07.12.2011 Sozialrecht

VwGH: Arbeitserprobung gem § 9 Abs 8 AlVG – begründet die Weigerung des Arbeitslosen, eine Vereinbarung zur (bloßen, nicht im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme liegenden) Arbeitserprobung zu unterfertigen, eine Verweigerungs- oder Vereitelungshandlung iSd § 10 Abs 1 AlVG?

Als eigenständige - und nach § 10 Abs 1 AlVG sanktionierbare - Wiedereingliederungsmaßnahme ist eine (bloße) Arbeitserprobung nicht zulässig


Schlagworte: Arbeitslosenversicherungsrecht, Arbeitswilligkeit, Arbeitserprobung, Weigerung, keine Verweigerungs- / Vereitelungshandlung, Wiedereingliederungsmaßnahme
Gesetze:

§ 9 AlVG, § 10 AlVG

GZ 2009/08/0294, 19.10.2011

 

VwGH: Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich darauf einstellen, nicht nur eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sondern - erforderlichenfalls - auch an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen. Um sich durch die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Teilnahme ausgerichteten aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, den Erfolg der Maßnahme zu vereiteln.

 

Wiedereingliederungsmaßnahmen sind Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, die - wenngleich nicht in der selben berufsbezogenen Weise wie eine Nach- oder Umschulung - der im konkreten Fall jeweils erforderlichen Verbesserung von Kenntnissen und Fähigkeiten des Arbeitslosen dienen; sie sollen dem Arbeitslosen die Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern.

 

Eine - bloße - Arbeitserprobung ist aber keine Maßnahme zur Verbesserung von Kenntnissen oder Fähigkeiten des Arbeitslosen; sie soll - nach § 9 Abs 8 AlVG - vielmehr zur Überprüfung vorhandener (oder auch im Rahmen einer Maßnahme erworbener) Kenntnisse und Fertigkeiten oder der Einsatzmöglichkeiten in einem Betrieb dienen. Demnach ist es zwar zulässig, eine Arbeitserprobung "im Zuge von Maßnahmen des Arbeitsmarktservice" (wobei unter "Maßnahmen" Nach- und Umschulungsmaßnahmen sowie Wiedereingliederungsmaßnahmen zu verstehen sind), also als Teil einer derartigen Maßnahme vorzusehen. Als eigenständige - und nach § 10 Abs 1 AlVG sanktionierbare - Wiedereingliederungsmaßnahme ist eine (bloße) Arbeitserprobung hingegen nicht zulässig.

 

Dafür, dass es sich bei der zu beurteilenden Tätigkeit bei E hingegen - wie im erstinstanzlichen Bescheid angeführt - um ein Arbeitstraining, also eine Maßnahme zur Wiedereingliederung arbeitsentwöhnter Personen in den Arbeitsmarkt gehandelt hätte, ergeben sich aus den Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde keine Anhaltspunkte.

 

Der VwGH verkennt nicht, dass eine Arbeitserprobung wie im vorliegenden Fall für die Wiedererlangung einer Beschäftigung sehr nützlich und zielführend sein mag; ihrer Umsetzung im Wege vertraglicher Vereinbarungen, wie sie das AMSG ermöglicht (und wie sie die Bundesrichtlinie Aus- und Weiterbildungsbeihilfen in Punkt III betreffend Arbeitserprobungen auch als Voraussetzung vorsieht), steht auch nichts im Wege. Eine Weigerung des Arbeitslosen, eine Vereinbarung zur (bloßen, nicht im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme liegenden) Arbeitserprobung zu unterfertigen, begründet aber keine Verweigerungs- oder Vereitelungshandlung iSd § 10 Abs 1 AlVG.