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme zuzuweisen

Bei Vorliegen der in § 9 Abs 8 AlVG geregelten Voraussetzungen kann eine (ausführlichere) Begründung der Maßnahme zur Wiedereingliederung vor Zuweisung entfallen und die Begründung der Notwendigkeit oder auch Nützlichkeit der Maßnahme noch im Verwaltungsverfahren nachgeholt werden


Schlagworte: Arbeitslosenversicherungsrecht, Arbeitswilligkeit, Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, Begründung
Gesetze:

§ 9 AlVG, § 10 AlVG

GZ 2009/08/0268, 07.09.2011

 

VwGH: Es steht nicht im freien Belieben des AMS, Arbeitslosen (Langzeitarbeitslosen) entweder eine Arbeitsstelle zu vermitteln oder sie zu einer Nach- oder Umschulung oder zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme zuzuweisen. Für die Zuweisung zu einer solchen Maßnahme ist vielmehr Voraussetzung, dass die Kenntnisse des Arbeitslosen für die Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind. Eine Wiedereingliederungsmaßnahme ist nur dann erforderlich und zumutbar iSd § 9 AlVG, wenn sie allein oder gemeinsam mit anderen Maßnahmen im Hinblick auf eine tatsächliche Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt Erfolg versprechend erscheint.

 

Mit BGBl I Nr 104/2007 wurde die Bestimmung des § 9 Abs 8 AlVG eingefügt. In den Gesetzesmaterialien wird hiezu ausgeführt, Abs 8 enthalte nähere Regelungen für Maßnahmen zur Wiedereingliederung. In Fällen, in denen die Erforderlichkeit einer Maßnahme zur Wiedereingliederung offenkundig sei, solle die an sich für das AMS bestehende Begründungspflicht unmittelbar vor der Zuweisung entfallen können. Daraus ist abzuleiten, dass bei Vorliegen näher geregelter Voraussetzungen eine (ausführlichere) Begründung der Maßnahme vor Zuweisung entfallen und sohin die Begründung der Notwendigkeit oder auch Nützlichkeit der Maßnahme noch im Verwaltungsverfahren nachgeholt werden kann. Ein Ausschluss vom Bezug der Geldleistung setzt aber jedenfalls voraus, dass entsprechende Gründe für die Zuweisung zu einer Maßnahme vorliegen.

 

Vor dem unstrittigen Hintergrund, dass trotz jahrelanger Stellenvermittlung über das AMS als auch Arbeitssuche in Eigeninitiative des Bf seine Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt nicht erreicht werden konnte, und den in der erwähnten Niederschrift determinierten Zielen und Inhalten der Maßnahme bestehen keinerlei Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde über die Notwendigkeit der Maßnahme, zumal es auch notorisch ist und keiner näheren Begründung bedarf, dass eine langjährige Absenz vom Arbeitsmarkt den arbeitsplatzbezogenen Einordnungs- und Kommunikationsfähigkeiten eines potentiellen Mitarbeiters in der Regel nicht förderlich ist, was wiederum in den Augen von Arbeitgebern einen Bewerbungsnachteil zur Erlangung eines regulären Dienstverhältnisses am ersten Arbeitsmarkt bei sonst durchaus gleicher Qualifikation darstellen kann. Daran vermag auch der Umstand, dass der Bf seit geraumer Zeit einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht, grundsätzlich nichts zu ändern.