16.11.2011 Sonstiges

VwGH: Programmentgelt nach § 31 ORF-G, Rundfunkgebühren nach dem RGG und Kunstförderungsbeitrag bei Unmöglichkeit, die Programme des ORF nach Umstellung auf digital zu empfangen?

Für die Zwecke des Programmentgelts liegt eine betriebsbereite Rundfunkempfangsanlage nur dann vor, wenn diese Anlage alle Programme des ORF empfangen kann; eine Rundfunkempfangseinrichtung iSd § 1 Abs 1 RGG liegt dann vor, wenn ein technisches Gerät Darbietungen iSd Art I Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl 396/1974 unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar macht, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei diesen Darbietungen um solche des ORF handelt; aus § 1 Abs 1 Z 1 KunstförderungsbeitragsG ergibt sich, dass der Kunstförderungsbeitrag an die für Radio-Empfangseinrichtungen gem § 3 RGG zu entrichtende Gebühr gekoppelt ist


Schlagworte: ORF, Programmentgelt, Rundfunkgebühr, betriebsbereite Rundfunkempfangsanlage, Rundfunkempfangseinrichtung, Darbietungen, Kunstförderungsbeitrag, Umstellung auf digital
Gesetze:

§ 31 ORF-G, § 1 RGG, § 2 RGG, § 3 RGG, § 1 KunstförderungsbeitragsG

GZ 2009/17/0016, 15.09.2011

 

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde über die gesamte Vorschreibung von Abgaben und Entgelten durch die GIS vom 28. April 2008, somit über das Programmentgelt nach § 31 ORF-G, die Rundfunkgebühren nach dem RGG und den Kunstförderungsbeitrag abgesprochen.

 

Der Bf bekämpft mit seiner Beschwerde den angefochtenen Bescheid in seinem gesamten Umfang. Er behauptet in seiner Beschwerde nach der Umstellung auf digitalen Empfang keine Programme des ORF empfangen zu können, womit die Pflicht zur Entrichtung der ihm vorgeschriebenen Beträge weggefallen wäre. Die belangte Behörde wiederum vertritt die Auffassung, dass es nicht darauf ankomme, ob der Bf mit seinem Gerät die Programme des ORF tatsächlich empfangen könne.

 

VwGH: Zum Programmentgelt (§ 31 ORF-G):

 

Schon die Überschrift vor § 31 ORF-G ("Programmentgelt") legt nahe, dass eine Austauschbeziehung zwischen dem Empfang der Programme des ORF und dem dafür zu leistenden Entgelt besteht. Näheres ergibt sich dann aus § 31 Abs 1 erster Satz leg cit wonach jedermann zum Empfang der Hörfunk- bzw Fernsehsendungen des ORF gegen ein fortlaufendes Programmentgelt berechtigt ist. Dieses Programmentgelt ist gem § 31 Abs 3 erster Satz unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen. Ein Programmentgelt nach dem ORF-G ist somit nach diesem Gesetz nur bei einem Empfang der Hörfunk- bzw Fernsehsendungen des ORF zu entrichten, wobei es darauf ankommt, dass mit der (konkreten) Rundfunkempfangsanlage sämtliche Programme des ORF, für die ein Versorgungsauftrag besteht, empfangen werden können. Dass dies im Beschwerdefall gegeben sei, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Sie führt in ihrer Ergänzung zur Gegenschrift vom 16. April 2009 diesbezüglich aus, dass "von den zum Versorgungsauftrag des ORF zählenden und zwingend zu veranstaltenden drei Fernsehprogrammen zwei für jedermann frei unter Verwendung eines digitalen Satellitenreceivers über den digitalen Satelliten Astra 1H zu empfangen" seien. Selbst wenn es dem Bf aber möglich wäre, mit seinem digitalen Satellitenreceiver  die von der belangten Behörde angesprochenen Programme ORF 2 Europe und ORF Sport Plus zu empfangen, verpflichtete ihn dies noch nicht zur Zahlung des Programmentgelts, wenn er andere, vom Versorgungsauftrag umfasste Programme des ORF nicht empfangen kann.

 

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 4. September 2008, 2008/17/0059, ausgeführt hat, ist von der (in einem Austauschverhältnis stehenden) Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes die Art und Weise deren Entrichtung zu unterscheiden, wobei diesbezüglich der Gesetzgeber schon in § 31 Abs 3 zweiter Satz ORF-G auf die "für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften" sowie in § 31 Abs 4 ORF-G auf die Rundfunkgebühren verweist. Aus diesem Verweis auf das RGG kann hinsichtlich des Beginnes und des Endes der Pflicht sowie einer allfälligen Befreiung nicht darauf geschlossen werden, dass auch der Inhalt dieser Verpflichtung mit der des RGG übereinstimmt. Vielmehr bedeutet der Verweis des ORF-G auf das RGG, dass für die Zwecke des Programmentgelts eine betriebsbereite Rundfunkempfangsanlage nur dann vorliegt, wenn diese Anlage die Programme des ORF empfangen kann.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, dass es lediglich darauf ankomme, dass der Bf mit seiner Empfangsanlage irgendwelche Programme empfange, die nicht notwendigerweise solche des ORF sein müssten. Aufgrund dieser rechtsirrigen Ansicht, dass es auf die Möglichkeit zum Empfang aller Programme des ORF nicht ankomme, hat sie Feststellungen darüber unterlassen. Damit hat sie aber ihren Bescheid im Hinblick auf den Abspruch über das Programmentgelt mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

 

Zur Rundfunkgebühr (RGG):

 

Nach Art I Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl Nr 396/1974, ist Rundfunk die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Benützung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung bzw längs oder mittels eines Leiters sowie der Betrieb von technischen Einrichtungen, die diesem Zweck dienen.

 

Versteht man den Verweis in § 1 Abs 1 RGG auf Art I Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks nur als solchen im technischen Sinn (wie dies offensichtlich der VfGH in seinem Erkenntnis vom 16. März 2006, G 85/05 ua, tut), so liegt eine Rundfunkempfangseinrichtung iSd § 1 Abs 1 RGG vor, wenn ein technisches Gerät die oben genannten Darbietungen unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar macht, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei diesen Darbietungen um solche des ORF handelt.

 

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Bf über ein technisches Gerät verfügt, das die im Bundesverfassungsgesetz vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks genannten Darbietungen unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar macht. Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die Rundfunkgebühr nach dem RGG von einer Abgabenpflicht ausgegangen ist und die Berufung abgewiesen hat.

 

Zum Kunstförderungsbeitrag:

 

Gem § 1 Abs 1 Z 1 des Bundesgesetzes vom 9. Dezember 1981 über den Kunstförderungsbeitrag (in der Folge: KunstförderungsbeitragsG), BGBl Nr 573/1981, ist vom Rundfunkteilnehmer zu jeder gem § 3 RGG für Radio-Empfangseinrichtungen zu entrichtenden Gebühr monatlich ein Beitrag von 0,48 Euro (Kunstförderungsbeitrag) zu entrichten. Die Einhebung und zwangsweise Einbringung sowie die Befreiung von dieser Abgabe gem Abs 1 Z 1 obliegt nach Abs 2 leg cit dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren betrauten Rechtsträger nach denselben Vorschriften, die für die Rundfunkgebühren gelten.

 

Aus § 1 Abs 1 Z 1 KunstförderungsbeitragsG ergibt sich, dass der Kunstförderungsbeitrag an die für Radio-Empfangseinrichtungen gem § 3 RGG zu entrichtende Gebühr gekoppelt ist.