21.11.2002 EU

EuGH: Seeverkehr zwischen Rhodos und der Türkei darf keinen strengeren Bedingungen unterworfen werden als der Seeverkehr zwischen Rhodos und den anderen griechischen Häfen oder den Häfen anderer Mitgliedstaaten


Mit Urteil vom 14. November 2002 (C-435/00 - Geha Naftiliaki EPE U. A./NPDD Limeniko Tameio Dodekanisou und Elliniko Dimosio) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der Seeverkehr zwischen Rhodos und der Türkei keinen strengeren Bedingungen unterworfen werden darf als der Seeverkehr zwischen Rhodos und den anderen griechischen Häfen oder den Häfen anderer Mitgliedstaaten. Eine Differenzierung muss durch die objektiven Besonderheiten der Kosten der Hafendienstleistungen oder der Behandlung der Passagiere gerechtfertigt sein.

Zum Hintergrund: Die "Geha Naftiliaki EPE", die "Total Scope NE" sowie die aus den Gebrüdern Charalampis u. a. bestehende Schiffseigentümergemeinschaft sind Reeder, welche mit ihren drei Schiffen Fahrten vom Hafen Rhodos in die Türkei durchführen und die Rückkehr am selben Tag anbieten. Im Juni 1996 haben sie 4.067 Tagespassagiere und 3.703 Transitpassagiere befördert.

Im August 1996 hatte die Hafenkasse des Dodekanes eine Nichtzahlung von Hafenabgaben durch die genannten Reeder festgestellt und das Verwaltungsgericht Rhodos mit der Klärung dieser Frage befasst.

Nach griechischem Recht sind Hafenabgaben zugunsten des staatlichen Trägers vorgeschrieben, welcher den Hafen betreibt. Diese Abgaben werden von den Schiffsreisebüros zulasten aller Passagiere erhoben, die in einem griechischen Hafen an Bord gehen, und sind je nach dem Bestimmungshafen des Schiffes unterschiedlich. Diese Abgaben bestehen aus einer proportionellen Erhöhung des Preises der Schiffskarte oder aus einem Festbetrag. Sie sind unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Passagiere oder der von den Schiffen geführten Flagge und höher für Passagiere, deren Ankunftshafen kein griechischer ist.

Das Verwaltungsgericht Rhodos hatte sich in der Folge an den EuGH mit der Frage gewandt, ob es die Gemeinschaftsverordnung von 1986, nach welcher der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs für den Seeverkehr zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern gilt, zulässt, dass

.) eine Beschränkung der Seeverkehrsdienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern durch innerstaatliche Rechtsvorschriften erfolgt,

.) eine unterschiedliche Höhe der Hafenabgaben für Passagiere mit Bestimmungsort in einem Drittland festgesetzt wird, und

.) eine Berechnung der Hafenabgaben nach der Entfernung oder geografischen Lage des Hafens bei Fahrten zu Häfen von Drittländern erfolgt.

Die Hafenkasse des Dodekanes hatte vorgetragen, dass mit den Hafenabgaben nicht die Seeschifffahrtsgesellschaften, sondern die Reisenden belastet würden und die Abgaben folglich nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung über Seeverkehrsdienstleistungen fallen würden. Sie hatte weiters geltend gemacht, dass die Abgaben dazu bestimmt wären, die Ausgaben für die Errichtung und die Unterhaltung von Hafenanlagen sowie die Bereitstellung von Hafendienstleistungen im Allgemeinen zu decken.

Der Europäische Gerichtshof folgte dieser Argumentation nicht und stellt in seiner Begründung zunächst fest, dass die durch die griechischen Rechtsvorschriften festgelegte Erhöhung der Hafenabgaben sich unmittelbar und automatisch auf den Fahrpreis in der Weise auswirkt, dass die Differenzierung bei den von den Passagieren getragenen Abgaben notwendigerweise auf die Kosten der Fahrt überwälzt wird.

Ferner hat die Hafenkasse des Dodekanes nach Ansicht des Gerichtshofes nicht dartun können, dass sich die tatsächlichen Kosten der Fahrten nach den Bestimmungsorten unterscheiden, und zwar in den gleichen Proportionen wie die Hafenabgaben bei Fahrten nach Europa oder nach der Türkei, und dass sie folglich objektiv gerechtfertigt wären, insbesondere dadurch, dass den Passagieren je nach den Fahrten andere Dienstleistungen angeboten werden.

Der EuGH weiter wörtlich: "Durch die Verordnung von 1986 ist aber der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr zwischen Mitgliedstaaten angewendet und auf Verbindungen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland ausgedehnt worden. Nach diesem Grundsatz steht die Verordnung Hafenabgaben entgegen, bei denen zwischen inländischen und innergemeinschaftlichen Verbindungen und den Verbindungen mit einem Drittland unterschieden wird, ohne dass dies objektiv gerechtfertigt ist.

Tarifliche Differenzierungen je nach dem Bestimmungsort ohne Korrelation mit Unterschieden bei den Kosten der Hafendienstleistungen stellen somit eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, die nicht objektiv gerechtfertigt ist, und sind damit unvereinbar mit der Verordnung von 1986."

Und schließlich: "Daraus folgt, dass der Seeverkehr zwischen Rhodos und der Türkei keinen strengeren Bedingungen unterworfen werden darf als der Seeverkehr zwischen Rhodos und den anderen griechischen Häfen oder den Häfen anderer Mitgliedstaaten."