26.10.2011 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: § 5 Abs 2 VStG – zum unverschuldeten Rechtsirrtum

Auch irrige Gesetzesauslegung ist ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten aber nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass sie unverschuldet war, und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte


Schlagworte: Rechtsirrtum, unverschuldet, irrige Gesetzesauslegung
Gesetze:

§ 5 VStG

GZ 2008/02/0103, 16.09.2011

 

Der Bf beruft sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum, weil nahezu archivarischer Fleiß und eine juristische Ausbildung erforderlich sei, um die Änderungen durch die EG-VO Nr 561/2006, insbesondere deren zeitlichen Geltungsbereich, unmittelbar nach Inkrafttreten der genannten Verordnung herauszufinden. Der Umstand, dass der Bf von der "alten" Rechtslage ausgegangen sei, wonach lediglich die Schaublätter der laufenden Woche und des letzten Tages der vorangegangenen Woche vorzulegen seien, ergebe sich daraus, dass er eben diese Schaublätter bei sich geführt und den Kontrollorganen ausgehändigt habe.

 

VwGH: Dem ist entgegenzuhalten, dass Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, gem § 5 Abs 2 VStG nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Dabei ist auch irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten aber nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass sie unverschuldet war, und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Bei Einhaltung der einem Berufskraftfahrer obliegenden Sorgfaltspflicht bedarf es der Objektivierung durch geeignete Erkundigungen und es ist Sache des Lenkers eines Lastkraftwagens, sich auch über die Rechtslage hinsichtlich der Einhaltung der Ruhezeiten bzw über die Vorlage von Schaublättern zu informieren; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko eines Rechtsirrtums. Dass der Bf solche geeigneten Erkundigungen vorgenommen habe, behauptet er nicht, sodass das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums von der belangten Behörde zu Recht verneint wurde.