23.11.2011 Fremdenrecht

VwGH: Maßnahmenbeschwerde gem § 67a Z 2 AVG und § 88 SPG (iZm „öffentlicher Zurschaustellung der Nacktheit" des Angehaltenen durch das Öffnen der Türe zum Duschraum)

Die Intimsphäre der Angehaltenen ist selbstverständlich zu achten; das Bedürfnis, von Dritten nicht nackt gesehen zu werden, ist auch nicht Ausdruck eines "übersteigerten Schamgefühls"


Schlagworte: Schubhaft, Anhaltung, Maßnahmenbeschwerde, Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Schubhaft, Intimsphäre, Öffnen der Türe zum Duschraum
Gesetze:

§ 67a Z 2 AVG, Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, § 88 SPG, § 4 AnhO

GZ 2008/21/0516, 29.09.2011

 

Die Beschwerde wendet sich gegen die "öffentliche Zurschaustellung der Nacktheit" des Bf durch das Öffnen der Türe zum Duschraum, was § 4 Abs 1 AnhO widerspreche, wonach die Angehaltenen unter möglichster Schonung ihrer Person zu behandeln seien, was selbstverständlich auch den Respekt vor der Intimsphäre des Einzelnen beinhalte.

 

VwGH: Grundsätzlich ist dem Bf darin beizupflichten, dass die Intimsphäre der Angehaltenen selbstverständlich zu achten ist. Das Bedürfnis, von Dritten nicht nackt gesehen zu werden, ist auch nicht Ausdruck eines "übersteigerten Schamgefühls". Fallbezogen ergibt sich allerdings aus den Aussagen aller Beteiligten (auch des Bf selbst) in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, dass sich vor den Duschen zum Gang hin noch ein Vorraum befunden hat. Das Öffnen der Türe hat den im Duschraum selbst befindlichen Bf demnach noch nicht den Blicken der allenfalls am Gang Vorbeigehenden ausgesetzt. Gesehen wurde er - abgesehen von den duschenden Mithäftlingen - offenbar nur von dem eintretenden Beamten. Das musste aber, nachdem dieser Beamte unstrittig bereits zuvor angekündigt hatte, dass nur mehr fünf Minuten zum Duschen zur Verfügung stünden, und der Bf daher Gelegenheit gehabt hätte, sich rechtzeitig wieder anzukleiden, hingenommen werden. In diesem Punkt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, sodass sie insoweit gem § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.