09.10.2004 Gesetzgebung

Ministerialentwurf betreffend die Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960)


Die beiden bedeutendsten Neuerungen des Entwurfs betreffen die gesetzliche Verankerung von Alkohol- und Suchtgiftvortestgeräten sowie den Übergang der Zuständigkeit für die Erlassung von Verordnungen von Verkehrsbeschränkungen auf Autobahnen wegen Bauarbeiten vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Länder.Mit der Einführung der Vortestgeräte soll die Effizienz von Alkohol- und Suchtgiftkontrollen auf der Straße wesentlich gesteigert werden. Die Alkohol-Vortestgeräte liefern bereits einen Verdacht auf Alkoholisierung, sodass in der Folge nur noch Personen zur Alkomatuntersuchung aufgefordert werden müssen, bei denen die Überprüfung der Atemluft mit dem Vortestgerät einen Verdacht ergeben hat. Da die Vortestgeräte - anders als die Alkomaten - weder eine Aufwärm- noch eine Wartezeit erfordern, werden Kontrollen mit ihrer Hilfe wesentlich schneller durchgeführt werden können. Die Suchtgift-Vortestgeräte oder -streifen werden eine Vermutung auf das Vorliegen einer Beeinträchtigung durch Suchtgift liefern und so die Arbeit der Organe der Straßenaufsicht erleichtern.Der Zuständigkeitsübergang vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Länder hinsichtlich der Erlassung von Verordnungen gem. § 43 Abs. 1a StVO ("Baustellenverordnungen") auf Autobahnen hat va verwaltungsökonomische Bedeutung. Im Rahmen von Bauarbeiten auf oder neben der Straße ist nämlich sowohl die Einholung einer Bewilligung für die Durchführung dieser Bauarbeiten gem. § 90 StVO als auch die Regelung des Verkehrs gem. § 43 Abs. 1a StVO erforderlich. Während die Bewilligung gem. § 90 als Bescheid immer von einer Landesbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde oder Landesregierung) auszustellen ist, sind die aufgrund der Bauarbeiten erforderliche Verkehrsregelung enthaltenden Verordnungen gem. § 43 Abs. 1a auf Autobahnen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu erlassen. Da die allenfalls notwendigen Verkehrsbeschränkungen aber bereits im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung des Bewilligungsbescheides von einem Verkehrssachverständigen festgestellt werden, müssen diese Verfahrensergebnisse danach an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie übermittelt werden, damit sie zur Grundlage einer entsprechenden Verordnung gemacht werden können. Dieses zeitaufwendige Verfahren der Aktenübermittlung wird durch die vorgeschlagene Änderung beseitigt, ohne dass dies für die jeweiligen Landesbehörden einen nennenswerten Mehraufwand zur Folge hätte - im Großteil der Fälle beschränkt sich der Mehraufwand auf das Erstellen des Verordnungstextes sowie die formelle Erlassung der Verordnung.Die übrigen Bestimmungen des Entwurfs betreffen eine Vielzahl von einzelnen Regelungen, die entweder an geänderte technische (z.B. § 42) oder rechtliche (z.B. § 26a) Rahmenbedingungen anzupassen sind oder bei denen Änderungen der tatsächlichen Anforderungen eine Reaktion des Gesetzgebers erforderlich machen.

Der Entwurf bringt insofern geringfügige Erleichterungen für die Wirtschaft, als die gesetzlichen Ausnahmen vom Wochenend- und Feiertagsfahrverbot an die technische Entwicklung der Fahrzeuge angeglichen wurden und für die erfassten Fälle daher die Einholung von Ausnahmegenehmigungen nicht mehr erforderlich ist.

Die wichtigsten vorgeschlagenen Änderungen im Einzelnen:

- Berichtigung der Wendung "Seh- und Hörbehinderte" - Rettungs- und auch Feuerwehrfahrzeuge werden den Fahrzeugen von Gebietskörperschaften gleichgestellt- Einführung von Alkoholvortestgeräten- Um einer Gefährdung der Verkehrssicherheit durch Suchtgiftlenker wirksamer entgegenzutreten, soll ein Speichelvortest den Organen der Straßenaufsicht die Möglichkeit geben, die Vermutung einer allfälligen Beeinträchtigung durch Suchtgift bereits bei der Kontrolle zu erhärten oder aber zu entkräften. Werden im Speichel Suchtgiftspuren vorgefunden, so ist der Proband gem. Abs. 9 dem Arzt vorzuführen; dieser hat auf Grund des Vortests im Zuge der Untersuchung die Möglichkeit, sich mit den für das durch den Vortest indizierte Suchtgift typischen Symptomen und Verhaltensweisen im Zuge der Befunderstellung genauestens auseinanderzusetzen- Die Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Inneres soll auf die Alkohol- und Speichelvortestgeräte bzw. -streifen ausgedehnt werden- Der Bereich innerhalb von 15 m vor und nach den Haltestellentafeln soll nur dann als Haltestellenbereich gelten, wenn nicht Bodenmarkierungen angebracht sind, die einen anderen Bereich abgrenzen- Die Organqualität des Straßenaufsichtsorgans wird auf Organe der Sicherheitsexekutive eingeschränkt- Das Befahren von Geh- und Radwegen mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen soll außerhalb des Ortsgebiets zulässig sein- Auch Transporte von leicht verderblichen Lebensmitteln mit Fahrzeugen mit einem Anhänger, bei denen das höchste zulässige Gesamtgewicht des Zugfahrzeuges oder des Anhängers mehr als 3,5 t beträgt, werden vom Wochenend- und Feiertagsfahrverbot ausgenommen sein- Die ausnahmsweise Erlaubnis zum Befahren eines Pannenstreifens auf der Autobahn wird mit dieser Änderung auf den Fall des Beschleunigens zum Zweck des Wiedereinordnens in den Fließverkehr (etwa nach erfolgreicher Behebung einer Panne) erweitert- Eine - wenn auch unbefugte - Anbringung von Tafeln, Schildern oder dergleichen, die nicht Verkehrszeichen sind, soll auf einer Trägervorrichtung für Verkehrszeichen keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kundmachung einer Verordnung haben - Das Gefahrenzeichen "Baustelle" soll nicht nur auf das Vorhandensein einer Baustelle an sich hinweisen, sondern auch auf alle Gefahren, die üblicherweise mit einer Baustelle auf der Straße verbunden sind- Einführung von zwei neuen Verkehrszeichen, nämlich "Reitverbot" und "Verbot für Fußgänger"- Die Verwendung von Zusatztafeln in Verbindung mit Verkehrslichtsignalanlagen wird zulässig- Es soll zumindest bei denjenigen Überholverboten, wo das Überholen von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen erlaubt ist, auch das Überholen von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen erlaubt sein- Bisher bestand für Fußgänger nur außerhalb des Ortsgebietes die grundsätzliche Verpflichtung, bei Fehlen eines Gehsteiges auf dem linken Fahrbahnrand zu gehen. Allerdings gibt es durchaus auch Ortsgebiete, in denen kein Gehsteig vorhanden ist. Aus Gründen der Verkehrssicherheit sollen nunmehr Fußgänger auch in solchen Fällen grundsätzlich den linken Fahrbahnrand benützen müssen, damit können entgegenkommende Fahrzeuge besser erkannt werden- Das Befahren von Fußgängerzonen wird, um in der Zone gelegene Stellplätze oder Garagen zu erreichen, ex lege erlaubt - Während grundsätzlich für die Vollziehung der StVO die Länder zuständig sind, obliegt die Vollziehung im Bereich der Bundespolizeidirektionen diesen, obwohl es sich dabei um Bundesbehörden handelt. Aus diesem Grund ist auch das Instrument der sog. "paktierten Gesetzgebung" erforderlich, das bedeutet eine Übertragung von Aufgaben aus dem Bereich der Landesvollziehung auf die Bundespolizeidirektionen durch Erlassung übereinstimmender Gesetze des Bundes und des jeweiligen Landes. Für den Bereich des Bundes findet sich diese Gesetzgebung im § 95 Abs. 1a bis 1c StVO- Da die Anwendung des § 21 Abs. 1 bis 1b VStG nicht ausgeschlossen wird, bleibt es der Strafbehörde unbenommen, unter sorgfältiger Prüfung der Fakten über ein Absehen von der Strafe zu entscheiden- Als Übergangsfrist für die Anbringung der der Novelle entsprechenden Verkehrszeichen wird ein Zeitraum von 10 Jahren bestimmt

Die Begutachtungsfrist endet am 12. November 2004.