02.06.2011 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Antrag auf nachträgliche Strafmilderung – analoge Anwendung des § 31a StGB im Verwaltungsstrafverfahren?

Im Verwaltungsstrafverfahren ist § 31a StGB nicht anzuwenden


Schlagworte: Nachträgliche Milderung der Strafe, Freiheitsstrafe
Gesetze:

§ 31a StGB, § 11 VStG, § 19 VStG

GZ 2008/09/0216, 24.03.2011

 

Der Bf will § 31a StGB in seinem Fall angewendet wissen und bringt in der Beschwerde unter Bezugnahme auf §§ 11 und 19 VStG und § 32 Abs 2 StGB zusammenfassend vor, dass seit dem Ergehen der Verwaltungsstrafbescheide nachträglich Umstände eingetreten seien, die zu einer milderen Bemessung der Strafe iSd § 31a StGB geführt hätten, wenn sie in seinem Fall anzuwenden gewesen wäre. Da jedoch im VStG keine derartige Regelung bestehe, liege eine gegen das Gleichheitsgebot verstoßende unsachliche Differenzierung vor, weshalb im gegenständlichen Fall eine verfassungskonforme Auslegung geboten sei und § 31a StGB analog heranzuziehen sei. Er habe es geschafft, sich von seinen alten gesellschaftlichen Bindungen zu lösen und ein neues soziales Netz aufzubauen. Müsse er nun die Haftstrafe im Ausmaß von über sieben Wochen trotz der geänderten persönlichen Umstände tatsächlich absitzen, so hätte das zwangsläufig den Verlust seines Arbeitsplatzes und damit gravierende Beeinträchtigungen seiner wirtschaftlichen Existenz zur Folge.

 

VwGH: Der VwGH hat in einem ähnlichen Fall, in welchem wegen geänderter persönlicher Verhältnisse (dort: Eintritt der Erwerbsunfähigkeit infolge einer Querschnittslähmung) die nachträgliche Herabsetzung einer Verwaltungsstrafe beantragt worden war, dargelegt, dass § 31a StGB - allenfalls iVm den § 14 VStG und § 410 StPO - im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden ist. Mangels echter Gesetzeslücke ist eine analoge Anwendung des § 31a StGB im Verwaltungsstrafrecht auch nicht geboten. Der Gesetzgeber ist angesichts der Unterschiede zwischen dem Verwaltungsstrafrecht einerseits und dem gerichtlichen Strafrecht anderseits auch nicht gehalten, im Verwaltungsstrafrecht, in welchem etwa geringere Strafdrohungen und geringere Verjährungsfristen bestehen, dieselben Regelungen des gerichtlichen Strafrechts im Verwaltungsstrafrecht anzuordnen.

 

Soweit der Bf meint, die gegen ihn verhängten Freiheitsstrafen wären deswegen nachträglich zu mildern und insbesondere in Geldstrafen umzuwandeln gewesen, weil die Verbüßung der gesamten ausstehenden Arreststrafe zwangsläufig den Verlust seines Arbeitsplatzes und damit gravierende Beeinträchtigungen seiner wirtschaftlichen Existenz zur Folge hätte, so kann diesem Anliegen gerade in seinem Fall durchaus - jedenfalls teilweise - durch einen Aufschub und die Unterbrechung des Vollzuges von Freiheitsstrafen gem § 54a VStG Rechnung getragen werden. Nach dem Abs 1 dieser Bestimmung kann die Behörde nämlich auf Antrag des Bestraften aus wichtigem Grund den Strafvollzug aufschieben, "insbesondere wenn 1. durch den sofortigen Vollzug der Freiheitsstrafe die Erwerbsmöglichkeit des Bestraften oder der notwendige Unterhalt der ihm gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gefährdet würde oder 2. dringende Familienangelegenheiten zu ordnen sind". Nach dem Abs 2 leg cit "kann auf Antrag des Bestraften aus wichtigem Grund (Abs 1) auch die Unterbrechung des Vollzuges der Freiheitsstrafe bewilligt werden".