27.09.2002 EU

EuGH: Gestaltung öffentlicher Ausschreibungen


Mit Urteil vom 17 September 2002 nahm der Gerichthof der Europäischen Union (RS C-513/99, Cocordia Bus Finland Oy AB gegen Helsingin kaupunki und HKL-Bussiliikenne) Stellung zu einem Rechtsstreit bezüglich der Vergabe eines Auftrags für den Betrieb einer Linie des städtischen Busnetzes der Stadt Helsinki an die HKL.

Der Stadtrat von Helsinki beschloss die schrittweise Ausschreibung des gesamten innerstädtischen Busverkehrs. Nach der Ausschreibung sollte das unternehmen den Zuschlag erhalten, dass das für die Stadt gesamtwirtschaftlich günstigste Angebot machen würde. Bei dieser Beurteilung sollten drei Gruppen von Kriterien berücksichtigt werden, nämlich der für den Betrieb geforderte Gesamtpreis, die Qualität des Fuhrparks und das Qualitäts- und Umweltkonzept des Verkehrsunternehmers. In weiterer Folge wurde der HKL der Zuschlag für ein Los erteilt, weil sie die Höchstpunkteanzahl für ihre Qualitäts- und Umweltzertifikate erhielt.

Die Concordia erhob gegen die Entscheidung Klage und machte geltend, dass die Vergabe von Zusatzpunkten für Fahrzeuge, die gewisse Stickoxidemissionen und gewisse Lärmpegel unterschritten, unangemessen und diskriminierend sei. Es seien Zusatzpunkte für den Einsatz einer Art von Autobussen gewährt worden, die tatsächlich nur der Bieter, nämlich die HKL (die ein Unternehmen der Stadt Helsinki ist), habe anbieten können.

Der EuGH hielt fest, dass Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18 Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge dahingehend auszulegen sei, dass der Auftraggeber, wenn er im rahmen eines öffentlichen Auftrags über die Erbringung von städtischen Busverkehrsdienstleistungen beschließt, einen Auftrag an den Bieter zu vergeben, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat, Umweltschutzkriterien wie die Höhe der Stickoxidemissionen oder den Lärmpegel der Busse berücksichtigen darf, sofern diese Kriterien mit dem Gegenstand des Auftrages zusammenhängen, dem Auftraggeber keine unbeschränkte Entscheidungsfreiheit einräumen, ausdrücklich im Leistungsverzeichnis oder in der Bekanntmachung des Auftrags genannt sind und bei ihnen alle wesentlichen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere das Diskriminierungsverbot, beachtet werden.

Weiters hielt der EuGH fest, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz der Berücksichtigung von Umweltschutzkriterien nicht allein deshalb entgegensteht, weil das stadteigene Verkehrsunternehmen des Auftraggebers zu den wenigen Unternehmen zählt, die in der Lage sind, einen Fuhrpark anzubieten, der den genannten Kriterien entspricht.