03.10.2002 EU

Schlussanträge des Generalanwalts Jean Mischo vom 3. Oktober 2002: Maria Walcher gegen Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Steiermark (RS C-201/01)


Anm.: Wir weisen darauf hin, dass die Urteile des Gerichthofes in der Regel nicht von den Schlussanträgen der Generalanwälte abweichen. Da dies jedoch manchmal doch vorkommt, werden die Schlussanträge von uns bewusst knapp dargestellt.

Im Sachverhalt des Ausgangsverfahrens geht es im Kern darum, ob das Bundesamt für Soziales es ablehnen kann, einem Arbeitnehmer eines in Konkurs gefallenen Unternehmens die rückständigen Löhne zu zahlen (Anm.: Hierbei handelt es sich um die Leistungen aus dem Insolvenzentgeltausfallsfond), wenn der Arbeitnehmer 25% des Kapitals des Unternehmens hält und er die Löhne länger als 60 Tage, nachdem ihm die Kreditunwürdigkeit des Unternehmens erkennbar geworden ist, nicht eingefordert hat.

Generalanwalt Mischo kommt in seiner Analyse zu dem Schluss, dass die Richtlinie des Rates vom 20 Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsfähigkeit (Anm.: Hierbei handelt es sich um die Grundlage des IESG) dahingehend auszulegen sei, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift nicht entgegensteht, nach der das Recht auf Garantie der wegen Zahlungsunfähigkeit nicht gezahlten Löhne eines Gesellschafters ohne beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft unter Berücksichtigung der Grundsätze über das Eigenkapital ersetzende Darlehen eingeschränkt wird, wenn er als Arbeitnehmer der Gesellschaft nach Eintritt deren ihm erkennbarer Kreditunwürdigkeit nicht mehr gezahltes laufendes Arbeitsentgelt über mehr als sechzig Tage nicht einfordert oder wegen Vorenthaltens des Entgelts nicht vorzeitig ausscheidet.

Generalanwalt Mischo führte weiters aus, dass Artikel 10 der RL 80/987 dahingehend auszulegen sei, dass bei Anwendung der Grundsätze über das Eigenkapital ersetzende Darlehen auf einen Arbeitnehmer-Gesellschafter ohne beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft, der Anspruchsverlust, dem sich dieser aussetzt, sich nur auf die Ansprüche für den Zeitraum erstreckt, der auf den Ablauf der oben genannten Frist von 60 Tagen folgt, es sei denn, es erweist sich, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sich zum Nachteil der Gläubiger kollusorisch verhalten haben. In diesem Fall kann sich der Verlust auf alle nicht befriedigten Ansprüche des Arbeitnehmer-Gesellschafters erstrecken.