02.11.2011 Verfahrensrecht

VwGH: § 13 AVG – Anbringen via E-Mail?

Die Subsidiaritätsklausel "soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist" betrifft auf dem Boden des Wortlauts des § 13 Abs 1 erster Satz AVG sowohl die verschiedenen Anbringenstypen als auch die verschiedenen Anbringensübermittlungsarten; erfasst werden davon somit alle diesbezüglich in § 13 AVG normierten Regelungen; insoweit haben die in den Verwaltungsvorschriften normierten Regelungen Priorität, die in § 13 AVG enthaltenen Bestimmungen kommen (susidiär) nur soweit zum Tragen, als in den Verwaltungsvorschriften keine besonderen Regelungen getroffen werden


Schlagworte: Anbringen, Subsidiaritätsklausel, E-Mail, Verbesserungsauftrag, Manuduktionspflicht
Gesetze:

§ 13 AVG, § 13a AVG

GZ 2008/05/0156, 11.10.2011

 

Die Beschwerde bringt vor, § 13 Abs 2 AVG sehe vor, dass schriftliche Anbringen in Form von E-Mail eingebracht werden können, sofern nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen seien. Die AVG-Novelle BGBl Nr 5/2008 folge offenbar der Intention, dass Anbringen nunmehr auch auf elektronischem Weg eingebracht werden könnten und dadurch moderne Kommunikationstechniken im Verwaltungsverfahren operationalisierbar gemacht werden sollten. Die Regelung des Eisenstädter Stadtrechts sei offenbar nicht den Regelungen dieser AVG- Novelle angepasst worden. Damit hätte aber von der belangten Behörde nicht weiterhin angenommen werden dürfen, dass § 82 Abs 2 Eisenstädter Stadtrecht eine lex specialis zu § 13 Abs 2 AVG sei, wonach im Eisenstädter Stadtrecht keine Sonderregelung bestehe, die einen Ausschluss der Möglichkeit der Übermittlung der Vorstellung per E-Mail vorsehe.

 

VwGH: Der für "Anbringen" von Parteien - dazu zählt auch die in Rede stehende Vorstellung - bei einer Behörde maßgebliche § 13 AVG sieht im ersten Satz seines Abs 1 vor, dass die dort eröffneten Arten der Übermittlung ("schriftlich, mündlich oder telefonisch") der Anbringen ("Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen") nur dann zum Tragen kommen, "soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist". Nach dieser Bestimmung sind ferner (ua) Rechtsmittel - wie eine Vorstellung (vgl Art 119a Abs 5 B-VG) - schriftlich einzubringen. Nach § 13 Abs 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind.

 

Die Subsidiaritätsklausel "soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist" betrifft auf dem Boden des Wortlauts des § 13 Abs 1 erster Satz AVG sowohl die verschiedenen Anbringenstypen als auch die verschiedenen Anbringensübermittlungsarten. Erfasst werden davon somit alle diesbezüglich in § 13 AVG normierten Regelungen. Insoweit haben die in den Verwaltungsvorschriften normierten Regelungen Priorität, die in § 13 AVG enthaltenen Bestimmungen kommen (susidiär) nur soweit zum Tragen, als in den Verwaltungsvorschriften keine besonderen Regelungen getroffen werden.

 

Nach der Legaldefinition des Art II Abs 2 EGVG sind Verwaltungsvorschriften iSd Verwaltungsverfahrensgesetze alle die verschiedenen Gebiete der Verwaltung regelnden, ua von den Landesregierungen zu vollziehenden Gesetze (das EGVG inbegriffen), Verordnungen, Staatsverträge und unmittelbar geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts. Bei der von der belangten Landesregierung herangezogenen Bestimmung des § 82 Abs 2 des Eisenstädter Stadtrechts handelt es sich daher um eine Verwaltungsvorschrift iSd § 13 AVG.

 

Wenn § 82 Abs 2 des Eisenstädter Stadtrechts normiert, dass eine Vorstellung "schriftlich oder telegrafisch" beim Magistrat einzubringen ist, wird eine besondere Regelung betreffend die Übermittlungsart eines bestimmten Anbringenstyps - des Rechtsmittels der Vorstellung - getroffen, die auf dem Boden des Gesagten Priorität gegenüber den einschlägigen Regelungen des § 13 AVG genießt. Dabei wird neben der mit "schriftlich" offensichtlich apostrophierten herkömmlichen (konventionellen) Übermittlung im Wege der direkten Abgabe bei der Behörde (persönlich oder durch Boten) bzw im Postwege lediglich die Möglichkeit der Übermittlung im Wege der Telegrafie ("telegrafisch") eröffnet. Für eine Übermittlung schriftlicher Anbringen in einer anderen technisch möglichen Form bietet § 82 leg cit keine Grundlage. Damit kann (entgegen der Beschwerde) nicht gesagt werden, dass der Begriff "schriftlich" auch die Übermittlung im Wege eines E-Mail abdeckt; der Umstand, dass ein - wie das hier gegenständliche - E-Mail ein eingescanntes Schriftstück enthält, vermag daran nichts zu ändern.

 

Der VwGH hat wiederholt ausgesprochen, dass Anbringen, für die die Verwaltungsvorschriften eine bestimmte Art der Einbringung vorsehen, unwirksam sind und für die Wahrung der Frist nicht hinreichen, wenn die Einbringung in einer anderen als der gesetzlich bestimmten Art erfolgt.

 

Da ein auf einem rechtlich nicht zugelassenen Weg eingebrachtes Anbringen als nicht eingebracht gilt, war die belangte Behörde auch nicht gehalten, den Bf iSd § 13 Abs 3 AVG einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, weil auch für die Einleitung eines Mängelbehebungsverfahrens das Vorliegen einer an sich wirksam erhobenen (wenn auch mit einem Mangel behafteten) Eingabe erforderlich ist. Daran würde im Übrigen auch eine allfällige Verletzung der Manuduktionspflicht nach § 13a AVG betreffend die Übermittlungsart der Vorstellung nichts zu ändern vermögen.