16.10.2004 Gesetzgebung

Regierungsvorlage: Zivilverfahrens-Novelle 2004


Die RV betr BG, mit dem die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Bundesgesetz zur Durchführung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Jänner 1977 über die Übermittlung von Anträgen auf Verfahrenshilfe, das Grundbuchsumstellungsgesetz, das Firmenbuchgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter geändert werden, gliedert sich in die Bereiche Datenschutz, Verfahrenshilfe, Verbandsklage u Sonstiges.

.) Datenschutz: Der -im Verfassungsrang stehende- § 1 DSG 2000 bestimmt, dass jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten hat, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse hat. Eingriffe in dieses Grundrecht sind nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig; bei Eingriffen einer staatlichen Behörde überdies nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, etc) notwendig sind. Der Eingriff in das Grundrecht muss überdies verhältnismäßig und das gelindeste zur Verfügung stehende Mittel sein. Der Betroffene hat außerdem das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn automationsunterstützt verarbeitet, woher die Daten stammen, wozu sie verwendet werden und an wen sie übermittelt werden, sowie die Richtigstellung unrichtiger Daten und die Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten. Diese sog Begleitgrundrechte können ebenso, unter Berücksichtigung oa Kriterien, beschränkt werden.

Die entsprechenden Bestimmungen finden sich in den §§ 83 - 91a Gerichtsorganisationsgesetz: Demnach hat der Betroffene seine Begleitgrundrechte bei jenem Gericht geltend zu machen, das für die Eintragung der Daten zuständig ist (Auftraggeber nach § 4 Z 4 DSG 2000). Über eine Beschwerde (Rechtsanwaltszwang) wegen Verletzung dieser Rechte ist in bürgerlichen Rechtssachen das im Instanzenzug übergeordnete Gericht (Verfahren außer Streitsachen), in Strafsachen jedoch der Gerichtshof zweiter Instanz (StPO) zuständig.Für Schäden auf Grund von Fehlern bei der Führung gerichtlicher Geschäfte mittels IT-Einsatzes haftet der Bund (Ausnahme: unabwendbares Ereignis). Im Übrigen kommt das AHG zur Anwendung.

.) Verfahrenshilfe: Der Entwurf entspricht im Wesentlichen der RL 2003/8/EG des Rates vom 27. Jänner 2003. Diese RL (umzusetzen bis 30. November 2004) zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen soll in Zivil- und Handelssachen mit grenzüberschreitendem Bezug eine angemessene Prozesskostenhilfe (Verfahrenshilfe) für alle Unionsbürger (unabhängig von deren Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der EU) und für Drittstaaten-Angehörige, die sich rechtmäßig in der EU aufhalten, gewährleisten und Schwierigkeiten, die auf Grund des grenzüberschreitenden Bezugs einer Streitsache entstehen können, reduzieren.

.) Verbandsklage: § 55 Abs. 4 JN bestimmt für sog "Musterprozesse" einen fiktiven Mindeststreitwert. Ziel der Musterprozesse der in § 29 KSchG genannten Verbände ist es, ein Testverfahren zur Abklärung der materiellrechtlichen Rechtslage im Interesse breiter Bevölkerungskreise zu ermöglichen. Es sollen auch bei im Einzelnen geringwertigen Ansprüchen, die aber wirtschaftlich gesehen insgesamt von erheblicher Bedeutung sind, richtungsweisende Entscheidungen herbeigeführt werden können. Daher sollen Musterprozesse für abtretbare Ansprüche jedweder Art, also nicht nur Geldforderungen), ermöglicht werden, deren Wahrnehmung in den Aufgabenbereich der im § 29 KSchG genannten Verbände fällt.

.) Sonstiges: Darüber hinaus enthält der Entwurf ua dem technischen Fortschritt Rechnung tragende Regelungen zur Führung der gerichtsinternen Register und zur Einsichtnahme in diese sowie zur Ermöglichung der Einvernahme von Zeugen und Parteien mittels Videotechnologie. Für Rechtsanwaltsanwärter soll künftig eine Mediationsausbildung im Ausmaß von mind 6 Halbtagen zwingend vorgesehen werden.