25.09.2002 EU

Kommission genehmigt Zusammenschluss zwischen Ernst & Young und Andersen France per 5.9.02


Die Europaeische Kommission hat dem vorgesehenen Zusammenschluss zwischen Ernst & Young Frankreich und dem ueberwiegenden Teil des Frankreich-Geschaefts von Andersen zugestimmt. Zuvor hat sie die Auswirkungen dieses Vorhabens auf die Revisions- und Buchpruefungsdienstleistungen an grosse und boersennotierte Unternehmen mit Hauptsitz in Frankreich untersucht, die fuer die Pruefung ihrer Rechnungslegung auf die fuenf grossen Revisionsunternehmen zurueckgreifen. Die Kommission war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Zusammenschluss zu keinen Wettbewerbsproblemen in diesem Markt fuehren wird.

Am 7. Juli 2002 beantragten Ernst & Young und Andersen Frankreich die Zustimmung der Europaeischen Kommission zu ihrem Zusammenschlussvorhaben, das aus der Zusammenlegung des ueberwiegenden Teiles des Frankreich-Geschaefts von Andersen mit den Bereichen Revision und Buchpruefung, Steuer- und Rechtsberatung und Unternehmensfinanzierung von Ernst & Young unter Ausschluss des Bereichs Unternehmensberatung von Andersen Frankreich besteht.

Ausserdem hat sie die Auswirkungen des Fusionsvorhabens auf den franzoesischen Markt der Revision und Buchpruefung von grossen boersennotierten Unternehmen untersucht, die auf die Dienste der fuenf grossen Revisions- und Buchpruefungsunternehmen zurueckgreifen. Neben Ernst & Young und Andersen zaehlen hierzu die Unternehmen PriceWaterhouseCoopers (PwC), KPMG und Deloitte Touche Tohmatsu.

Die Untersuchung der Kommission hat keine Gefahr der Begruendung einer alleinigen marktbeherrschenden Stellung ergeben, obwohl mit dem Zusammenschluss das groesste Revisions- und Buchpruefungsunternehmen fuer grosse und boersennotierte Unternehmen in Frankreich entstehen wird. Bereits vor dem Zusammenschluss hatten die fusionierenden Parteien wegen des weltweiten Ansehensverlustes von Andersen eine Reihe von Grosskunden verloren, und es werden ihnen noch weitere wichtige Auftraege entgehen, da die franzoesischen Regeln vorschreiben, dass fuer die Buecher eines Unternehmens zwei unabhaengige Revisionen erstellt werden. Damit wird der Abstand zwischen der neuen Einheit und den anderen vier grossen Unternehmen kleiner werden.

Ausserdem hat die Marktuntersuchung gezeigt, dass die franzoesischen Grossunternehmen ihre Buchpruefer in der Regel im Rahmen einer Ausschreibung auswaehlen, und dass alle vier grossen Unternehmen als glaubwuerdige Bieter anerkannt sind. Ebenso wie bei vorangehenden Entscheidungen betreffend den britischen und deutschen Markt (siehe IP/02/968 und IP/02/1241) hat die Kommission die moegliche Gefahr der Begruendung oder Verstaerkung einer gemeinsamen marktbeherrschenden Stellung untersucht, da mit dem Zusammenschluss die Anzahl der grossen Revisionsunternehmen von fuenf auf vier zurueckgeht. Derartige Bedenken wurden bereits im Jahr 1998 bei dem Zusammenschluss zwischen Price Waterhouse und Coopers & Lybrand untersucht, als noch sechs grosse Revisionsunternehmen im Markt taetig waren. Eine genaue Untersuchung hat ergeben, dass Andersen Frankreich zwar in der Lage sein koennte, als unabhaengige Revisions- und Buchpruefungsunternehmen fuer kleinere Kunden, jedoch nicht mehr fuer Grossunternehmen taetig zu sein.

Diese verlangen ein weltumspannendes Revisionsnetz, ein hohes Mass an internationalem Fachwissen und einen Ruf, den nur die verbleibenden vier grossen Unternehmen vorweisen koennen. Diese Anforderungen konnten zwar von Andersen Worldwide, jedoch nicht mehr von Andersen Frankreich allein erfuellt werden. Ausserdem wuerde bei einer angenommenen Uebernahme von Andersen Frankreich durch ein kleineres franzoesisches Revisionsunternehmen wie Mazars & Guérard oder Salustro-Reydel weder ein weltumspannendes Revisionsnetz noch das Ansehen entstehen, um in den Markt der boersennotierten Grossunternehmen eintreten zu koennen. Deshalb war in Bezug auf grosse boersennotierte Kunden ein Rueckgang auf vier Unternehmen unvermeidlich, und waere auch erfolgt, wenn Andersen Frankreich nicht uebernommen oder aufgeloest worden waere.

Gestuetzt auf diese Analyse kam die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass keine Veranlassung bestand, die eingehende Untersuchungsphase einzuleiten, und dass dem Vorhaben zugestimmt werden konnte.

Hintergrund:

Das Frankreich-Geschaeft von Ernst & Young ist Bestandteil des weltumspannenden Netzes von Ernst & Young-Buchpruefungs- und Unternehmensberatungsfirmen, das 83 000 Mitarbeiten in 125 Laendern zaehlt. Andersen Frankreich ist auch unter den Namen Barbier Frinault & Associés und Archibald taetig. Es war Bestandteil des internationalen Netzes von Andersen Worldwide. Die Mitglieder von Andersen Worldwide haben bis in juengste Zeit rund 85 000 Personen in 84 Laendern beschaeftigt.

Der Zusammenschluss ist im Zusammenhang mit der Aufloesung von Andersen Worldwide nach dem Konkurs von Enron und der sich anschliessenden Rufschaedigung von Andersen USA zu sehen, dem Buchpruefer von Enron. In der Folge haben sich die Kanzleien von Andersen in den einzelnen Laendern einem der verbleibenden vier Unternehmen laenderweise angeschlossen, oder dies angekuendigt. Nach dem im Juli 2002 genehmigten britischen und dem im August 2002 genehmigten deutschen Zusammenschluss schliesst diese dritte Entscheidung die Fusionsuntersuchungen zur Uebernahme der nationalen Andersen-Einheiten innerhalb der Europaeischen Union ab. Andere Zusammenschluesse in der Europaeischen Union, an denen nationale Mitgliederunternehmen von Andersen beteiligt sind, wurden bereits genehmigt, oder werden gegenwaertig von den nationalen Wettbewerbsbehoerden untersucht.